Was sind Balkonkraftwerke? Wie können Mieter:innen sie nutzen und was müssen sie bei der Installation beachten? Alles Wichtige rund um die steckerfertigen Geräte.
Solarenergie ist eine umweltfreundliche erneuerbare Energiequelle, die immer beliebter wird. Während große Photovoltaikanlagen fürs Dach vor allem für Hauseigentümer:innen in Frage kommen, bieten sogenannte Balkonkraftwerke oder Mini-Photovoltaikanlagen auch Mieter:innen eine einfache Möglichkeit, selbst Strom für den eigenen Verbrauch zu produzieren und so die Stromrechnung zu senken.
Angesichts explodierender Energiepreise erlebten die steckerfertigen Mini-Solaranlagen 2022 einen regelrechten Boom: Mit mehr als 60.000 angemeldeten Geräten hat sich die Zahl der bei der Bundesnetzagentur registrierten Stecker-Solaranlagen im Vergleich zum Vorjahr versechsfacht. Die Zahl der tatsächlich installierten Solarmodule dürfte dabei noch um ein Vielfaches höher sein: Laut Daten der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) lag der Anteil der nichtangemeldeten Geräte in den vergangenen Jahren zwischen 86 und 89 Prozent. In eine ähnliche Richtung weisen die Verkaufszahlen: Die Forschungsgruppe geht von rund 190.000 verkauften Steckersolargeräten in den Jahren 2020 bis 2021 aus.
Was sind Balkonkraftwerke und wie funktionieren sie?
Die im Handel erhältlichen steckerfertigen Solaranlagen bestehen aus ein oder zwei Solarmodulen mit einer Gesamtleistung von bis zu maximal 600 Watt und einem Wechselrichter. Dieser wandelt den von der Sonne produzierten Gleichstrom in haushaltskonformen Wechselstrom um. Über ein Anschlusskabel stöpseln Sie die kleine Anlage in eine Steckdose am Balkon oder in der Wohnung und verbinden sie so mit dem Stromkreislauf des Haushalts. Wenn die Sonne scheint, produziert Ihr Kraftwerk Strom und versorgt Dauerverbraucher wie zum Beispiel den Kühlschrank oder Geräte im Standby-Modus. Ihr Stromzähler läuft entsprechend langsamer. Da die Anlagen keinen Speicher besitzen, ist der produzierte Strom nur für den direkten Verbrauch nutzbar. Sollte Ihr Kraftwerk mehr Strom produzieren, als Ihr Haushalt nutzen kann, wird der überschüssige Strom automatisch ins Netz eingespeist.
Wie viel Strom produzieren Balkonkraftwerke?
Entscheidend für die Strommenge sind Ausrichtung und Neigungswinkel Ihrer Solaranlage. Ideal ist eine Süd-, Südost- oder Südwestausrichtung mit einem Neigungswinkel von 30 bis 35 Grad. Bei einem solchen optimalen Standort ohne Verschattung produziert Ihre Solaranlage rund 280 Kilowattstunden pro Jahr. Das ist in etwa der Verbrauch von Kühlschrank und Waschmaschine in einem Zweipersonen-Haushalt. Legt man den aktuellen Strompreis zugrunde – Anfang Februar 2023 kostete eine Kilowattstunde Strom durchschnittlich 37,6 Cent – bringt Ihnen ein Balkonkraftwerk eine jährliche Ersparnis von rund 105 Euro.
Investitionskosten: Wann rechnet sich eine Mini-Solaranlage?
Je nachdem, ob Sie sich für ein oder zwei Module entscheiden, liegen die Anschaffungskosten zwischen 500 und circa 1.150 Euro. Halterungen, eine Aufständerung für den besseren Neigungswinkel und ähnliches Zubehör kosten noch einmal zwischen 50 und 150 Euro. Wer sein Kraftwerk normgerecht installieren will, benötigt zudem einen sogenannten Wieland-Stecker. Diesen darf nur eine Elektrofachkraft installieren. Rund 200 Euro müssen Sie für die Montage kalkulieren.
Die Anfangsinvestitionen liegen somit zwischen 500 und 1.500 Euro. Es dauert also zwischen fünf und etwa 14 Jahren, bis Sie die Kosten wieder eingespielt haben. Die Hersteller der Balkonkraftwerke geben üblicherweise eine Garantie von 25 Jahren auf die Solarmodule und zwischen zehn und zwölf Jahren auf den Wechselrichter. Bei optimaler Lage lohnt sich ein Balkonkraftwerk damit auch finanziell. Darüber hinaus werden Sie Teil der Energiewende, denn jede selbst produzierte Kilowattstunde Strom spart Energie aus anderen Quellen, zum Beispiel fossilen Brennstoffen, ein. Bei der Berechnung Ihrer voraussichtlichen Ersparnis hilft Ihnen der Stecker-Solar-Simulator der HTW.
Mietrechtliche Aspekte: Was muss ich beachten?
Planen Sie, das Balkonkraftwerk an der Außenseite Ihres Balkons zu befestigen oder an der Hausfassade zu montieren, verändern Sie die äußere Erscheinung des Hauses. Wenn Sie die Halterung dabei mit Dübeln in der Wand oder der Balkonbrüstung verankern, stellt dies zudem eine bauliche Veränderung dar. In beiden Fällen benötigen Sie vorab die Zustimmung Ihres Vermieters.
Gut zu wissen: Laut eines Gerichtsurteils vom März 2022 dürfen Vermieter:innen ihren Mieter:innen den Betrieb eines Balkonkraftwerks nicht verbieten, sofern die Anlage „baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar und fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist sowie keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht“ (Amtsgericht Stuttgart, Aktenzeichen 37 C 2283/20). Die Richterin begründete Ihr Urteil unter anderem damit, dass eine Mini-Solaranlage einen Beitrag zum Staatsziel Umweltschutz leiste, das im Grundgesetz verankert ist.
Wenn Sie Ihre steckerfertige Anlage fachgerecht und sturmfest montieren, nicht in die Bausubstanz eingreifen und die folgenden Hinweise zur Installation beachten, darf Ihnen Ihr:e Vermieter:in den Betrieb der Anlage demnach nicht ohne Weiteres verweigern.
Was ist noch zu beachten bei der Installation und Anmeldung?
Zertifizierung: Achten Sie beim Kauf einer steckerfertigen Anlage auf die CE-Zertifizierung und kaufen Sie keine Anlage ohne Anschlussstecker. Die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie (DGS) stuft Mini-Solaranlagen als grundsätzlich sicher ein, wenn die Modulwechselrichter den allgemeinen Anforderungen entsprechen, die auch für die großen Photovoltaikanlagen gelten. Prüfen Sie, ob der enthaltene Wechselrichter eine Konformitätserklärung gemäß VDE AR 4105 enthält.
Stromanschluss: Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) empfiehlt für den Anschluss von Mini-Solaranlagen die Verwendung einer Energiesteckdose verbunden mit dem sogenannten Wieland-Stecker. Dieser besteht aus einem robusteren Plastik als der haushaltsübliche Schutzkontaktstecker (SchuKo) und hat einen Berührungsschutz. Der Nachteil: Die Wieland-Steckdose ist deutlich teurer. Zudem darf nur eine Elektrofachkraft diesen Anschluss installieren.
Die VDE-Norm stellt allerdings nur eine Empfehlung dar und ist keine gesetzliche Vorgabe. Sie können Ihr Solarkraftwerk auch über eine Schuko-Steckdose betreiben. Ihre Wohnung sollte dafür über eine moderne Sicherungsanlage, idealerweise mit FI-Schutzschalter, verfügen.
Geeigneter Stromzähler: Mit Ihrer Mini-Solaranlage produzieren Sie Strom für den eigenen Verbrauch. Dennoch kann es passieren, dass mehr Strom fließt, als Sie verbrauchen. Der überschüssige Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Für diesen Fall müssen Sie sicherstellen, dass Ihr Stromzähler nicht rückwärts läuft. Viele der alten Stromzähler funktionieren noch mit mechanischen Drehscheiben („Ferraris-Zähler“) und haben keine Rücklaufsperre. Sollte das in Ihrem Haushalt der Fall sein, beantragen Sie bei Ihrem Netzbetreiber den Austausch in einen modernen elektronischen Einrichtungs- oder Zweirichtungszähler.
Anmeldung beim Netzbetreiber: Zwar stuft die EU-Verordnung 2016/631 Solaranlagen mit einer Leistung unter 800 Watt als „nicht systemrelevant“ ein, dennoch müssen Sie Ihr Gerät bei Ihrem Netzbetreiber anmelden. Viele Netzbetreiber bieten bereits Online-Formulare hierfür an, die DGS stellt einen Musterbrief zur Verfügung.
Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur: Auch die Bundesnetzagentur verlangt eine separate Anmeldung in ihrem Marktstammdatenregister. Achten Sie darauf, bei beiden Anmeldungen dieselben Daten einzutragen. Laut Verbraucherzentrale gleichen beide Stellen die Daten ab.
Anstehende Änderungen: Positionspapier stellt Vereinfachungen in Aussicht
Dass der bürokratische Aufwand für die kleinen Solaranlagen zum Eigenverbrauch unverhältnismäßig hoch ist, hat auch der VDE erkannt. Am 11. Januar 2023 hat der Verband ein Positionspapier zum vereinfachten Einsatz von steckerfertigen Solaranlagen veröffentlicht. Die geplanten Vereinfachungen umfassen:
- Freigabe des Schuko-Steckers
- Anmeldung nur noch bei der Bundesnetzagentur
- Anhebung der Leistungsgrenze von 600 auf 800 Watt (AC)
Die vorgeschlagenen Änderungen sind aber noch nicht gültig.
Förderung: Jetzt auch in Berlin!
Eine einheitliche bundesweite Förderung für Balkonkraftwerke gibt es bisher nicht. Eine finanzielle Erleichterung gilt allerdings bereits seit Januar 2023: Mini-Solaranlagen sind von der Mehrwertsteuer befreit. In den vergangenen Jahren haben einzelne Bundesländer und Kommunen zudem Förderprogramme aufgelegt. Auch in Berlin hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Investitionsbank Berlin (IBB) ein Förderprogramm initiiert: Seit dem 10. Februar werden Balkonkraftwerke mit bis zu 500 Euro bezuschusst. Allerdings reicht der Gesamtfördertopf mit sieben Millionen Euro nur für etwa 14.000 Haushalte bei voller Bezuschussung. Wir fordern dringend eine Anschlussförderung und kritisieren die Kopplung des Zuschusses an die Zustimmung durch den/die Vermieter:in.
04.03.2023