Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag wurde vom Gericht dazu verurteilt, den Anbau einer Rampe zu erlauben. Geklagt hatte ein rollstuhlfahrender Mieter. Doch statt das Urteil zu akzeptieren, geht das Unternehmen nun in die Berufung.
Wenn Nikola Arsic das Hochhaus in der Gitschiner Straße 66 verlassen will, ist er auf die Hilfe seines Mannes Dennis Kuhlow angewiesen. Die sechs Stufen vom Fahrstuhl bis zum Bürgersteig sind für ihn eine unüberwindbare Hürde. Seit er Ende 2020 mit seinem Partner zusammengezogen ist, bemühen sich die beiden um eine Lösung. „Wir haben zuerst einen freundlichen Brief an das Wohnungsunternehmen geschrieben“, erklärt Dennis Kuhlow. Lange Zeit sei gar keine Antwort gekommen. Dann lehnte die Gewobag die Rampe mit immer neuen Begründungen ab.
Menschen mit Behinderung haben gegenüber ihrem Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zu baulichen Maßnahmen, die der Barrierefreiheit dienen, erklärt die Rechtsanwältin der Mieter, Franziska Dams. Allerdings müssen sie die Kosten selber tragen. Das Sozialamt hat bereits seine Unterstützung signalisiert. Die Rampe würde die Gewobag also keinen Cent kosten.
Letztlich entschieden sich die Mieter, zu klagen. Vor Prozessbeginn brachte die Gewobag dann als Kompromissangebot einen elektrischen Treppenlift ins Spiel. Doch der, so sagen die Mieter, hätte gegenüber einer Rampe nur Nachteile. Insbesondere ist er sehr anfällig für Störungen und Vandalismus. Außerdem dauert die Benutzung viel länger. Das Gericht schloss sich dem voll und ganz an, zumal die Gewobag keine überzeugenden Gegenargumente vorweisen konnte. Die Rampe, so das Gericht, stelle auch keinen erheblichen Eingriff in die Bausubstanz dar.
Trotz dieses eindeutigen Urteils ist die Gewobag in die Berufung gegangen. Eine Stellungnahme an das MieterMagazin lehnt das Wohnungsunternehmen unter Hinweis auf das laufende Verfahren ab. Nur so viel: Es gehe um das Wie, nicht um das Ob des barrierefreien Zugangs, so eine Sprecherin.
„Wir sind kein Einzelfall“, sagt Dennis Kuhlow. Der Abbau von Barrieren im Wohnungsbestand müsste endlich gesetzlich geregelt werden – schließlich hat nicht jeder die Ressourcen und die Geduld, so lange zu kämpfen. „Für meinen Mann ist jeder Tag, den dieses Verfahren in die Länge gezogen wird, eine Zumutung.“ Die tägliche „Treppenakrobatik“ gefährde seine Gesundheit.
Warum die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kein Machtwort spricht, bleibt indes unklar. Man sei im Gespräch mit der Geschäftsführung der Gewobag, heißt es dort vage.
Birgit Leiß
28.06.2022