„Der aktuell massive Preisanstieg bei den fossilen Energieträgern Öl und Gas wird das Heizen in diesem Winter massiv verteuern. Hinzu kommt zum 1.1.22 die zweite Stufe der CO2-Bepreisung“, erklärte Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild. Dann wird der Aufschlag um 20 % steigen und circa 9,5 Cent pro Liter Heizöl bzw. 0,72 Cent pro Kilowattstunde Gas ausmachen. Das wird zu deutlichen Heizkosten-Nachzahlungen im nächsten Jahr führen und Mieterinnen und Mieter mit niedrigem Einkommen erheblich belasten. Die Energiearmut wird steigen. Laut Mikrozensus 2018 werden in Berlin 203.200 vermietete Wohnungen mit Öl beheizt, 492.000 vermietete Wohnungen mit Gas, Beheizung mit erneuerbaren Energien ist Mangelware.
„Als einen ersten Schritt verlangen wir das sofortige Ende der Abwälzbarkeit der CO2-Bepreisung auf die Mieterinnen und Mieter. Die CO2-Bepreisung für fossile Energieträger taugt in vermieteten Wohngebäuden nichts für den Klimaschutz“, so Wild, „denn die erwünschte Anreizwirkung für Vermieter in Investitionen zur Energieeinsparung verpufft, weil nach aktuell gültigem Recht Mieterinnen und Mieter für die höheren Energiepreise aufkommen müssen“. Der CO2-Preis soll zur Reduktion von CO2 beim Heizen beitragen. Doch Mieterinnen und Mieter haben keine Chance, den Wärmebedarf eines Gebäudes nachhaltig zu verringern, z.B. durch die Verringerung des Wärmeverlustes durch Dämmung, die Umstellung der Heizanlage oder gar den Einsatz erneuerbarer Energien. Dies liegt einzig in der Verantwortung des Vermieters. Der Mieterverein verweist darauf, dass Mieter schon heute im Rahmen der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung zum Energiesparen angehalten werden. Eine weitere Energieeinsparung durch Änderung des Verbrauchsverhaltens liegt höchstens im Bereich von 6 bis 10 Prozent – mit dem Risiko vermehrter Schimmelbildung und ungesunder Wohnverhältnisse. Durch Wärmedämmung und Heizanlagentausch kann aber aktuell 30 bis 40 Prozent eingespart werden. Die Hauptverantwortung für den gelingenden Klimaschutz liegt nun mal bei den Hauseigentümern. Beim CO2-Ausstoß durch Endverbraucher muss unterschieden werden. Heizen und Autofahren darf nicht gleich betrachtet werden. Etwa sieben Monate im Jahr muss geheizt werden, für die meisten privaten Autofahrten in der Stadt gibt es aber eine ökologischere Alternative. Der Berliner Mieterverein fordert daher von der neuen Bundesregierung eine sofortige Änderung der Betriebskostenverordnung, um die CO2-Bepreisung den Vermietern zu überantworten.
Die aktuelle Preisentwicklung bei den fossilen Energieträgern zeigt aber auch, dass dieses Anreizmodell seine Grenzen hat und eigentlich nur wirkt, wenn die Energiepreise niedrig sind. Bei hohen Energiepreisen ist – mit Ausnahmen des vermieten Wohnungsbestandes – eine Anreizwirkung ohnehin geben. Die Wirkung der CO2-Bepreisung ist also massiv abhängig von den Energiepreisschwankungen. Damit hat sie einen deutlichen Nachteil gegenüber ordnungsrechtlichen Instrumenten.
„Zur Vermeidung der Energiearmut braucht es ab 2022 einen sinnvoll gestaffelten Zuschuss an Mieterhaushalte bei Vorlage der Heizkostenabrechnung“ so Wild. Der Zuschuss sollte abhängig sein von den Heizkosten, der beheizten Wohnfläche und dem Haushaltseinkommen und unbürokratisch ausgezahlt werden. Wenn in der Corona-Pandemie millionenfach Masken kostenfrei vergeben werden konnten, darf diese Hilfe nicht an der Bürokratie scheitern.
02.11.2021