„Der hellste Vermieterstern ist zweifelsohne Harry Müller“, hieß es in einer der ersten Zuschriften aus Lichtenrade, Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Das machte uns natürlich neugierig und so besuchten wir Walter Meyer, der mit seiner Frau seit 25 Jahren in einem Mietshaus in der Goethestraße wohnt.
Der pensionierte Kriminalhauptkommissar ermittelte viele Jahre in Kreuzberg, Neukölln und nach dem Fall der Mauer in Friedrichshain. Sein Privatleben wollte er in einer ruhigeren Gegend verbringen: „Dass wir damals diese Wohnung gefunden haben, war ein Zufall“, erinnert er sich. Sie entdeckten das moderne zweigeschossige Mehrfamilienhaus mit flachem Dach bei einem Spaziergang. Ein liebevoll angelegter Garten, Garagen im Tiefgeschoss, mit insgesamt sechs Mietparteien eine überschaubare Nachbarschaft – es gefiel ihnen sofort. Und in der zweiten Etage schien eine Wohnung leer zu sein. Die Interessenten nahmen Kontakt zum Vermieter auf.
Harry Müller, bis zum Ruhestand Taxiunternehmer in Lichtenrade, war kein Mann von vielen Umständen und bürokratischen Rückversicherungen. „Bei der Wohnungsbesichtigung haben wir uns sofort entschieden – und den Mietvertrag mit Handschlag besiegelt“, erinnert sich Walter Meyer. Er bekam – wie alle anderen – einen Pauschalvertrag, der auch die Nebenkosten im Mietpreis mit einschloss. Obwohl inzwischen alle Hauskosten gestiegen sind, sei ihre Miete seit über 20 Jahren nicht erhöht worden, betont Meyer. Sie liegt bei rund 9 Euro pro Quadratmeter.
Auch die Kosten für aufwendige Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten, die der Eigentümer an dem 1967/68 gebauten Haus vor ein paar Jahren vornehmen ließ, trug er vollständig selbst: Rund 100.000 Euro steckte er in die Dämmung von Fassade, Dach und den Einbau von schalldichten Fenstern an einer Seite des Hauses. Diese grenzt an das Gelände einer Grundschule. „Wenn da 300 Kinder lärmen, ist der Geräuschpegel enorm“, so Meyer. Durch die neuen Fenster dringe kein Geräusch vom Schulhof mehr in die Wohnungen. Jeden möglichen Euro aus seiner Immobilie herauszuholen, ist Müllers Sache nicht: „Warum ooch? Langjährige, verlässliche Mieter waren mir immer lieber.“ Kosten ersparen denn auch einige Verpflichtungen, auf die man sich gegenseitig geeinigt hat. Die Hausreinigung erledigt keine damit beauftragte Firma, Kleinreparaturen erledigen die Bewohner:innen selbst – und Harry Müller erstattet ihnen umgehend die Auslagen. „Kooft keen’ Schrott, sondern wat Ordentliches“, mahnt er, wenn sie Material im Baumarkt besorgen. Auch um den Vorgarten kümmern sie sich. Und weil das Zusammenspiel von Mietparteien und Vermieter so gut klappt, lädt Harry Müller seine „Hausgemeinschaft“ alljährlich zu einem Weihnachtsessen ein.
Selbstverständlich, dass in diesem Haus bei größeren anfallenden Reparaturen keiner lange warten muss. Harry Müller kümmert sich um umgehende Ausführung.
Das könnte sich aber durchaus in nächster Zeit ändern. Müller, inzwischen 84 Jahre alt, will das Haus verkaufen, so wie er auch seine anderen fünf Mietshäuser bereits verkauft hat, die er sich nach und nach als Unternehmer für seine Alterssicherung zugelegt hatte. Er hat sie alle selbst verwaltet, sich um alles gekümmert. Jetzt wird das immer mühsamer und auch an Erben kann er die Immobilie nicht weitergeben. „Aber ick verkoofe nicht an jeden!“ erklärt er. Sein Haus soll – wie die anderen auch – in solide und verlässliche Hände übergehen, das hat er seinen Mieterinnen und Mietern versprochen. Und die wissen, auf Harry Müller können sie sich verlassen. Dennoch – sie alle sind sicherheitshalber Mitglieder im Berliner Mieterverein.
Rosemarie Mieder
24.03.2023