Leitsatz:
Bei einer Mietermehrheit genügt es den Anforderungen des § 556 g Abs. 2 BGB aF, wenn die Rüge (nur) von einem Mieter erhoben wird. Es handelt sich hierbei nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine geschäftsähnliche Handlung.
BGH vom 27.5.2020 – VIII ZR 45/19 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 64 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Nach der in § 556 g Abs. 2 BGB – für Mietvertragsabschlüsse bis zum 31.3.2020 – getroffenen Regelung kann der Mieter von dem Vermieter eine nach den §§ 556 d und 556 e BGB nicht geschuldete Miete nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen die Vorschriften der „Mietpreisbremse“ gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach dem Zugang der Rüge fällig geworden ist. Hierbei ist es unschädlich, wenn die Rüge nur von einem Mieter bei einer Mietermehrheit erhoben wird, weil eine Rüge auch dann wirksam ist, wenn sie nicht von allen Mietern oder für alle Mieter vorgebracht worden ist. Denn – wie der BGH entschieden hat – handelt es sich hierbei nicht um eine – von allen Mietern abzugebende – Willenserklärung, sondern lediglich um eine geschäftsähnliche Handlung, die im Falle einer Mietermehrheit auch von einem Mieter allein geltend gemacht werden kann.
Auch aus ihrer Rechtsnatur als geschäftsähnliche Handlung – so der BGH – folge nicht, dass die Rüge von sämtlichen Mietern ausgesprochen werden müsse. Denn nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Regelungszweck solle die Erhebung einer (qualifizierten) Rüge dazu dienen, den Vermieter darüber in Kenntnis zu setzen, aus welchen Gründen, in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt eine Rückerstattung verlangt werde. Diesen Anforderungen genüge aber auch eine Rüge, die nur im Namen eines Mieters ausgesprochen werde.
Aus dem Umstand, dass Rückforderungsansprüche nach § 556 g Abs. 1 Satz 3 BGB im Falle einer Mietermehrheit sämtlichen Mietern als Mitgläubiger im Sinne des § 432 BGB zustünden, folge nichts anderes. Denn nach der Vorschrift des § 432 Abs. 2 BGB wirkten lediglich solche Tatsachen, die nur in der Person eines Gläubigers eintreten, nicht für die weiteren Gläubiger. Um eine solche Tatsache mit Einzelwirkung handele es sich aber nicht, wenn nur einer von mehreren Mietern die Rüge nach § 556 g Abs. 2 BGB erhebe. Denn der Vermieter werde damit in einer dem Regelungszweck gerecht werdenden Weise darüber unterrichtet, weshalb und in welchem Umfang er sich einer Rückforderung – die auch von einem Mieter allein mit der Maßgabe, dass Zahlung an sämtliche Mieter gemeinsam zu erfolgen habe, verlangt werden könne – ausgesetzt sehe.
27.07.2020