Die Fassaden sind saniert, doch das Klischee, dass in Marzahn vor allem Hartz-IV-Empfänger, Langzeitarbeitslose, sozial Benachteiligte, Migranten, Haltlose und Einsame leben, besteht weiter. Christiane Tramitz, promovierte Verhaltensforscherin, hat einige Monate in Marzahn-Hellersdorf gelebt, viele Gespräche mit Nachbarn im Kiez geführt und ihre Geschichten aufgeschrieben. Ihre Motivation: Anhand von Einzelschicksalen Vorurteile abzubauen und reale Perspektiven aufzuzeigen.
Ihre Reportage ist mehr Roman als Dokumentation, Fiktion und Realität mischen sich. Da sind die Ordensschwestern Angelika Kollacks und Michaela Bank, die in ihrer „Lebensberatungsstelle“ in einem Marzahner Plattenbau Bewohnern Hilfe anbieten – direkt und nebenan. Marie findet bei ihnen Trost und Hoffnung, Fabian Krüger, ihr geschiedener Mann, ein Wendeverlierer, engagiert sich für Joanna und Nela, zwei kleine Mädchen, die von ihren Eltern vernachlässigt werden. Die Botschaft des gleichermaßen verstörenden wie berührenden Buches: Mit Offenheit, Neugier, Mitgefühl und Liebe lassen sich Wunden bei Mitmenschen, die am Rande der Gesellschaft leben, heilen.
rb
23.10.2019