Aufwachen, auf die Risse in der Wand starren. Länger, tiefer und breiter werden sie, jeden Tag: Rebecca K., 31, Einzelhändlerin, zog 2017 mit ihrer Mitbewohnerin in den vierten Stock der Ueckermünder Straße 15, romantisch, direkt unterm Dach, eins dieser unrenovierten Häuser im Prenzlauer Berg, in denen die Zeit stehengeblieben ist.
Rebeccas Wohnung wurde ihr als frisch renoviert vermietet. Die Realität: Wenn der Wind geht, entsteht ein unheimliches Heulen im maroden Dachstuhl, die Tauben gurren, Holzbalken knarren, nach einem Sturm regnete es in die inzwischen unbewohnbare Nachbarwohnung. Cordula Graunke aus der Rechtsabteilung des Berliner Mietervereins schrieb an die Vonovia, der das Haus gehört: „Dieser Zustand ist auch mit Blick auf die Verkehrssicherungspflicht und eine eventuell bestehende Gefahr für Leib und Leben der Mieter:innen nicht mehr hinnehmbar.“
Ende Februar brachte ein Handwerker Metallstützen in der Küche und im Schlafzimmer von Rebecca K. an. Ein Maler kam, ein Maurer, endlich auch ein Statiker der Vonovia: Alle raus aus dem vierten Stock, war seine Aufforderung, das Dach sei dringend sanierungsbedürftig. Gegenüber Rebecca K. äußerte er, die Stützen seien an der falschen Stelle aufgestellt worden.
Das Bauamt des Bezirks, seit Juni informiert, sieht auf Rückfrage des MieterMagazins in der jetzigen Absicherung des tragenden Dachbalkens durch die Metallstützen die Einsturzgefahr gebannt. Bisher war niemand vom Amt vor Ort, der Gesamtzustand des Hauses ist der Behörde auch nicht bekannt. Der Berliner Pressesprecher der Vonovia, Christoph Metzner, wiegelt ab: „Durch die aufgestellten Stützen kann die Wohnung, bis die Fragen um eine Ersatzwohnung für die Mieterin geklärt sind, weiterhin genutzt werden.“ Ein Ingenieurbüro für Gefahrenbeurteilung habe der Vonovia gutachterlich in zwei Stellungnahmen bestätigt, dass die „Standsicherheit des Dachstuhls nicht gefährdet” sei und eine „akute Beeinträchtigung der Decke nicht festgestellt werden konnte“. Dennoch drängt das Wohnungsunternehmen die Mieterin zum Auszug – aufgrund des gefährlichen Sanierungsstaus, insbesondere im Dachstuhl.
Silke Kettelhake
23.10.2023