Leitsatz:
Zur Vereinbarkeit der Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz bei der Verfolgung von Ansprüchen aus der „Mietpreisbremse“.
BGH vom 27.11.2019 – VIII ZR 285/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 99 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Klägerin („Lexfox GmbH“) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Berlin, die beim Kammergericht Berlin als Rechtsdienstleisterin für Inkassodienstleistungen registriert ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG). Auf der von ihr betriebenen Internetseite www.wenigermiete.de stellt sie einen für Besucher kostenlos nutzbaren „Online-Rechner“ („Mietpreisrechner“) zur Verfügung. Sie wirbt unter anderem damit, Rechte von Wohnraummietern aus der Mietpreisbremse „ohne Kostenrisiko“ durchzusetzen; eine Vergütung in Höhe eines Drittels „der ersparten Jahresmiete“ verlange sie nur im Falle des Erfolges. Falls es vor Gericht gehen sollte, übernehme das Unternehmen die Prozesskosten.
Im vorliegenden Fall beauftragte ein Wohnungsmieter aus Berlin die Klägerin mit der Geltendmachung und Durchsetzung seiner Forderungen und etwaiger Feststellungsbegehren im Zusammenhang mit der „Mietpreisbremse“ (§ 556 d BGB) und trat seine diesbezüglichen Forderungen an die Klägerin ab. Anschließend mach-
te die Klägerin – nach vorherigem Auskunftsverlangen und Rüge gemäß § 556 g Abs. 2 BGB – gegen die beklagte Wohnungsgesellschaft Ansprüche auf Rückzahlung überhöhter Miete sowie auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten geltend.
Ob dieses Angebot eine zulässige Inkassodienstleistung oder eine unzulässige Rechtsdienstleistung darstellt, war bisher umstritten. In mehreren Verfahren hatten verschiedene Kammern des Berliner Landgerichts unterschiedlich geurteilt und waren zu gegenteiligen Ergebnissen gelangt. Nun hat in letzter Instanz der BGH entschieden, dass die hier zu beurteilende Tätigkeit der als Inkassodienstleisterin nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG registrierten Klägerin (noch) von der Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG – nämlich Forderungen einzuziehen – zu erbringen. Dies folge in erster Linie bereits aus dem eher weiten Verständnis des Begriffs der Inkassodienstleistung, von dem der Gesetzgeber im Rahmen des Rechtsdienstleistungsgesetzes in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgegangen sei.
Danach sei es von der Inkassodienstleistungsbefugnis eines registrierten Inkassodienstleisters (noch) gedeckt, wenn dieser auf seiner Internetseite einen „Mietpreisrechner“ zur zunächst unentgeltlichen Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Verfügung stelle. Es sei weiterhin nicht zu beanstanden, wenn er dem Mieter die Möglichkeit gebe, ihn durch Anklicken eines Buttons mit der außergerichtlichen Durchsetzung von näher bezeichneten Forderungen und etwaigen Feststellungsbegehren gegen den Vermieter im Zusammenhang mit der „Mietpreisbremse“ zu beauftragen. Auch sei es erlaubt, dafür ein Erfolgshonorar in Höhe eines Drittels der jährlichen Mietersparnis (vier Monate) sowie eine Freihaltung des Mieters von sämtlichen Kosten zu vereinbaren. Und letztlich dürften die genannten Ansprüche zum Zweck der Durchsetzung treuhänderisch an den Inkassodienstleister abgetreten werden, der im Falle einer Erfolglosigkeit der eigenen außergerichtlichen Rechtsdienstleistungstätigkeit einen Vertragsanwalt mit der anwaltlichen und gegebenenfalls auch gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche beauftragen könne, zum Abschluss eines Vergleichs jedoch grundsätzlich nur mit Zustimmung des Mieters befugt sei.
Da damit auch die in diesem Rahmen erfolgte treuhänderische Abtretung der genannten Forderungen des Mieters noch nicht gegen ein gesetzliches Verbot (§ 3 RDG) verstieße und demzufolge nicht gemäß § 134 BGB nichtig sei, sei der Inkassodienstleister im gerichtlichen Verfahren aktivlegitimiert, diese Ansprüche im Wege der Klage gegen den Vermieter geltend zu machen.
26.03.2020