Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag ist besonders engagiert bei Zukauf und Neubau. Mit der Bewirtschaftung des Bestands scheint sie mitunter überfordert zu sein. Dieser Eindruck drängt sich in einem Weddinger Wohnhaus des Unternehmens auf.
Das Haus Exerzierstraße 9 macht einen vernachlässigten Eindruck, jedenfalls wenn man um die kürzlich sanierte vorderseitige Fassade herum in den Hof geht. Das Treppenhaus ist offenbar seit Jahrzehnten nicht malermäßig instandgesetzt worden, der zerschlissene PVC-Bodenbelag wölbt sich und ist eine Stolperfalle. Der Fahrstuhl fällt immer mal wieder aus, und im Erdgeschoss befindet sich ein Pornokino mit angeschlossenem Bordell. Kurios sind die Aluminiumwasserrohre, die kürzlich im Treppenhaus auf Putz verlegt worden sind.
Zeki G. wohnt mit seiner Familie seit 40 Jahren im Haus und wünscht sich einfach nur, dass Schäden zeitnah und sorgfältig behoben werden: „Mich ärgert, dass die Gewobag alles jahrelang verzögert.“ Zwar würden Firmen geschickt, aber die würden stets nur sagen: „Wir leiten es weiter“ – passieren würde dann nichts. Angesichts der vielen Mängel in seiner Wohnung ist die Geduld des Mieters nun zu Ende und er hat eine Klage auf Instandsetzung eingereicht.
Ein Zimmer seiner Wohnung ist seit 2017 nicht mehr nutzbar. Nach tagelangem Starkregen stand der Erker unter Wasser, weil das Wasser vom Balkon obendrüber nicht abfließen konnte und zu ihm durchsickerte. Dazu kommen Risse in Wänden und Decken. Im Bad haben die Monteure vor Monaten auf der Suche nach der Ursache für einen Rohrbruch zwei faustgroße Löcher in der Wand hinterlassen.
Von Flickschusterei und nicht fachgerecht durchgeführten Arbeiten spricht Zeki G. „Dass ein städtisches Wohnungsunternehmen Haus und Wohnung derart verwahrlosen lässt, ist peinlich“, sagt Rechtsanwalt Sebastian Bartels, der die Familie vertritt. Dass seine Mandanten, wie von der Gewobag in einer Stellungnahme an das MieterMagazin behauptet, die Begehung durch eine beauftragte Firma verweigert hätten, sei falsch. Vielmehr hätten sie auf einer fachgerechten Schimmelbeseitigung bestanden, die Malerfirma wollte einfach nur drüberstreichen.
Die Gewobag, der das Haus seit 2013 gehört, betont, dass der Hausflur in einem verkehrssicheren Zustand sei. Reparaturen würden zeitnah erledigt, und das „Lichtspielhaus“, wie Unternehmenssprecherin das Pornokino nennt, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zum konkreten Fall der Familie G. will man sich wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern.
Birgit Leiß
24.04.2021