Eine aktuelle Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes belegt: Jeder dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund machte in den vergangenen zehn Jahren bei der Wohnungssuche Erfahrungen mit Diskriminierung.
Die Antidiskriminierungsstelle hat seit ihrer Gründung vor vier Jahren rund 1400 Hinweise zu Fällen von Diskriminierung bei der Wohnungsvergabe erhalten. Eine aktuelle repräsentative Umfrage bestätigt: Der Wohnungsmarkt ist der Bereich, in dem die meisten Befragten Probleme mit rassistisch bedingter Diskriminierung vermuten. Auffallend: 29 Prozent der Befragten äußerten große oder sehr große Bedenken, wenn in die Nachbarwohnung oder in das Nachbarhaus Menschen mit Migrationshintergrund einziehen würden.
In einem Gutachten verweisen die Bonner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Gregor Thüsing und Dr. Sabine Vianden auf rechtliche Schlupflöcher, die die Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) noch immer behindern. So dürfen beispielsweise Wohnungsbaugesellschaften Wohnungssuchende „im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ nach wie vor unterschiedlich behandeln. Das AGG gilt grundsätzlich nicht, wenn ein besonderes „Nähe- oder Vertrauensverhältnis“ eingegangen wird, etwa wenn Mieter und Vermieter Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen.
Bernhard Franke, kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, fordert, dass die Ausnahmeregelungen umgehend aufgehoben werden. Die Menschenrechte gelten schließlich auch für Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund – ohne jede Einschränkung.
Rainer Bratfisch
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/
29.02.2020