Die Berliner Stadtreinigung (BSR) holt die Mülltonnen nicht mehr selbst aus den Hinterhöfen, wenn die Durchgänge niedriger als zwei Meter sind. Die Folge sind Mehrkosten für die Mieterschaft.
Die BSR hat nachgemessen: 1,88 Meter ist die Tür zum Hinterhof hoch. Eine so geringe Durchgangshöhe stelle eine „Unfallquelle“ dar, die zu beseitigen sei. Das schrieb die BSR den Eigentümer:innen eines Hauses in Weißensee. Ansonsten werden die BSR-Leute künftig nicht mehr die Restmüll- und Biotonnen vom Hof holen.
Wie bei vielen kleineren Altbauten ohne Hofdurchfahrt gelangt man in diesem Mehrfamilienhaus nur durch das Treppenhaus in den Hof. Die Tür lässt sich infolge der baulichen Gegebenheiten nicht vergrößern.
In der Abfallwirtschaftssatzung der BSR heißt es: „Gebäudedurchgänge und Türöffnungen sollen zum ungehinderten Transportieren von Behältern mindestens 2,00 m hoch sein.“ – „sollen“, nicht „müssen“. Nun wird dies auch bei Häusern angewandt, die vor über 100 Jahren nach den damals gültigen Bauvorschriften errichtet worden sind. „Eine Durchgangshöhe von unter zwei Metern war vor 100 Jahren sicherlich ausreichend, in der heutigen Zeit ist diese aufgrund der gestiegenen durchschnittlichen Körpergrößen nicht mehr sicher“, sagt BSR-Pressesprecher Thomas Klöckner. „Für die Beschäftigten der BSR bestehen erhebliche Verletzungsgefahren an Kopf und Schulter.“ Er verweist auch auf die Regel 114-601 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), die ebenfalls eine Höhe von zwei Metern einfordert. Eine zwingende Verordnung ist auch dies nicht.
Wer stellt nun die Tonnen raus, wenn die BSR sich weigert? Sollte es vor Ort keinen Hauswart geben, haben Abfallmanagement-Firmen dafür passgenaue Angebote. Deren Mitarbeiter rücken am Tag der Müllabfuhr zweimal mit dem Auto an: morgens, um die Tonnen an die Straße zu stellen, und nachmittags, um die leeren Tonnen wieder in den Hof zu bringen. Ein aberwitziger Mehraufwand mit entsprechenden Mehrkosten, die mit der Betriebskostenabrechnung an die Mieterschaft weitergegeben werden. An der abstrakten Unfallgefahr für Hauswarte, Abfallmanager, BSR-Personal und Mieter:innen ändert sich dadurch natürlich nichts.
Schaut man sich die DGUV-Anforderungen genauer an, können auf BSR-Kunden noch weitere Überraschungen zukommen: Sie verlangen auch, dass auf den Mülltonnen-Transportwegen die Beleuchtungsstärke mindestens 50 Lux betragen müsse und für den Fall, dass es dort Stufen gibt, „eine maximale Behältermasse von 50 kg nicht überschritten werden“ soll. Es gibt für die BSR also noch einiges zu messen und zu wiegen.
Jens Sethmann
27.09.2023