Fehlende Einigkeit in der Ampel und wiederholte Querschüsse des Koalitionspartners FDP und des von ihr gestellten Justizministers bildeten den politischen Hintergrund des diesjährigen Deutschen Mietertages in Bremen.
333 Delegierte aus den 15 Landesverbänden des Deutschen Mieterbundes (DMB) kamen vom 15. bis 17. Juni im Bremer Messehotel Maritim zum 70. Deutschen Mietertag zusammen. Für den Berliner Mieterverein (BMV) waren neben Vorstand, Geschäftsführung und Social-Media-Team mehr als 20 Delegierte aus den 12 Bezirksgruppen vor Ort.
Mit langem Applaus verabschiedete das Plenum den früheren BMV-Chef Reiner Wild vom Amt des DMB-Vizepräsidenten. Nachgewählt in den Vorstand wurde BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner, die den BMV bisher im DMB-Beirat vertreten hat.
Hart ins Gericht ging DMB-Präsident Lukas Siebenkotten mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Der habe ihm ins Gesicht gesagt, bestimmte Mietrechtsreformen nur durchzuführen, wenn SPD und Grüne ihm bei der Streichung der Vorratsdatenspeicherung entgegenkämen. „Solche Minister brauchen wir nicht!“, rief Siebenkotten in den Saal.
Schützenhilfe kam in einigen Punkten von Gastredner Peter Bofinger. Der Ökonomieprofessor und ehemalige Wirtschaftsweise, begrüßte etwa die DMB-Forderung, einen Sonderfonds von 50 Milliarden Euro für den Sozialen Wohnungsbau aufzulegen. Neben dem dramatisch schmelzenden Bestand an Sozialwohnungen habe sich am Wohnungsmarkt ein „perfekter Sturm“ aus steigenden Zinsen, immensen Energie- und hohen Baupreisen gebildet. Der Staat solle sich daher auf dem Wohnungsmarkt einmischen – solche Investitionen könnten wohl kaum gegen die Schuldenbremse verstoßen. Die Haushaltspolitik von Finanzminister Christian Lindner (FDP) kritisierte er scharf: Es sei ein „großes Problem, dass eine kleine Partei die Zukunft unsers Landes verspielt.“
Bofingers Plädoyer für die Nachverdichtung bebauter Grundstücke, die ein Potenzial von 4,3 Millionen neuer Wohnungen berge, wurde von Klara Geywitz (SPD) nicht aufgegriffen. Die per Video zugeschaltete Bauministerin wirkte auf dem großen Saalmonitor nicht immer bei der Sache, war aber eifrig bemüht, die aktuellen Querelen mit der FDP um die Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit herunterzuspielen.
Die Lust, wieder „live“ zu diskutieren, war zu spüren – der letzte Mietertag in Präsenz hatte vor immerhin vier Jahren in Köln stattgefunden. Der nächste Mietertag soll 2025 vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, voraussichtlich in Rostock, ausgerichtet werden.
Sebastian Bartels
29.06.2023