Zum Nachweis der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei der Hausreinigung.
AG Wedding vom 5.1.2023 – 17 C 592/21 –,
mitgeteilt von RA Ulrich Kernen
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Für die Hausreinigung des gesamten Hauses waren folgende Beträge angefallen und dem Mieter anteilig in Rechnung gestellt worden:
2019: 2.375,58 Euro brutto
2020: 2.930,06 Euro brutto
Dem Mieter erschienen die Kosten überhöht. Nach Einsichtnahme in die jeweiligen Belege forderte er Rückzahlung der seinerzeit unter Vorbehalt gezahlten auf seine Wohnung entfallenden Reinigungskosten. Da der Vermieter dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob der Mieter Klage auf Rückzahlung derjenigen Beträge, die gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstießen. Er bezifferte die Summen aus der Differenz zwischen den Abrechnungskosten und dem Betrag eines von ihm eingeholten günstigeren Angebotes.
Der Mieter hatte nämlich zwischenzeitlich Vergleichsangebote für Hausreinigungsleistungen des Objektes von drei Dienstleistern eingeholt. Die Dienstleister boten auf Grundlage der Bedingungen des Vertrags der vom Vermieter beauftragten Reinigungsfirma die Hausreinigungsleistungen zu einem Preis von jeweils
1. 1.963,50 Euro brutto
2. 2.201,50 Euro brutto
3. 2.427,60 Euro brutto
an.
Das Amtsgericht hielt die Klage des Mieters für begründet und verurteilte den Vermieter antragsgemäß.
Der Vermieter habe gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten (§§ 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 560 Abs. 5 BGB) verstoßen und damit eine mietvertragliche Nebenpflicht (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 243/06 –) verletzt.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot verlange vom Vermieter, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen, damit der Mieter nur mit solchen Betriebskosten belastet werde, die erforderlich und angemessen seien (BGH, Urt. v. 6.7.2011 – VIII ZR 340/10 –).
Dabei obliege es vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Regelung der Organisationskompetenz des Vermieters, ob er selbst tätig werde oder die Aufgaben durch Angestellte oder selbstständige Unternehmer erledigen lasse. Doch müsse er beim Abschluss von Verträgen, durch die laufende Kosten entstehen, ebenfalls das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. So sei er gehalten, die durch Beauftragung Dritter entstehenden Betriebskosten der Höhe nach soweit wie möglich und zumutbar zu begrenzen.
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sei vom Standpunkt eines vernünftigen Vermieters auszugehen, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behalte. Der Vermieter sei unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit von Betriebs- bzw. Nebenkosten zwar nicht stets gehalten, die billigste Lösung zu wählen; andere Kriterien, wie bspw. die Zuverlässigkeit des Vertragspartners, dürften in die Entscheidungsfindung einfließen (BGH, Urt. v. 13.10.2010 – XII ZR 129/09 –). Entscheide sich der Vermieter jedoch für eine vergleichsweise teurere Art der Bewirtschaftung, ohne dass Gründe für deren Erforderlichkeit ersichtlich seien, liege darin ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Durch Vorlegung von drei preiswerteren Vergleichsangeboten für Hausreinigungsleistungen für das Objekt genüge der Mieter vorliegend seiner Darlegungslast hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Das Vorlegen von Vergleichsangeboten durch den Mieter sei zur Darlegung geeignet, dass die streitgegenständlichen Hausreinigungsleistungen zu einem deutlich geringeren Preis zu beschaffen gewesen wären. Es liege eine erhebliche, über den Ermessensspielraum des Vermieters hinausgehende Preisdifferenz vor.
Zwei der drei vom Mieter vorgelegten Vergleichsangebote seien preiswerter als das vom Vermieter bezuschlagte Angebot. Die Differenz betrage bei diesen beiden Angeboten mehr als
5 % bzw. mehr als 15 % (bezogen auf den Brutto-Betrag). Bei der Beurteilung der Vergleichsangebote aus dem Jahr 2021 als Darlegung eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Jahr 2019 sei zudem die inflationelle Preissteigerung in den Jahren 2019 bis 2021 zu berücksichtigen ist.
Der Vermieter habe auch nicht ausreichend dargelegt, inwiefern das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Ausschreibung der Hausreinigungsleistung Beachtung gefunden hat. Insbesondere sei die Behauptung, dass die Vergleichsangebote des Mieters hinsichtlich Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit, preislicher Vergleichbarkeit und Anforderungen an den Vergabemindestlohn nicht mit dem Angebot der letztlich beauftragten Firma vergleichbar seien, nicht hinreichend substantiiert. Denn die jeweilige Bezugnahme in den mieterseitigen Vergleichsangeboten auf Vertragsbedingungen und Leistungsverzeichnis des Vertrags des Vermietersspreche gerade für eine Vergleichbarkeit.
Der Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz begründe einen Schadensersatzanspruch, der darauf gerichtet sei, den Mieter von der Umlegung nicht erforderlicher Kosten freizustellen. Der Mieter habe durch Vorlage des Vergleichsangebotes dargelegt, dass für die Hausreinigung des Objektes lediglich Kosten in Höhe von 1.963,50 Euro/Jahr erforderlich waren. Das ergebe umgerechnet auf die Wohnung einen Betrag von 1.963,50 Euro ÷ 1.023,44 m² (Gesamtwohnfläche) × 130,00 m² (Individualwohnfläche) = 249,41 Euro.
Dem Mieter in Rechnung gestellt wurden jedoch 2.375,58 Euro ÷ 1.023,44 m² (Gesamtwohnfläche) × 130,00 m² (Individualwohnfläche) = 301,75 Euro auf der Grundlage von tatsächlichen Hausreinigungskosten des Objektes im Jahr 2019 in Höhe von 2.375,58 Euro. Damit könne der Mieter vom Vermieter die nicht erforderlichen Kosten in Höhe von 301,75 Euro – 249,41 Euro = 52,34 Euro für die Hausreinigung im Jahr 2019 herausverlangen.
Der Mieter habe darüber hinaus entsprechend den Ausführungen zum Abrechnungsjahr 2019 auch für das Abrechnungsjahr 2020 einen Anspruch auf Zahlung von 122,77 Euro gegen den Vermieter.
Anmerkung:
Diese geradezu lehrbuchartige Ahndung von Wirtschaftlichkeitsverstößen des Vermieters durch den Mieter scheitert in der Praxis leider oftmals daran, dass Mieter die erforderlichen Vergleichsangebote von Fremdfirmen nicht – oder jedenfalls nicht kostengünstig – bekommen können.
Urteilstext
Zum Nachweis der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei der Hausreinigung.
AG Wedding vom 5.1.2023 – 17 C 592/21 -, mitgeteilt von RA Ulrich Kernen
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Betriebskostenzahlungen in Anspruch.
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten im Haus xxx in 13359 Berlin.
Die Parteien vereinbarten gem. § 3 des Mietvertrages vom 13.08.2009, dass der Kläger die Betriebskosten trägt.
…
Der Kläger beglich die von der Beklagten jeweils in Rechnung gestellten Betriebskosten für die Jahre 2019 und 2020. Die Parteien streiten über eine Verletzung des Gebots der Wirtschaftlichkeit der Betriebskosten in den Jahren 2019 und 2020 durch die Beklagte und sich daraus ergebende Rückzahlungsansprüche des Klägers.
Das Objekt stellt eine Wirtschaftseinheit der Beklagten mit einer Gesamtwohnfläche von 1.023,44 m² dar. Die Wohnung des Klägers hat eine Wohnfläche von 130,00 m². Die Beklagte ließ als öffentlich-rechtliche Auftraggeberin die Hausreini-gungsleistungen zum 01.5.2019 neu ausschreiben. Als Ergebnis der Ausschreibung beauftragte die Beklagte für die Hausreinigung des Objektes mit Vertrag vom 29.04./15.05.2019 die R.- GmbH. Die Kosten für Hausreinigungsleistungen betrugen für das Objekt in den Jahren 2018-2020:
2018: 1.774,13 € brutto (mit Glasreinigung)
2019: 2.375,58 € brutto (ohne Glasreinigung)
2020: 2.930,06 € brutto (ohne Glasreinigung)
Die Beklagte gewährte dem Kläger auf sein Verlangen am 20.7.2021 und 30.9.2021 Einsicht in die Belege zu den Kosten der Hausreinigung für das Jahr 2019. Dem Kläger wurde dabei der Vertrag vom 29.4./15.5.2019 ohne die zum Vertrag gehörenden Anlagen (Objektliste und Preisblätter) vorgelegt. Der Kläger forderte daraufhin mit Schreiben vom 1.10.2021 den ihm durch die Beklagte in Rechnung gestellten Betrag für die Hausreinigung i.H.v. 304,27 € unter Fristsetzung zum15.10.2021 zurück. Die Beklagte wies die Forderung zurück und zahlte nicht. Der Kläger erhob deshalb mit Klage-schrift vom 10.11.2021 Klage. Diese wurde der Beklagten am 06.12.2021 zugestellt.
Der Kläger holte zudem Ende 2021 Vergleichsangebote für Hausreinigungsleistungen des Objektes von drei Dienstleis-tern ein. Die Dienstleister boten auf Grundlage der Vertragsbedingungen des Vertrags vom 29.4./15.5.2019 die Hausreinigungsleistungen zu einem Preis von jeweils
1. 1.963,50 € brutto (ohne Glasreinigung)
2. 2.201,50 € brutto (ohne Glasreinigung)
3. 2.427,60 € brutto (ohne Glasreinigung) an.
Nachdem der Kläger am 28.4.2022 in die Belege für die Betriebskosten des Jahres 2020 Einsicht genommen hatte, hat er mit Schriftsatz vom 3.5.2022 seinen Klageantrag, der sich ursprünglich nur auf die Betriebskosten für das Jahr 2019 bezog, hinsichtlich der Betriebskosten für das Jahr 2020 erweitert. Dieser Schriftsatz ist der Beklagten am 10.5.2022 zugestellt worden. Ursprünglich begehrte der Kläger im Hinblick auf die Betriebskosten für das Jahr 2019 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 304,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2021 zu zahlen. Die Parteien haben jedoch übereinstimmend den Rechtsstreit im Hinblick auf die Betriebskosten für das Jahr 2019 in Höhe von 251,93 € nebst anteiliger Zinsen mit Schreiben des Klägers vom 7.2.2022 und Schreiben der Beklagten vom 10.3.2022 für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 52,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2021 und 122,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung seines Schriftsatzes vom 3.5.2022 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bringt vor, dass die neue Ausschreibung der Hausreinigungsleistungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Die dabei erfolgte Aufteilung der Aufträge in große, mittlere und kleinere Lose sei zulässig gewesen. Sie sei insbesondere nicht verpflichtet, jede Wirtschaftseinheit einzeln auszuschreiben. Zudem erfüllten die klägerischen Vergleichsangebote die Zuschlagskriterien, welche für eine Vergabe von öffentlichen Aufträgen vorgeschrieben sind, nicht.
…
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht Wedding ist gem. § 23 Nr. 2 lit. a) GVG sachlich und gem. § 29a Abs. 1 ZPO örtlich zuständig.
Die Zulässigkeit der nachträglichen Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 3.5.2022 um 122,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 3.5.2022 folgt aus §§ 260, 263, 267 ZPO.
II.
Die Klage ist begründet.
1.
Der Kläger hat für das Abrechnungsjahr 2019 einen Anspruch auf Zahlung von 52,34 € gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 560 Abs. 5 BGB wegen Verstoßes gegen das Gebot der Wirt-schaftlichkeit von Betriebskosten.
a)
Zwischen den Parteien besteht ein Wohnraummietverhältnis. Der Kläger trägt gem. § 3 des Mietvertrages vom 13.8.2009 die Betriebskosten, § 556 Abs. 1 S. 1 BGB.
b)
Die Beklagte hat gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten (§§ 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 560 Abs. 5 BGB) verstoßen und damit eine mietvertragliche Nebenpflicht (vgl. BGH, Urt. v. 28. 11. 2007 – VIII ZR 243/06, NJW 2008, 440) verletzt.
aa)
Das Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Vermieter, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen, damit der Mieter nur mit solchen Betriebskosten belastet wird, die erforderlich und angemessen sind (BGH, Urt. v. 6.7.2011 – VIII ZR 340/10, NJW 2011, 3028; BeckOK BGB/Wiederhold, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 556 Rn. 106).
Dabei obliegt es vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Regelung der Organisationskompetenz des Vermieters, ob er selbst tätig wird oder die Aufgaben durch Angestellte oder selbstständige Unternehmer erledigen lässt (MüKoBGB/Zehelein, 8. Aufl. 2020, BGB § 556 Rn. 121). Doch muss dieser beim Abschluss von Verträgen, durch die laufende Kosten entstehen, ebenfalls das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. So ist er gehalten, die durch Beauftragung Dritter entstehenden Betriebskosten der Höhe nach soweit wie möglich und zumutbar zu begrenzen (BeckOK BGB/Wiederhold, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 556 Rn. 107).
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist vom Standpunkt eines vernünftigen Vermieters auszugehen, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (MüKoBGB/Zehelein, 8. Aufl. 2020, BGB § 556 Rn. 113). Der Vermieter ist unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit von Betriebs- bzw. Nebenkosten zwar nicht stets gehalten, die billigste Lö-sung zu wählen; andere Kriterien, wie bspw. die Zuverlässigkeit des Vertragspartners, dürfen in die Entscheidungsfindung einfließen (BGH, Urt. v. 13.10.2010 – XII ZR 129/09, NZM 2010, 864). Entscheidet sich der Vermieter jedoch für eine vergleichsweise teurere Art der Bewirtschaftung, ohne dass Gründe für deren Erforderlichkeit ersichtlich sind, liegt darin ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
bb)
Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ist gegeben.
Zwar genügt der Verweis des Klägers auf geringere Kosten in der Abrechnung für das Jahr 2018 zur Darlegung eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht, weil Bezugspunkt für das Wirtschaftlichkeitsgebot allein die gegen-wärtige Abrechnung ist (Ludley, NZM 2011, 417, 420; Hinz, NZM 2012, 137, 140; vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2010 – VIII ZR 137/09, NZM 2010, 274; a.A. noch KG, Urt. v. 12. 1. 2006 – 12 U 216/04, NZM 2006, 294).
Durch Vorlegung von drei preiswerteren Vergleichsangeboten für Hausreinigungsleistungen für das Objekt genügt der Kläger jedoch seiner Darlegungslast hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
(1)
Nach den Grundsätzen der Darlegungslast genügt der Mieter dieser im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot noch nicht, wenn er lediglich pauschal behauptet, dass die fraglichen Leistungen zu überhöhten Preisen beschafften worden seien. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung, dass gleichwertige Leistungen nach den örtlichen Gegebenheiten zu einem deutlich geringeren Preis zu beschaffen gewesen wären (BGH, Urt. v. 17.12.2014 – XII ZR 170/13, NZM 2015, 132 Rn. 13). Allerdings dürfen auch nicht zu hohe Anforderungen an die dem Mieter obliegende Darlegung der Umstände, die für einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sprechen, gestellt werden. Durch diese muss das Gericht noch nicht zur Überzeugung der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen kommen (BGH, Urt. v. 17.12.2014 – XII ZR 170/13, NZM 2015, 132 Rn. 13).
(2)
Das Vorlegen von Vergleichsangeboten durch den Kläger ist vorliegend zur Darlegung geeignet, dass die streitgegenständlichen Hausreinigungsleistungen zu einem deutlich geringeren Preis zu beschaffen gewesen wären. Es liegt eine erhebliche, über den Ermessensspielraum des Vermieters hinausgehende Preisdifferenz vor. Zwei der drei vom Kläger vorgelegten Vergleichsangebote waren preiswerter als das von der Beklagten bezuschlagte Angebot. Die Differenz betrug bei diesen beiden Angeboten mehr als 5 % bzw. mehr als 15 % (bezogen auf den Brutto-Betrag). Bei der Beurteilung der Vergleichsangebote aus dem Jahr 2021 als Darlegung eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Jahr 2019 ist zudem die inflationelle Preissteigerung in den Jahren 2019 bis 2021 zu berücksichtigen ist. Für die Erheblichkeit der Preisdifferenz spricht auch, dass es sich bei den Hausreinigungsleistungen um wiederkehrend anfallende Betriebskosten handelt.
(3)
Für die klägerische Darlegung der Unwirtschaftlichkeit der Betriebskosten ist es entgegen der Ansicht der Beklagten ausreichend, dass sich die eingeholten Vergleichsangebote nur auf das Objekt und nicht etwa auf das gesamte durch die Beklagte gebildete Los beziehen. Durch ein solches Erfordernis würden die Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters unzulässigerweise überspannt.
(a)
Gegen das Erfordernis der Einholung von Vergleichsangeboten in Bezug auf das gesamte Los spricht schon, dass die dafür erforderlichen Angaben (Objektliste mit Quadratmeterangaben) für den Kläger nicht verfügbar sind und auch durch die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt werden.
(b)
Weiterhin reichen die Vergleichsangebote zu dem Objekt aus, die Unwirtschaftlichkeit des Handelns der Beklagten bei Abschluss des Vertrags für das gesamte Los darzulegen.
Es entspricht einerseits der allgemeinen Lebenserfahrung, dass für einen Auftrag mit größerem Leistungsumfang eher ein Rabatt gewährt wird als für einen Auftrag mit niedrigerem Leistungsumfang. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist deshalb davon auszugehen, dass die vorliegenden Vergleichsangebote den Schluss zulassen, dass auch in Bezug auf weitere Objekte die Einholung preiswerterer Angebote möglich ist.
Andererseits steht es zur Disposition der Beklagten, die auszuschreibenden Lose so zu verkleinern, dass auch kleinere Dienstleister ein Angebot abgeben können. Ausfluss des Wirtschaftlichkeitsgebots ist die Pflicht, die durch Beauftragung Dritter entstehenden Betriebskosten der Höhe nach soweit wie möglich und zumutbar zu begrenzen (BeckOK BGB/Wiederhold, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 556 Rn. 107). Diese ist auch bei der Ausschreibung von Hausreinigungsleis-tungen zu beachten. In diesem Rahmen kann von der Vermieterin verlangt werden, die zur Ausschreibung gewählten Losgrößen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Insofern kann sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Pflicht zur Anpassung der Losgrößen und ggfs. separaten Ausschreibung von Hausmeisterleistungen für jede Wirtschaftseinheit ergeben, wenn dadurch eine erhebliche Senkung der Betriebskosten zu erwarten ist.
cc)
Die Beklagte hat einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht hinreichend substantiiert bestritten.
Die Anforderungen an den Umfang der erforderlichen Substanziierung nach § 138 Abs. 2 ZPO richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei; je detaillierter der Vortrag der behauptenden darlegungsbelasteten Partei ist, desto höher ist die Erklärungslast (BHG NJW 2015, 468, BGH NJW-RR 2017, 842).
Der Kläger hat durch seinen Vortrag substantiiert dargelegt, dass jedenfalls bei einer gesonderten Vergabe des Auftrags zur Hausreinigung des Objekts eine erhebliche Senkung der Betriebskosten erreichbar gewesen wäre.
(1)
Die Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, inwiefern das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Ausschreibung der Hausrei-nigungsleistung Beachtung gefunden hat. Der pauschale Verweis der Beklagten auf die Bildung von Losen unterschiedlicher Größe und die Möglichkeit der Bieter, Bietergemeinschaften zu bilden oder Subunternehmer zu beauftragen, ist nicht ausreichend. Angesichts der klägerischen Vergleichsangebote hat die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, inwiefern gerade diese Maßnahmen zur möglichst kostengünstigen Beauftragung geeignet waren.
(2)
Die Beklagte hat insbesondere auch keine finanziellen oder sonstigen im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots beachtli-chen Gründe, die gegen die Wahl kleinerer Losgrößen bei der Ausschreibung sprechen, vorgetragen. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass für das Objekt eine wirtschaftlichere Vergabe des Auftrags zur Hausreinigung möglich gewesen wäre. Der pauschale Verweis, dass das fragliche Los bereits das kleinste der insgesamt 13 Lose im Vergabeverfahren gewesen ist, ist nicht ausreichend.
(3)
Die Behauptung der Beklagten, dass die klägerischen Vergleichsangebote die Zuschlagskriterien, welche für eine Vergabe von öffentlichen Aufträgen vorgeschrieben sind, erfüllen, ist nicht hinreichend substantiiert. Die Beklagte hat insbesondere nicht dargelegt, welche Zuschlagskriterien nicht erfüllt wären.
Auch die Behauptung, dass die klägerischen Vergleichsangebote hinsichtlich Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit, preislicher Vergleichbarkeit und Anforderungen an den Vergabemindestlohn nicht mit dem Angebot der letztlich beauftragten Firma vergleichbar seien, ist nicht hinreichend substantiiert. Die jeweilige Bezugnahme in den klägerischen Ver-gleichsangeboten auf Vertragsbedingungen und Leistungsverzeichnis des Vertrags vom 29.04./15.05.2019 der Beklagten spricht gerade für eine Vergleichbarkeit.
c)
Die Beklagte hat den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu vertreten. Das Vertretenmüssen wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
d)
Der Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz begründet einen Schadensersatzanspruch, der darauf gerichtet ist, den Mieter von der Umlegung nicht erforderlicher Kosten freizustellen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.3.2013 – I-24 U 115/12, NJOZ 2014, 248; MüKoBGB/Zehelein, 8. Aufl. 2020, BGB § 556 Rn. 125).
Die Klägerin hat durch Vorlage des Vergleichsangebotes vom 17.11.2021 dargelegt, dass für die Hausreinigung des Objektes (ohne Glasreinigung) lediglich Kosten in Höhe von 1.963,50 €/Jahr erforderlich waren. Das ergibt umgerechnet auf die klägerische Wohnung einen Betrag von
1.963,50 € / 1.023,44 m² (Gesamtwohnfläche) * 130,00 m² (Individualwohnfläche) = 249,41 €
Dem Kläger in Rechnung gestellt wurden jedoch
2.375,58 € / 1.023,44 m² (Gesamtwohnfläche) * 130,00 m² (Individualwohnfläche) = 301,75 €
auf der Grundlage von tatsächlichen Hausreinigungskosten des Objektes im Jahr 2019 (ohne Glasreinigung) in Höhe von 2.375,58 €. Damit kann der Kläger von der Beklagten die nicht erforderlichen Kosten in Höhe von
301,75 € – 249,41 € = 52,34 €
für die Hausreinigung (ohne Glasreinigung) im Jahr 2019 herausverlangen.
2.
Der Kläger hat entsprechend den Ausführungen zum Abrechnungsjahr 2019 auch für das Abrechnungsjahr 2020 einen Anspruch auf Zahlung von 122,77 € gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 560 Abs. 5 BGB wegen Verstoßes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten.
Dem Kläger wurden
2.930,06 € / 1.023,44 m² (Gesamtwohnfläche) * 130,00 m² (Individualwohnfläche) = 372,18 €
für die Hausreinigung (ohne Glasreinigung) im Jahr 2020 in Rechnung gestellt. Damit kann der Kläger den Differenzbetrag zu den erforderlichen Kosten in Höhe von
372,18 € – 249,41 € = 122,77 €
herausverlangen.
3.
Die Zinsentscheidung folgt für das Abrechnungsjahr 2019 aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
a)
Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 1.10.2021 ist eine wirksame Mahnung.
Dass der Kläger in diesem Schreiben die Zahlung von 304,27 € verlangte, also von der Beklagten die Zahlung eines höheren als des geschuldeten Betrages forderte, steht dem nach den Grundsätzen der Wirksamkeit der sog. Zuvielmahnung nicht entgegen.
Die Prüfung, ob eine Zuvielforderung zur Unwirksamkeit einer Mahnung führt, erfordert eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben vorzunehmende Würdigung, ob der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (BGH, Urt. v. 5. 10. 2005 – X ZR 276/02, NJW 2006, 769).
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass aus Sicht der Beklagten der Kläger bei entsprechender Belegvorlage nicht auch zur Annahme des geringeren, tatsächlich geschuldeten Betrags bereit war. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die richtige Bezifferung des geschuldeten Betrags dem Kläger wegen Umständen, die nicht allein seiner Sphäre zuzurechnen sind, nicht möglich war. Mangels Vorlage der Objektliste zum Vertrag vom 29.4./15.5.2019 konnte der Kläger diesen nicht sicher dem Objekt zuordnen.
b)
Die Beklagte befindet sich mit Ablauf der vom Kläger gesetzten Zahlungsfrist zum 15.10.2021 seit dem 16.10.2021 in Zahlungsverzug.
4.
Die Zinsentscheidung folgt für das Abrechnungsjahr 2020 aus §§ 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Beklagte auch die Kosten des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits zu tragen hat.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
27.06.2024