Beim Wärme-Contracting lagern Vermieter:innen die Wärmeerzeugung und -bereitstellung an einen externen Dienstleister aus. Sie erhoffen sich von dem Modell eine Kosten- und Risikoreduzierung. Mietende dagegen sollten besonders aufpassen: Über verschiedene Wege können die Kosten für sie steigen – und das ist nicht immer legal. Wie genau funktioniert das Modell und welche rechtlichen Schritte gibt es bei Fehlverhalten der Vermieter:innen? Ein Überblick.
Angesichts des Klimawandels und der Energiesparpotenziale im Gebäudesektor hat sich der Druck auf Vermietende erhöht, ihre Häuser energetisch zu optimieren und Heizungen auszutauschen. Hier rückt das sogenannte Wärme-Contracting stärker in den Fokus. Beim Contracting beauftragen Eigentümer:innen einen Contractor mit der Bereitstellung einer Dienstleistung, in diesem Fall mit der Beheizung ihrer Wohnobjekte. Vermieter:innen beziehen dann nicht mehr selbst Energieträger, sondern erhalten die Wärme direkt vom Wärmelieferanten, dem Contractor. Dieser nimmt die für die Reduzierung seiner Kosten notwendigen Investitionen vor, etwa den Einbau einer effizienteren Heizungsanlage im Haus des Auftraggebenden. Die Anlage selbst bleibt aber im Besitz des Contractors. Die Investitionskosten fließen über einen höheren Grundpreis in die Heizkosten ein, die die Mietenden zahlen. Für Vermieter:innen hat das den Vorteil, keine Kosten und Risiken für Heizungstausch und andere Maßnahmen tragen zu müssen. Von Mietenden fordert das Modell hingegen erhöhte Aufmerksamkeit, da es viel Raum für Tricksereien durch Vermietende und Contractor bietet.
Hohe Preise trotz geringerem Energiebedarf
Ein Einfallstor ist der Preis. Der Wärmepreis bemisst sich aus dem Grundpreis (ein fixer Betrag) und dem Arbeitspreis (bestimmt durch den tatsächlichen Verbrauch). Der Grundpreis liegt beim Contracting deutlich höher, da der Dienstleister seine Investitionen gewinnbringend finanzieren will. Ein Beispiel: Lag der Preis für Fernwärme bislang bei etwa 90 bis 95 Euro pro Megawattstunde, sind beim Wärme-Contracting Beträge von 120 bis 140 Euro und mehr üblich. Diese hohen Preise können seitens des Contactors durchaus rechtens sein, dennoch gibt es hier großes Potenzial für Betrug oder fahrlässiges Handeln seitens der Vermieter:innen. Denn der Grundpreis im Contracting-Vertrag richtet sich nach dem Anschlusswert des Gebäudes, das heißt nach dem Energiebedarf, der maximal bei der Nutzung anfällt und den der Energieversorger potenziell bedienen muss. Ist das Gebäude besonders energieeffizient, ist auch der Anschlusswert niedriger, und der Energieversorger muss geringere Leistungskapazitäten einplanen – der Grundpreis sinkt.
Eine energetische Modernisierung beispielsweise steigert die Energieeffizienz einer Wohnung. Dadurch sinkt die für die Beheizung benötigte Energie – auch Wärmeleistung genannt – und auch der tatsächliche Energieverbrauch. Im Zuge dessen müsste der Vermietende nun den Anschlusswert nach unten korrigieren, was niedrigere Heizkosten für die Mietenden zur Folge hätte – oft von der Vermieterseite als zentrales Argument für die Vorteile der Modernisierung trotz hoher Modernisierungsumlage angeführt. Da die Heizkosten aber gänzlich durch die Mietenden getragen werden, ist die Korrektur des Anschlusswertes für Vermieter:innen nicht dringlich und wird gerne übersehen.
Werte richtig prüfen
Was können Mietende dagegen tun? Eine Überprüfung durch einen Anwalt oder eine Anwältin ist in jedem Fall ratsam, doch zunächst können Mieter:innen die Werte aus der Heizkostenabrechnung selbst grob prüfen. Als Faustformel gilt: Wenn der Jahresverbrauch in Kilowattstunden geteilt durch die Wärmeleistung einen Wert von unter 800 ergibt, sollten sie den Anschlusswert dringend überprüfen lassen. In diesem Fall kann eine zu hoch angesetzte oder beispielsweise nach Modernisierung nicht korrigierte Wärmeleistung vorliegen. Um sicher zu sein, ist eine Tiefenprüfung notwendig – diese erfordert oftmals eine Belegeinsicht und ist für Laien zu komplex. Ergibt die Tiefenprüfung einen überhöhten Anschlusswert, können Mietende eine Korrektur fordern.
Schönrechnen bis zur Kostenneutralität
Auch bei der Umstellung von eigener Wärmeversorgung im Haus auf Wärme-Contracting gibt es einiges zu beachten. Laut Gesetz muss die Umstellung für die Mietenden kostenneutral geschehen – die Heizkosten dürfen also nicht höher sein als im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor der Umstellung. Zudem müssen Vermieter:innen den Mietenden die geplante Umstellung drei Monate im Voraus ankündigen – inklusive aller Werte zur Berechnung der Kosten. Die Ankündigung kann jedoch vorsätzlich fehlerhaft sein. Ergibt die Berechnung des Vermietenden eine centgenaue Kostenneutralität, sollten Mieter:innen hellhörig werden. Möglicherweise wurde hier mit Phantomwerten gearbeitet. Hier hilft ein Vergleich der Ankündigung mit den Werten in der Jahresabrechnung. Wenn nach Überprüfung eine Nichteinhaltung der Kostenneutralität festgestellt wird, gibt es für Mieter:innen zwei Möglichkeiten: Entweder kann der fiktive Wärmepreis der alten Heizungsart weitergeführt, oder die Wärmelieferkosten ohne Investitions- und Vorhaltekosten des Contractors berechnet werden.
Keine Konsequenzen für Vermieter:innen
Allerdings können nicht nur die Werte in der Ankündigung falsch sein, Vermieter:innen können diese auch ohne rechtliche Konsequenzen komplett auslassen und erst nach Aufforderung nachliefern, wodurch sie eine Prüfung erheblich verzögern. Weiterhin müssen sie die Kostenneutralität nur für ein Jahr gewährleisten. Anschließende Preiserhöhungen können Mieter:innen dann nur noch mit dem stumpfen Schwert des Wirtschaftlichkeitsgebotes anfechten. Dies öffnet die Tür für Deals zwischen Vermietenden und Wärmelieferanten, im ersten Jahr die Kostenneutralität zu bewahren, um danach den Preis umso stärker zu erhöhen.
Probleme sind voraussehbar
Energetische Modernisierungen und damit auch das Wärme-Contracting werden in Zukunft weiter an Relevanz gewinnen. Der rechtliche Rahmen allerdings schützt Mietende schon jetzt nicht ausreichend vor Benachteiligung. Intransparente Verträge und die komplexe Preisberechnung machen die Lage schnell unüberschaubar. Und auch bei den Schlupflöchern in der Preisgestaltung sowie den fehlenden rechtlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten der Vermieter:innen muss der Gesetzgeber dringend nachbessern, sonst ist für Mietende eine Zunahme an Problemen durch Contracting unvermeidlich.
Ein Text von Moritz Lang
17.08.2023