Die Architektenkammer Berlin kritisiert, dass die öffentliche Hand immer mehr Planungs- und Bauaufträge in großen Paketen an Generalübernehmer vergibt. Dadurch würden Bauausführungen intransparent und teuer.
Die Kritik der Architektenkammer entzündete sich im Februar an einer Ausschreibung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo, die für die nächsten vier Jahre „zwei bis drei Generalübernehmer“ sucht, die 300 bis 450 Wohnungen pro Jahr errichten sollen. Der Vorteil für den Auftraggeber: Man kann die Verantwortung für den Bau an den Generalauftragnehmer abwälzen.
Jedoch sind nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Berlins öffentliche Auftraggeber dazu verpflichtet, Leistungen in beschränkten Losen auszuschreiben, damit sich auch kleinere Planungsbüros und lokale Handwerksbetriebe bewerben können. Ausnahmen sind nur in begründeten Fällen zulässig.
Die Architektenkammer hat nun beobachtet, dass Berlin schon „gewohnheitsmäßig“ Aufträge bündelt. Sie fordert von den landeseigenen Unternehmen eine mittelstandsfreundliche Vergabepraxis, „damit Vielfalt und Baukultur in neuen wie in Bestands-Quartieren entstehen kann“, so Theresa Keilhacker, Präsidentin der Architektenkammer. Nur etwa fünf Prozent der Berliner Planungsbüros und Baufirmen sind groß genug, um gebündelte Aufträge als Generalübernehmer bewältigen zu können.
Der Einspruch der Architektenkammer blieb bisher folgenlos. „Aktuell haben wir sogar wieder ein Verfahren, welches nahezu identisch wie das im Februar behandelt wird“, berichtet Michael Mackenrodt von der Architektenkammer Berlin.
Wenn nur wenige Firmen in Frage kommen, besteht die Gefahr, dass diese die Preise diktieren können. Der Bauherr hat bei einem Generalauftragnehmer auch keinen Einfluss auf die Auswahl der Subunternehmen und wie diese die Arbeiten ausführen. Es besteht bei diesem Modell nach Ansicht der Architektenkammer auch ein höheres Insolvenz- und Kündigungsrisiko. Das führt dazu, dass dann nicht nur einzelne Gewerke ausfallen, sondern die ganze Baustelle stillsteht und Termine nicht eingehalten werden können.
Jens Sethmann
30.08.2022