Zwei Volksbegehren mit dem Titel „Keine Profite mit Boden und Miete“ haben in Hamburg einen bemerkenswerten Erfolg erzielt: In Verhandlungen mit dem dortigen rot-grünen Senat hat man sich darauf geeinigt, dass neue Sozialwohnungen künftig 100 Jahre lang einer Mietpreis- und Belegungsbindung unterliegen sollen und dass Immobilien, die sich im Besitz des Landes oder seiner Unternehmen befinden, nicht verkauft werden dürfen. Ob das ein Vorbild für Berlin sein kann, fragte das MieterMagazin die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, Dr. Ulrike Hamann.
MieterMagazin: Wie schätzen Sie das Ergebnis der Hamburger Volksbegehren ein?
Hamann: Das erfolgreiche Volksbegehren zeigt, dass es rechtlich in der Bundesrepublik möglich ist, langfristige Bindungen zu schaffen. Damit wird zumindest in Hamburg zukünftig das zentrale Problem behoben, dass Wohnraum nur temporär sozial ist und gleichzeitig mit staatlichen Fördergeldern privates Eigentum geschaffen wird.
MieterMagazin: Mit den neuen Wohnungsbauförderungsbestimmungen hat Berlin die Sozialbindungen kürzlich auf 30 Jahre verlängert. Gegenüber den 100 Jahren in Hamburg ist das nicht viel. Fehlt in Berlin der Mut zu mehr?
Hamann: Berlin verschenkt sehr viel – schon allein dadurch, dass es seine Grundstücke landeseigenen Wohnungsunternehmen umsonst überlässt und dafür im Gegenzug auch nur ein paar Wohnungen erhält. Nach der schmerzlichen Erfahrung mit der Privatisierung der GSW im Jahr 2003 ist nicht auszuschließen, dass die landeseigenen Grundstücke ohne nachhaltige soziale Wirkung verkauft werden – im schlimmsten Fall noch an ein börsennotiertes Unternehmen, das sie verfallen lässt und mit ihnen spekuliert. Am Ende muss Berlin diese Wohnungen wieder mit viel Geld zurückkaufen. Diese aberwitzige Geschichte ist leider aufgrund der verfehlten Förderung der letzten Jahrzehnte bittere Realität.
MieterMagazin: Sollte man in Berlin wie jetzt in Hamburg auch ein Verkaufsverbot in der Verfassung verankern?
Hamann: Das Berliner Privatisierungsverbot ist bisher nur in der Kooperationsvereinbarung von 2017 verankert. Sie ist zwar verbindlich, aber eben nur so lange, wie die Vereinbarung nicht neu ausgehandelt wird. Damit ist nicht gesetzlich sichergestellt, dass die Privatisierung eines ganzen Unternehmens, der Verkauf einzelner Wohnungen und schon gar nicht die Privatisierung von Grundstücken ausgeschlossen sind. Warum das nicht nach dem allseits als Riesen-Fehler erkannten GSW-Verkauf schon längst geschehen ist, ist völlig unverständlich.
Interview: Jens Sethmann
https://keineprofitemitbodenundmiete.de
26.01.2023