Fehlerhafte Nebenkostenabrechnungen, eine vernachlässigte Wohnanlage und ein fragwürdiger Verein, der jahrelang diverse Tanz- und Mal-Kurse über die Mieten finanzierte – bei der Baugenossenschaft Ideal scheint einiges im Argen zu liegen. Einer Mieterin, die das nicht hinnehmen will, wurde nun fristlos gekündigt.
Mit rund 4600 Wohnungen ist die 1907 gegründete Ideal eine der größeren Genossenschaften. Ihre Wurzeln liegen in der Ideal-Passage, einem Reformwohnungsbau zwischen Fulda- und Weichselstraße in Neukölln. Doch das denkmalgeschützte Vorzeigeprojekt weist diverse Missstände auf, weswegen eine Mieterin seit Jahren die Miete mindert. So sind die Tore zur Hofanlage nachts nicht verschlossen, was Vandalismus zur Folge hat. Sogar eine Brandstiftung hat es Ende 2020 gegeben. Das Gericht hat die Mietminderung für rechtens erklärt.
Seit 2018 hat die Mieterin zudem mehrere Prozesse um die Betriebskostenabrechnung geführt. Die Genossenschaft weigert sich, Belegeinsicht zu gewähren und musste erst vom Gericht dazu verurteilt werden – inklusive richterlichem Durchsuchungsbeschluss für die Büroräume. Das Gericht stellte zahlreiche Ungereimtheiten in den Abrechnungen fest. So fanden sich auffällig viele Aufträge ohne Verträge oder Tätigkeitsnachweis sowie falsche Flächenangaben (Amtsgericht Neukölln vom 5. November 2019 – 18 C 248/18).
Die Retourkutsche von Seiten der Genossenschaft gegenüber der Mieterin kam im Mai 2023: die fristlose Kündigung, angeblich wegen nicht berechtigter Untervermietung, gewerblicher Nutzung der Wohnung sowie Mietrückständen. Da die ersten beiden Vorwürfe völlig haltlos waren, stützt sich die im Juli eingereichte Räumungsklage nur noch auf die angeblichen Mietrückstände. Dabei handelt es sich um die vorgenommene Mietminderung sowie Rückhaltungen aus den strittigen Betriebskostenabrechnungen.
Das MieterMagazin hätte gern gewusst, wie sich die Genossenschaft dazu äußert. Doch unter Verweis auf die laufenden juristischen Verfahren schweigt der Vorstand. Dabei bezog sich lediglich ein Teil der Fragen auf gerichtsanhängige Vorgänge.
Zum mittlerweile aufgelösten Verein „Die Idealisten“, der über Jahre hinweg zahlreiche Hobbykurse angeboten hat – weit über das Maß der sonst bei Genossenschaften üblichen Nachbarschaftsaktivitäten hinaus – wollte der Vorstand ebenfalls nichts sagen. Ob Strom und andere Aktivitäten in den Räumlichkeiten über die Mieteinnahmen bezahlt wurden, ob es zur Aufgabe einer Baugenossenschaft gehört, Dutzende von Gratis-Malkursen und Tanzunterricht anzubieten – darauf gibt die Ideal keine Antwort.
Birgit Leiß
01.12.2023