ACHTUNG:
Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – mit rechtlichen Folgen für Mieterinnen und Mieter.Was Mieterinnen und Mieter jetzt wissen müssen
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
Die hier folgenden Hinweise zur Nutzung des Mietendeckels sind damit überwiegend hinfällig.
Pressemitteilung Nr. 14/20
Knapp zwei Monate nach Inkrafttreten zieht der Berliner Mieterverein eine erste Bilanz zum Mietendeckel, auch weil Vermieter verpflichtet sind, den Mieterinnen und Mietern bis zum 23.4.2020 Auskunft zu erteilen über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände. Mit dieser Information kann dann gegebenenfalls ab dem 23. November 2020 die Miete gesenkt werden.
„Die Bilanz fällt bisher zwiespältig aus“, so Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Das Gesetz ist ein riesiger mietenpolitischer Fortschritt, um die Exzesse des angespannten Wohnungsmarktes auszuschließen. Das Einfrieren der Miete und das Zurücksetzen letzter Mieterhöhungen auf die Stichtagsmiete werde durchaus von zahlreichen Vermietern eingehalten. Allerdings zeigt sich auch, dass eine erhebliche Anzahl von Vermietern den Mietendeckel umgehen oder sich mit Vereinbarungen unterschiedlichster Art die Mietzahlungsansprüche für den Fall der Verfassungswidrigkeit sichern will.“
Umgehungsversuche bestehen zum Beispiel darin, neue Wohnmietverhältnisse mit Gewerbeverträgen zu versehen, Nutzungsverträge anzubieten für die angeblich der Deckel nicht greife oder die Einzahlung der den Mietendeckel überschreitenden Miete auf ein Treuhandkonto des Vermieters zu verlangen. Bei neuen Verträgen wird vielfach auch eine sogenannte „Schattenmiete“ verlangt. Während der Laufzeit des Mietendeckels wird nur die Mietendeckelmiete verlangt, parallel werden Mieternnen und Mieter aber zu einer höheren Miete jenseits des Mietendeckels vertraglich verpflichtet.
Wie nach den massiven Angriffen der Wohnungswirtschaft auf den Mietendeckel zu erwarten war, ist auch die Rechtsprechung zum Mietendeckel unterschiedlich. „Allerdings sind wir erfreut, dass in der großen Mehrheit der dem Mieterverein bekannten bisherigen 31 Entscheidungen und Hinweisen der Amtsgerichte keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit gehegt werden“, so Wild. Lediglich drei Amtsgerichtsabteilungen sehen das anders. Zivilrechtliche Ansprüche auf Zustimmung zu Mieterhöhungen über die Mietendeckelmiete hinaus werden bislang wegen des gesetzlichen Verbots des Mietendeckels ebenfalls überwiegend verneint. „Was die Rechtsprechung anbelangt, sind wir im Hinblick auf Rechtssicherheit des Mietendeckels optimistisch“, erklärte Wild.
Die zahlreichen Umgehungsversuche der Vermieter, die Komplexität der gesetzlichen Regeln und das Ringen und Zerren um das Mietendeckelgesetz in der Entstehung haben den Berliner Mieterverein veranlasst, eine groß angelegte Aufklärungs-Kampagne an den Start zu bringen.
„Heute startet der BMV eine separate Kampagnen-Webseite, deren Herzstück ein Mietendeckelrechner ist“, so Franziska Schulte, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Berliner Mieterverein. „Mieter und Mieterinnen können hier in den unterschiedlichen Fallkonstellationen, ihre Mietobergrenzen nach Mietendeckel ermitteln. Diese Fallkonstellationen ergeben sich zum Beispiel aus der Wiedervermietung von Wohnungen, Mieterhöhungen nach Modernisierungen sowie der Absenkung der Mieten ab 23.11.2020.“ Der Mietendeckelrechner gibt zudem Empfehlungen, wie Mieterinnen und Mieter ihre Rechte wahrnehmen können. Auf der neuen Kampagnen-Webseite werden zahlreiche rechtliche und politische Fragen rund um das Gesetz beantwortet.
„Der Mietendeckel ist nur so gut, wie er auch genutzt wird. Voraussetzung dafür ist, dass möglichst vielen Menschen das Gesetz geläufig und verständlich ist“, so Reiner Wild.
„In Zusammenarbeit mit den aktiven Mieterinnen und Mietern inner- und außerhalb von Initiativen und Organisationen wollen wir vermitteln, dass der Mietendeckel eine Verschnaufpause von den Mietexzessen der letzten Jahre bedeutet und zugleich eine Chance bietet, die Wohnungspolitik in Berlin während der Laufzeit von fünf Jahren auf einen anderen, sozialen Kurs zu bringen“, sagt Franziska Schulte. „Wir haben noch viel zu tun, wenn wir hin zu einem gemeinwohlorientierten Wohnungswesen kommen wollen, das allen Menschen ihr Grundrecht auf menschenwürdiges Wohnen garantiert.“
23.09.2021