Leitsätze:
1. Der Vermieter hat gegen den Mieter keinen Anspruch auf Übersendung des Untermietvertrages.
2. Der Vermieter kann eine Untermietgenehmigung nicht ohne Weiteres mit den Argumenten verweigern, dass die Anwesenheit des Untermieters die Sanierung behindere und ihn Ansprüchen des Untermieters aussetze.
3. Dass sich die Wohnkosten der Mieter erhöht haben, weil einer von ihnen ausgezogen und eine neue Wohnung gemietet hat, steht einem berechtigten Interesse an einer Untermietgenehmigung nicht entgegen, weil dies in den vom Vermieter nicht zu bewertenden Bereich der persönlichen Lebensgestaltung fällt.
4. Der endgültige Auszug nur eines von mehreren Mietern steht einer Untermietgenehmigung nicht entgegen (Abgrenzung zu LG Berlin, Urteil vom 8.2.2017 – 65 S 433/16 –, WuM 17, 263).
5. Für ein berechtigtes Interesse an einer Untermietgenehmigung wegen erhöhter Wohnkosten reicht es aus, dass sich durch den Auszug eines von mehreren Mietern zumindest die Kosten eines der Mieter erhöht haben.
LG Berlin vom 12.2.2018 und vom 22.2.2019 – 66 S 274/17 –
Mitgeteilt von RA Dr. Dilip David Maitra
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Zu der unter Leitsatz Nr. 4 angesprochenen Problematik argumentiert das Landgericht wie folgt:
… Wiederholt hatte auch bereits das Landgericht Berlin Gelegenheit, sich mit der Frage zu befassen, ob ein Anspruch auf Erteilung einer Untermieterlaubnis jedenfalls dann nicht mehr besteht, wenn der Hauptmieter seinen tatsächlichen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt an anderer Stelle begründet hat und ein konkreter Rückkehrwille nicht ersichtlich ist. So hat etwa die Zivilkammer 65 in ihrem Urteil vom 8.2.2017 – 65 S 433/16 – WuM 2017, 263 entschieden, dass angesichts der bestehenden Wohnungsknappheit und der Tatsache, dass der Untermieter Mieterschutzrechte gegenüber dem Untervermieter nur eingeschränkt geltend machen kann, der Wunsch, sich die Wohnung dauerhaft als „Rückzugsort“ oder für den Fall des Scheiterns der Partnerschaft vorzubehalten, nicht ausreiche. Dem dürfte im Grundsatz zu folgen sein.
… Treten auf Vermieter- und/oder Mieterseite – wie hier – aber Personenmehrheiten auf, sind diese hinsichtlich der sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten regelmäßig Gesamtgläubiger beziehungsweise Gesamtschuldner. ln einem solchen Fall muss auf die Gesamtheit der Mieter abgestellt werden. Nur wenn sämtliche Mieter den Nutzungswillen hinsichtlich der von ihnen als Hauptmieter innegehaltenen Wohnung zeitweise oder dauerhaft aufgegeben haben, ist der eingangs dargestellte Gesetzeszweck nicht mehr erreichbar. So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht. Unstreitig ist die Klägerin zu 1) mit dem gemeinsamen Sohn in der Wohnung verblieben und will dies auch weiterhin tun. ln diesem Falle kann aber von einem vollständigen Aufgeben des Nutzungswillens an der streitgegenständlichen Wohnung durch „die Mieter“ nicht die Rede sein. Anders läge es, wenn der Auszug eines Mieters von den Parteien zum Anlass genommen worden wäre, diesen durch dreiseitige Vereinbarung aus dem Mietverhältnis zu entlassen. ln diesem Fall kann es naturgemäß auf die Person des aus dem Mietverhältnis ausgeschiedenen Mieters nicht mehr ankommen. Der Kläger zu 2) ist jedoch nach wie vor Hauptmieter der streitgegenständlichen Wohnung, schuldet im Außenverhältnis die vertraglich vereinbarte Miete und muss daher auch einen (wirksamen) Untermietvertrag gemeinsam mit der Klägerin zu 1) abschließen. Dies rechtfertigt auch sein berechtigtes Interesse an der begehrten Untermieterlaubnis.
Urteilstext
Gründe
…
II) Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das Amtsgericht hat die Beklagte mit zutreffender Begründung zur Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung eines·Teils der streitgegenständlichen Wohnung an Herrn D. verurteilt und die Widerklage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufung der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Wie·das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung überzeugend und in nicht zu beanstandender Weise ausführt, haben die Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung eines Zimmers und der Mitbenutzung von Bad, Küche und Flur der von den Klägerin innegehaltenen 4-Zimmer-Wohnung im 3. 0bergeschoss rechts des Vorderhauses des Anwesens E.- xx in 1xxxx Berlin. Der Anspruch ergibt sich aus § 553 Abs.1 Satz 1 8GB. Nach dieser Vorschrift kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung eines Teils der Wohnung an einen Dritten verlangen, wenn für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse an der teilweisen Untervermietung entsteht.
Das ist gegenständlich der Fall. An die Annahme eines berechtigten Interesses sind keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn dem Mieter vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen. Dabei ist jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht als berechtigt anzusehen, das mit der·geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage, § 553.Rn. 4; beck-online). Es kann sich um ein wirtschaftliches aber auch um ein persönliches Interesse handeln (BGH, Beschluss vom 3. Oktober 1984 – VIII ARZ 2/84; beck-online).
Ein solches wirtschaftliches Interesse liegt vor, denn die Kläger wollen durch die zusätzlichen Einnahmen aus der Untervermietung insgesamt ihre nunmehr erhöhten Wohnkosten verringern. Dies stellt ein berechtigtes Interesse dar (BGH, Urteil vom 11.6.2014 – VIII ZR 349/13; beck-online). Dass sich die Wohnkosten gerade dadurch erhöht haben, dass der Kläger zu 2) aus der Wohnung ausgezogen ist und eine weitere Wohnung angernietet hat, spielt dabei keine Rolle und fällt in den vom Vermieter nicht zu bewertenden Bereich der persönlichen Lebensgestaltung. Entscheidend ist nur, dass sich die Wohnkosten für die Kläger als Mieter insgesamt erhöht haben, was unstreitig der Fall ist.
Ebenso zählt zu den berechtigten Interessen in diesem Sinn grundsätzlich auch die Entscheidung des Mieters, sein Privatleben innerhalb der eigenen Wände nach seinen Vorstellungen zu gestalten, indem er eine weitere Person – nämlich Herrn D. – bei sich aufnimmt, um mit dieser eine auf Dauer angelegte Wohngemeinschaft zu bilden (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 4/05; beck-online). Auch diese Entscheidung ist vom Vermieter nicht zu bewerten, sondern unterliegt der persönlichen Lebensgestaltung des Mieters. Jedenfalls stellt der Wunsch nach einem Zusammenleben mit Herrn D. ein zusätzliches berechtigtes Interesse der Kläger dar, damit die Klägerin zu 1) als Erwachsene nicht mit ihrem Sohn allein die große Wohnung bewohnen muss und um ihrem Sicherheitsempfinden·zu genügen, weil sie sich in der einzig noch bewohnten Wohnung des gesamten Hauses aufgrund gerichtsbekannt zahlreicher Wohnungseinbrüche in Berlin mit einem Mitbewohner sicherer fühlt.
Die Überlassung eines Teils der Wohnung ist für die Beklagte entgegen ihrer Ansicht auch nicht unzumutbar im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sofern sie dazu ausführt, dass die Aufnahme eines Untermieters und damit die Anwesenheit einer weiteren Person in der Wohnung aufgrund eines Untermietverhältnisses die Durchführung der Sanierungsarbeiten behindere oder sie möglicher Ansprüche des Untermieters ausgesetzt sei, vermag das nicht zu überzeugen. Denn zum einen sind nach dem Vortrag der Beklagten selbst die Arbeiten in der streitgegenständlichen Wohnung bereits abgeschlossen, sodass sich Herr D. diesen nicht mehr widersetzen könnte. Im Übrigen ist zu·berücksichtigen, dass sich Herr D. bereits in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum während der Sanierungsarbeiten mit Erlaubnis der Beklagten in der streitgegenständlichen Wohnung aufgehalten hat, ohne die Arbeiten zu behindern. Und schließlich ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Beklagte Ansprüchen Herrn D´s. als Untermieter ausgesetzt sein könnte. Einzig einem Räumungsanspruch der Beklagten könnte er sich widersetzen, aber ein solcher ist derzeit aus keinem rechtlichen Grund zu erwarten oder ersichtlich.
Die Erteilung·der Untervermietungserlaubnis durfte von der Beklagten auch nicht von der Übersendung des Untermietvertrages abhängig gemacht werden. Zwar kann der Vermieter im Einzelfall die Erteilung der Untervermietungserlaubnis gemäß § 553 Abs. 2 BGB nur bei einer angemessenen Erhöhung der Miete zuzumuten sein. Dies hat die Beklagte selbst aber gar nicht vorgetragen und auch nicht geltend gemacht. Sie hat die·Erteilung der Erlaubnis auch nicht von der Zahlung eines Zuschlages abhängig gemacht, sondern bislang unberechtigter Weise allein von der Übersendung des Untermietvertrages.
2. Mit zutreffenden Ausführungen hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung auch den von der Beklagten begehrten Räumungs- und Herausgabeanspruch abgewiesen. Denn es liegt kein zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigender Kündigungsgrund vor.
Soweit die Beklagte eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung an Herrn D. im Februar 2017 behauptet, ist dieser Vortrag von den Klägern bestritten worden. Die daraufhin darlegungs- und beweisbelastete Beklagte ist auf dieses Bestreiten für die von ihr behauptete Tatsache·der Gebrauchsüberlassung aber beweisfällig geblieben. Allein die (unbestrittene) Tatsache, dass sich am 24. Februar 2017 am Briefkasten der Kläger ein zusätzliches Schild befand, das den Namen des Herrn D. trug, ist nicht geeignet, das Gericht zu der Überzeugung zu bringen, dass Herr D. zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich in der Wohnung gewohnt hat. Dazu bedürfte es eines Grades der Überzeugung, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. st. .Rspr.: BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, in: NJW 1970, 946; Urt. v. 28.01.2003 – VI ZR 139/02; Urt. v. 03.06.2008 – VI ZR 235/07, in: NJW-RR 2008, 1380; jew. zit. nach juris, jew. m. w. N.). Dies ist aufgrund allein des Auffindens des Namensschildes am Briefkasten nicht der Fall. Denn es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich Herr D. am 24. Februar 2017 nicht erstmals in der Wohnung aufgehalten hätte. Vielmehr wohnte er dort mit Zustimmung der Beklagten bereits im gesamten Jahr 2016. Ob das Schild aus dieser Zeit am Briefkasten verblieben ist oder sich Herr D., weil er und die Kläger eine erneute Untervermietung anstrebten, die Postadresse bei den Klägern zunächst erhalten wollte, kann offen bleiben. Jedenfalls ist die Tatsache des Auffindens des Namensschildes nicht geeignet zum Beweis des tatsächlichen Aufenthalts Herrn D.´s in der streitgegenständlichen Wohnung.
Auch das von der Beklagten beanstandete Abschließen der Hauseingangstür durch die Kläger stellt keinen zur Kündigung berechtigenden Grund dar, denn selbst wenn dieses Verhalten als eine Pflichtverletzung zu beanstanden wäre, hätte vor Ausspruch der Kündigung zumindest eine Abmahnung ausgesprochen werden müssen. Das Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2016 stellt eine solche Abmahnung zur Überzeugung des Gerichts nicht dar, vielmehr eine sehr freundlich formulierte Bitte. Es fehlt dem Schreiben aber an der notwendigen Warnfunktion im Hinblick auf eine drohende Kündigung im Falle der Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens. Ferner fehlt es an einem unmissverständlichen Hinweis, dass die Beklagte nicht mehr bereit ist, dieses Abschließen der Tür hinzunehmen. Beides wäre aber für die einer Kündigung vorausgehende Abmahnung notwendig (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 – VIII ZR 3/11; Blank in Schmidt Futterer, Mietrecht, 13. Auflage, § 543 Rn. 62; beck-online).
III) Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die fehlende Erfolgsaussicht offensichtlich ist. Insbesondere waren in der Berufung keine neuen Aspekte zu berücksichtigen. Für das Berufungsgericht haben sich keine schwierigen Rechtsfragen ergeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt nicht vor. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
IV) Die Kammer beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug gemäß § 5 ZPO auf insgesamt 30.600,00 € festzusetzen.
Der Streitwert für die Klage auf Erteilung einer Untermieterlaubnis ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu erwartenden Untermiete festzusetzen (KG, Beschluss vom 25.10.2016 – 8 W 48/16; beck-online), vorliegend also auf (42 x 500,00 € =) 21.000,00 €.
Der Streitwert bezüglich der widerklagend begehrten Räumung ist gemäß den §§ 47 Abs.1, 41 Abs. 2 und Abs. 1 GKG auf (12 x 800,00 € Nettokaltmiete =) 9.600,00 € festzusetzen.
V) Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung binnen zwei Wochen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Gerichtsgebühren bei Rücknahme der Berufung ermäßigen (Nr. 1222 KV).
24.08.2020