Leistsätze:
Eine Staffelmiete kann auch für die Dauer einer Mietpreisbindung nach dem WoFG vereinbart werden, sofern die innerhalb des Bindungszeitraums liegenden Staffeln die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe nicht überschreiten.
Eine während der Mietpreisbindung getroffene Vereinbarung kann bereits Mietstaffeln für die Zeit nach Ablauf der Preisbindung enthalten.
BGH vom 16.1.2024 – VIII ZR 12/23 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 17 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Wohnung der Mieterin unterlag aufgrund öffentlicher Förderung nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bis zum 31. Dezember 2020 einer Preisbindung.
Im Mietvertrag wurde Folgendes vereinbart:
„Staffelmiete (§ 557a BGB)
Die monatliche Grundmiete (…) beträgt insgesamt EUR 500,00. Sie erhöht sich (…) ab 01.01.2021 auf EUR 968,00, ab 01.01.2022 auf EUR 1.012,00, ohne dass es einer gesonderten Erklärung des Vermieters bedarf.
Während der Laufzeit einer Staffelmiete ist eine Mieterhöhung nach den §§ 558 – 559b BGB ausgeschlossen.
… Für das Gebäude besteht bis zum 31.12.2020 eine Bindung an das Wohnungsbauförderungsgesetz.
Für die Zeit von dem 01.01.2021 bis zum 31.12.2022 wird eine Staffelung der Miete vereinbart und im Mietvertrag festgeschrieben. …“
Ab Januar 2021 bezahlte die Mieterin unter Vorbehalt eine Miete in Höhe von 968 EUR monatlich.
Schließlich klagte sie auf Rückzahlung von insgesamt 6.084 EUR (Erhöhungsbetrag in Höhe von 468 EUR für die Monate Januar 2021 bis einschließlich Januar 2022) nebst Zinsen sowie auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, aufgrund der getroffenen Staffelmietvereinbarung ab dem Monat Februar 2022 eine Grundmiete in Höhe von 1.012 EUR anstatt lediglich 500 EUR monatlich zu zahlen.
Die Instanzgerichte wiesen die Klage der Mieterin ab. Der BGH bestätigte diese Entscheidungen im Ergebnis und argumentierte wie folgt:
Die Mietzahlungen erfolgten mit Rechtsgrund. Denn die in dem Mietvertrag getroffene Abrede über die Erhöhung der monatlichen Grundmiete von ursprünglich 500 EUR auf 968 EUR ab dem 1. Januar 2021 und auf 1.012 EUR ab dem 1. Januar 2022 sei wirksam. Zu Recht habe
das Berufungsgericht aus diesem Grund auch einen Anspruch der Mieterin auf Feststellung, dass sie ab dem Monat Februar 2022 nicht eine Grundmiete von 1.012 EUR monatlich, sondern (weiterhin) von lediglich 500 EUR monatlich schulde, verneint.
Es handele sich vorliegend um eine Staffelmietvereinbarung im Sinne von § 557a Abs. 1 BGB, die nicht etwa deshalb unwirksam sei, weil sie während des Bestehens einer Preisbindung getroffen wurde.
Sie sei auch dann nicht insgesamt unwirksam, wenn sie dahingehend zu verstehen sein sollte, dass sie eine erste Staffel bereits für den Zeitraum der Preisbindung vorsehe.
Denn die Vereinbarung einer Staffelmiete im Sinne von § 557a BGB sei grundsätzlich auch für Zeiträume zulässig, die innerhalb der Dauer einer – wegen öffentlicher Förderung bestehenden – Preisbindung liegen.
Für die hier einschlägige Preisbindung nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) folge dies schon aus der Bestimmung des § 28 Abs. 3 WoFG, wonach der Vermieter von öffentlich gefördertem Wohnraum die Miete nach Maßgabe der allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften – mithin grundsätzlich auch im Wege der Vereinbarung einer Staffelmiete (§ 557a BGB) – erhöhen könne. Voraussetzung sei nach § 28 Abs. 3, 5, 6 WoFG insoweit lediglich, dass die innerhalb des Bindungszeitraums liegenden Staffeln die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe nicht überschritten.
Aber auch für den sonstigen preisgebundenen Wohnraum („alter Sozialer Wohnungsbau“), also solchen, der nicht in den Anwendungsbereich des Wohnraumförderungsgesetzes fällt, gelte im Ergebnis nichts wesentlich anderes.
Hier seien Staffelmietvereinbarungen zulässig, wenn die höchste der – innerhalb des Zeitraums der Preisbindung liegenden – Staffeln die zum Zeitpunkt der Abrede maßgebliche Kostenmiete nicht übersteige.
Unter Beachtung dieser Grundsätze bestünden gegen die Wirksamkeit der vorliegenden Staffelmietvereinbarung im Hinblick darauf, dass sie – unterstellt – eine (erste) Staffel auch bereits für den Zeitraum der Preisbindung bis zum 31. Dezember 2020 vorsehe, keine Bedenken. Denn dass sich die für diesen Zeitraum vereinbarte Grundmiete von 500 EUR monatlich innerhalb der insoweit zum Zeitpunkt der Abrede gültigen Höchstgrenzen für öffentlich geförderten Wohnraum halte, stehe zwischen den Parteien nicht im Streit.
Darüber hinaus sei die hier im Streit stehende Staffelmietvereinbarung auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil sie bereits während des Zeitraums, in dem die Wohnung noch der Preisbindung unterlag, getroffen wurde und Mietstaffeln für den Zeitraum nach deren Ablauf vorsehe, die mit einer erheblichen Mietsteigerung gegenüber der Ausgangsmiete verbunden seien.
Wie der 8. Senat des BGH schon mit Urteil vom 3. Dezember 2003 (– VIII ZR 157/03 –) entschieden habe, sei es mit Blick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit regelmäßig zulässig, dass die Parteien eines Mietvertrags über eine – zum Zeitpunkt der Abrede – preisgebundene Wohnung eine Staffelmiete für die Zeit nach Beendigung der Preisbindung vereinbarten. An dieser Rechtsprechung halte der BGH fest.
Der BGH hatte diese Ansicht unter anderem seinerzeit damit begründet, dass die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung dem im Zusammenhang mit der erstmaligen Einführung einer Staffelmiete zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Vermieter Planungssicherheit zu verschaffen (BT-Drucks. 9/2079, S. 9), Rechnung trage. Wenn der Vermieter anderenfalls darauf verwiesen würde, dass er erst nach Ablauf der Mietpreisbindung eine Einigung mit dem Mieter über eine Staffelmiete erzielen dürfe – bestünde die Preisbindung trotz rechtlicher Beendigung tatsächlich noch eine gewisse Zeitlang weiter.
Dass diese Rechtslage – wie im vorliegenden Fall – zu extrem hohen Mietsteigerungen führen könne, sei vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden. Er habe – indem er die Vereinbarung einer Staffelmiete unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat – zugunsten einer damit einhergehenden Planungssicherheit für beide Mietparteien (vgl. BT-Drucks. 9/2079, S. 9) Mietsteigerungen erlaubt, die der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB nicht unterlägen, sondern lediglich im Fall des Mietwuchers (§ 291 Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder der ordnungswidrigen Mietpreisüberhöhung (§ 5 WiStG) nach § 134 BGB nichtig seien (vgl. BT-Drucks. 9/2079, aaO; 14/4553, S. 53). Gemäß der seit dem 1. Juni 2015 geltenden Rechtslage könnten – den Schutz des Mieters erweiternd – die jeweiligen Mietstaffeln außerdem nach § 557 a Abs. 4 BGB wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556 d ff. BGB) unwirksam sein.
Dass vorliegend die Mietstaffeln gegen diese mieterschützenden Vorschriften verstießen, habe die Mieterin nicht geltend gemacht.
Hinweis:
Die Mietpreisbremse gilt für alle Wohnungsarten. Einzige Ausnahme: Sie gilt nicht für die öffentlich geförderten sogenannte Sozialwohnungen, bei denen die Miete sich nach dem Kostenmietprinzip bemisst (AG Kreuzberg vom 15.9.2023 – 14 C 142/23 –). Andere öffentliche Förderungen (z.B. bei Modernisierungen) hindern die Anwendung der Mietpreisbremse nicht. Kriterium ist allein, ob die Wohnung den §§ 557 ff. BGB unterfällt. So unterliegen auch sogenannte Sozialwohnungen, die – wie im obigen Fall – nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, der Mietpreisbremse.
04.06.2024