Nach mehr als 40 Jahren Arbeit im Berliner Mieterverein (BMV) verabschiede ich mich von Ihnen als Geschäftsführer. Das formale Renteneintrittsalter habe ich schon eine Weile überschritten. Deshalb ist nun „etwas kürzertreten“ angesagt – wie es immer so schön heißt.
Bei mehr als vier Jahrzehnten im BMV wird es nicht verwundern, dass mir dieses Engagement für Sie als Mitglieder aber auch für alle Berliner Mieter:innen fast immer sehr viel Spaß gemacht hat. Ich hoffe, Ihnen allen in der Stadt eine gewichtige Stimme gewesen zu sein. Natürlich hat mir Ihre Bereitschaft, Mitglied unseres Vereins zu werden und zu bleiben, dabei sehr geholfen. Denn mit inzwischen mehr als 180.000 Mitgliedern sind wir einer der bedeutendsten Verbände in der Stadt. Wichtig aber ist auch: Berlin war und bleibt eine Stadt der Mieter:innen. 84 Prozent der Bevölkerung wohnen zur Miete.
Unsere Erfolge der vergangenen Jahrzehnte – seien sie durch gute Mietrechtsberatung oder politische Aktivitäten erreicht – waren immer das Werk von sehr vielen Menschen. Deshalb gilt mein Dank nicht nur Ihnen für das Vertrauen, dass sie dem BMV schenken, sondern auch meinen vielen Kolleg:innen. Sie haben stets an unserem gemeinsamen Ziel mitgewirkt, die Mieter:innen zu schützen und zu stärken sowie ihnen bei der Selbstorganisation der Interessenvertretung zu helfen und den Mieterschutz auch rechtlich und politisch voranzutreiben.
Unsere engagierte Verbandspolitik ist immer bestrebt, an den Problemen vor Ort und in den Häusern anzuknüpfen und den Protest am Ende nicht nur ins Parlament, sondern auch auf die Straße zu bringen. Das war und ist nicht immer einfach. Es ist uns aber oft auch gut gelungen. Ich denke an die vielen Protestaktionen Mitte der 80er Jahre gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung und an unsere mannigfachen Proteste gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im Rahmen einer bundesweiten Initiative. Ich denke aber auch an die Einführung des Berliner Mietendeckels, der uns zwar vom Bundesverfassungsgericht wegen angeblich fehlender Kompetenz des Landes Berlin wieder aus der Hand geschlagen wurde, aber dennoch zigtausende Mieter:innen mobilisieren konnte, um für eine Senkung überhöhter Mieten einzutreten. Viele konnten am Ende doch noch erfolgreich die Mietpreisbremse ziehen.
Ich beende meine Worte mit einer Bitte an Sie: Corona, Kriegsnähe, Inflation und Energie(-preis)probleme zermürben. Aber stecken Sie bei Konflikten mit den Eigentümer:innen oder Vermieter:innen nicht den Kopf in den Sand. Sprechen Sie gegebenenfalls Ihre Nachbar:innen an, nutzen Sie unsere Beratungsangebote, schreiben Sie eine Mail. Gemeinsam lässt sich vieles besser bewältigen. In der Hoffnung, dass der Mieterverein auch in Zukunft ein starker Partner an Ihrer Seite ist, verbleibe ich mit den besten Wünschen für Sie.
Ihr Reiner Wild
26.08.2022