Corona-Krise, Ukraine-Krieg und ein weltweiter Bauboom: Die Baustoffregale sind leer, Festpreise gibt es kaum noch, und die Kosten steigen ins unermessliche. Das verunsichert die Bauindustrie – und verteuert den Wohnungsneubau und Bestandsmaßnahmen.
Die Liste der Materialengpässe, von denen die Bauindustrie und damit auch der Wohnungsbau betroffen ist, ist lang: Stahl und Stahllegierungen gehören dazu, gusseiserne Rohre, Zementprodukte, Aluminium und Holz, Kupfer und Erdölprodukte wie etwa Kunststoffrohre, Folien und Dichtbahnen. Probleme gab es bereits während der Corona-Pandemie. Der Krieg in der Ukraine hat die Lage noch einmal deutlich verschärft, hinzu kommt ein immer größerer Bauboom weltweit. Dies alles führt zu überstrapazierten oder gar gerissenen Lieferketten, leeren Baustoffregalen – und damit rasant steigenden Preisen.
So sieht sich das Dachdeckerhandwerk mit Preissteigerungen von durchschnittlich knapp 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr konfrontiert, allein Tonziegel verteuerten sich um 30 bis 40 Prozent. Bei dem hohen Materialkostenanteil des Gewerkes (circa 40 Prozent) belastet das sowohl die Bauunternehmen als auch die Auftraggeber. Den stärksten Preisanstieg am Bau verzeichnete bis vor kurzem jedoch Holz, das am Markt fast mit Gold aufgewogen wurde: Laut Statistischem Bundesamt war für Konstruktionsvollholz ein 83 Prozent höherer Preis als im vergangenen Jahr zu zahlen. Für Zimmerer- und Holzbauarbeiten muss in Berlin fast ein Drittel mehr ausgegeben werden. Das verteuert nicht nur die Instandhaltung oder Sanierung: Im Februar 2022 war der Neubau eines Wohngebäudes in der Hauptstadt durchschnittlich 14,5 Prozent teurer als im Jahr vorher.
Aufgrund der Mangelwirtschaft habe sich gerade am Wohnungsmarkt ein „perfekter Sturm“ zusammengebraut, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Dachverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft GdW. Das bestätigt auch eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie: 80 Prozent der Unternehmen klagen über die Lieferengpässe und 90 Prozent über Preissteigerungen. Baustofflieferanten gäben längst nur noch tagesaktuelle oder gar keine Preise mehr an. Dabei vereinbaren Bauherren und Baufirmen in ihren Verträgen in der Regel vor Baubeginn Festpreise. Um Verluste zu vermeiden, würde sich derzeit rund ein Drittel der Unternehmen nicht um neue Aufträge bewerben, erklärte der Bauindustrie-Hauptverband. Experten weisen allerdings darauf hin, dass die Preise weiter steigen könnten.
Rosemarie Mieder
28.06.2022