Mieterhöhungen von 15 Prozent sind bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen tabu. Die gemeinnützige GSE verlangt in treuhänderisch verwalteten Landes-Wohnungen dennoch solche Mietaufschläge. Nachdem eine Moabiter Mieterinitiative Alarm geschlagen hat, schreitet der Senat ein.
In sechs Häusern in der Lehrter Straße und vier Häusern an der Ecke Alt-Moabit/Wilsnacker Straße bekamen viele Mieterinnen und Mieter im September Mieterhöhungen um 15 Prozent. Die Häuser gehören dem Land Berlin, verwaltet werden sie treuhänderisch von der gemeinnützigen „Gesellschaft für StadtEntwicklung“ (GSE). Vor Jahrzehnten kamen die Altbauten in Landesbesitz, ursprünglich sollten sie abgerissen werden. In den 90er Jahren haben sich die Verantwortlichen für eine Sanierung entschieden und 2010 an die Treuhänderin GSE übergeben.
Eine Mieterinitiative bittet nun in einem Offenen Brief darum, dass „angesichts der aktuellen Krisenzeit diese Mieterhöhungen zurückgenommen und auch keine Kündigungen ausgesprochen werden“.
Die GSE hält die Mieterhöhungen dagegen für gerechtfertigt. Die letzten Mieterhöhungen lägen schon sechs Jahre zurück. Die Ausgangsmieten seien so niedrig, dass sie nach der 15-prozentigen Erhöhung im Mittel 4,70 Euro pro Quadratmeter betragen und deutlich unter den Werten des Mietspiegels bleiben würden. „Leider sind zur Deckung der steigenden Kosten für die Instandhaltung und Bewirtschaftung des Treuhandvermögens auch Mieterhöhungen unumgänglich“, erklärt GSE-Projektmanagerin Sabine Riedel.
Bei den sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen sind Mieterhöhungen hingegen durch eine Kooperationsvereinbarung auf vier Prozent in zwei Jahren begrenzt. Im Koalitionsvertrag des Senats ist zudem vereinbart, dass diese Regelung zum Beispiel auch für das mit der GSE vergleichbare, quasi-landeseigene Unternehmen Berlinovo gilt.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, als Treugeberin zuständig für die GSE, spricht sich deshalb vehement gegen die 15-prozentige Erhöhung aus. „Die vorgesehene Mieterhöhung widerspricht sowohl der Politik des Berliner Senats als auch einem sozialen, fairen und rücksichtsvollen Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern“, sagt Staatssekretär Aziz Bozkurt. Eine Mieterhöhung um vier Prozent im Rahmen der Kooperationsvereinbarung hält er für vertretbar, „auch wenn das schon eine große Belastung für einige Mieterinnen und Mieter wäre“.
Jens Sethmann
Kurz vor Drucklegung haben wir erfahren, dass die Mieterhöhungen von der GSE zurückgenommen wurden.
Die Redaktion
27.10.2022