Leitsatz:
Ein Mieterhöhungsverlangen, das zur Begründung auf entsprechende Entgelte mindestens dreier vergleichbarer Wohnungen Bezug nimmt (§ 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB), ist nicht allein deshalb formell unwirksam, weil es sich bei den Vergleichswohnungen um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt.
BGH vom 18.12.2019 – VIII ZR 236/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Februar 2016 forderte die Vermieterin die Mieterin auf, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens bezog sich die Vermieterin auf fünf Vergleichswohnungen. Sämtliche Vergleichswohnungen waren öffentlich gefördert und unterlagen einer Preisbindung.
Die Mieterin stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Sie hielt das Mieterhöhungsverlangen für formell unwirksam, weil nur preisfreie Wohnungen als Vergleichswohnungen dienen könnten. Das Landgericht Lübeck folgte dieser Ansicht.
Der BGH sah das anders und entschied so wie aus dem Leitsatz ersichtlich.
Gemäß § 558 a Abs. 1 BGB sei ein Mieterhöhungsverlangen in Textform zu erklären und zu begründen, wobei gemäß § 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB zur Begründung auch auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen Bezug genommen werden könne; hierbei genüge die Benennung von drei Wohnungen.
Die Begründung des Erhöhungsverlangens solle dem Mieter die Möglichkeit geben, dessen sachliche Berechtigung zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Hierfür sei es erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gebe, um während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden zu können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimme oder nicht.
Dabei dürften an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Artikel 14 Abs. 1 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Allerdings müsse das Erhöhungsverlangen – in formeller Hinsicht – Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleite, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötige, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können.
Die vorgenannten Anforderungen an das Mieterhöhungsverlangen habe das Berufungsgericht überspannt, indem es angenommen habe, ein Vermieter könne als Vergleichswohnungen im Sinne des § 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB stets nur preisfreien Wohnraum heranziehen. Bereits der Wortlaut der vorgenannten Vorschrift sehe eine solche Einschränkung nicht vor. Sie ergebe sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses.
Zwar sei bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB solcher Wohnraum ausgenommen, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Hierauf abstellend werde die Auffassung vertreten, dass die Benennung von Wohnungen aus dem preisgebundenen Wohnungsmarkt generell nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nach § 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB geeignet sei, weil eine Erhöhung gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sei, an deren Bildung preisgebundene Wohnungen gemäß § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht teilnähmen.
Diese Ansicht verkenne jedoch, dass die Angabe von Vergleichswohnungen im Mieterhöhungsverlangen nicht dazu diene, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie solle vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und gegebenenfalls mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen.
Dem Mieter sei es hiernach nicht nur zumutbar, aufgrund der im Erhöhungsverlangen mitgeteilten Tatsachen weitere Informationen einzuholen; das Erhöhungsverlangen diene vielmehr gerade dazu, ihn hierzu zu befähigen. Denn anhand der Benennung der Wohnungen werde der Mieter nicht nur in die Lage versetzt, weitere Nachforschungen über die in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB benannten Wohnmerkmale der Vergleichswohnungen, sondern auch über die gezahlte Miete anzustellen. So bestehe die Möglichkeit, zu ermitteln, ob es sich bei der Miete um eine Nettokaltmiete, eine Pauschalmiete, eine Teilpauschalmiete oder – wie vorliegend – um eine preisgebundene Miete handelt und wie die Mietbindung im Einzelfall ausgestaltet sei.
Der Umstand, dass der Mieter allein anhand des Erhöhungsverlangens die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht abschließend mittels der Vergleichswohnungen überprüfen könne, stehe der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht entgegen.
Zum einen diene die Begründung des Erhöhungsverlangens nicht dem Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zum anderen resultierten die Schwierigkeiten nicht in erster Linie aus der Benennung preisgebundener Wohnungen, sondern ergäben sich daraus, dass der Angabe von entsprechenden Entgelten lediglich dreier vergleichbarer Wohnungen mangels valider Datengrundlage ohnehin ein begrenzter Erkenntniswert bezüglich der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zukomme.
26.03.2020