Drei Wohnungen – und demnächst vier – in einem Moabiter Mietshaus werden zu horrenden Preisen angeboten. Der Vermieter hat sie luxuriös eingerichtet, wirbt für Wohnen auf Zeit und umgeht damit ganz legal die Mietpreisbremse. Immer mehr Angebote in Berlin zeigen: Das Modell lohnt sich. Die Politik setzt dem einstweilen nichts entgegen.
Haben Sie schon einmal von der „Bluegroundgroup“ gehört, fragte ein Leser des MieterMagazins. Die würden in seinem Haus in der Moabiter Zwinglistraße inzwischen drei vollmöblierte Wohnungen anbieten: „… und das mitten im Milieuschutzgebiet“.
Ein Klick auf die englischsprachige Website der Anbieterin bestätigt: Die modern und wie aus dem Katalog ausgestatteten Apartments werben um Mieter:innen auf Zeit. Mit zwei Zimmern, offener Küche, Bad und Abstellraum sind sie zwischen 79 und 83 Quadratmeter groß und kosten voll ausgestattet bis zu 2080 Euro monatlich – 25 Euro pro Quadratmeter. Wer im Internet sucht, findet die Offerten einschlägiger Anbieter wie Homelike, Wunderflats,
Coming Home und auch bei Immoscout 24 – gerade in den beliebten Innenstadtbereichen. Zu den bekannten Namen kommen immer wieder neue hinzu, und eine Preisgrenze nach oben scheint es nicht zu geben.
Dabei gilt grundsätzlich auch für möbliertes Wohnen die gesetzliche Mietpreisbremse. Einzige Ausnahme: Wenn die Wohnung „zu einem vorübergehenden Gebrauch“ vermietet wird, ist der Mieterschutz begrenzt und die Mietpreisbremse unwirksam. Dieser Ausnahmetatbestand setzt jedoch nicht nur eine zeitliche Begrenzung voraus, sondern auch einen besonderen Zweck der Unterkunft – sei es, dass sie für einen begrenzten Studienaufenthalt oder eine längere Dienstreise gebraucht wird. Ein entsprechender Mietvertrag muss dem Willen beider Vertragsschließenden entsprechen.
Ein weiteres Problem betrifft den Möblierungszuschlag als Teil der Gesamtmiete. Dieser Zuschlag darf nicht unverhältnismäßig hoch sein und muss sich am Zeitwert der Einrichtung orientieren. Ihn extra im Wohnungsangebot und später im Zeitmietvertrag auszuweisen, ist jedoch nicht vorgeschrieben. So finden sich bei Homelike, Wunderflats und Co. ausschließlich die undifferenzierten Gesamtmieten. Die Höhe der Nebenkosten und der Zeitwert der Möbel werden auf diese Art verschleiert.
Gesetzliche Regelung gefordert
Für möbliertes Wohnen müssten klare gesetzliche Regeln und eine Mietpreisbremse gelten, fordert seit Jahren der Berliner Mieterverein. Er unterstützte auch grundsätzlich eine entsprechende Initiative des Hamburger Senats vom August 2021, die Vermietende verpflichten wollte, den jeweiligen Möblierungszuschlag immer auszuweisen. Kurzzeit-Vermietungen sollten nur noch bis zu einer Dauer von sechs Monaten von der Mietpreisbremse ausgenommen werden. Letztendlich nahm Hamburg den Gesetzesentwurf jedoch von der Tagesordnung des Bundesrates, um die Initiative unmittelbar vor der Bundestagswahl nicht im Sande verlaufen zu lassen. Nun würde es allerdings Zeit, so erklärte der Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg Rolf Bosse, einen neuen Anlauf zu starten. Denn der ungebremste Trend zum möblierten Wohnen hat fatale Folgen: In seinem Mietshaus in Moabit würde von Blueground gerade eine vierte Wohnung eingerichtet, schrieb unser Leser. Damit würden dringend benötigte bezahlbare Wohnungen dem Mietmarkt entzogen.
Rosemarie Mieder
Fataler Trend
Das Segment des möblierten Wohnens – einmal gedacht für Studierende oder auch Arbeitskräfte in Bauprojekten – fristete früher eher ein Nischendasein. Seit mehr als zehn Jahren boomt der Markt allerdings vor allem in Großstädten. Was schon die rasant wachsende Zahl der Anbieter vermuten lässt, bestätigte nun auch eine Langzeitstudie des Immobilien-Forschungsinstituts F + B. Ihr zufolge hat sich der Anteil möblierten Vermietens am deutschen Wohnungsmarkt von 2014 (8,3 Prozent) bis 2021 (18,3 Prozent) mehr als verdoppelt. An den Top-8-Standorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart) seien die Anteile noch deutlich höher, so F+B. Außerdem hätten sich die Marktmieten für möblierte Wohnungen zwischen 2006 und 2020 um 78,2 Prozent verteuert. Die Preise für unmöblierte Wohnungen seien in diesem Zeitraum um 30,6 Prozent gestiegen.
rm
Möblierungszuschlag und möblierte Vermietung
24.02.2023