Zur Frage der Wirksamkeit einer Kündigung, die von der Verwaltung ohne Bezugnahme auf den Vermieter bzw. eine entsprechende Vertretung ausgesprochen wird.
AG Mitte vom 28.9.2023 – 25 C 32/23 –,
mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Wegen angeblicher Mietrückstände kündigte die Hausverwalterin des Wohnobjekts das Mietverhältnis mit dem Mieter fristlos. Das Schreiben enthielt im Briefkopf die Firma und die Anschrift der Hausverwalterin und war von dieser persönlich unterschrieben. In dem Schreiben hieß es auszugsweise:
„Wegen dieses Zahlungsverzugs kündigen wir das Mietverhältnis über die Wohnung … außerordentlich und fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB.“
Im Räumungsprozess ging das Amtsgericht gar nicht näher auf das Vorliegen von Kündigungsgründen ein, sondern wies die Klage ab, weil es der Kündigung an der notwendigen Form gefehlt habe.
Die Kündigung sei gemäß § 568 Abs. 1 BGB unwirksam und habe das Mietverhältnis deswegen nicht beendet.
Nach § 568 Abs. 1 BGB bedürfe die Kündigung des Mietverhältnisses der schriftlichen Form. Werde die Form nicht eingehalten, sei die Kündigung nichtig, § 125 Satz 1 BGB.
Notwendiges Element der Schriftform sei es, dass der Kündigungsberechtigte sich aus der Urkunde ergebe. Deshalb müsse ein Vertreter sein Handeln in fremdem Namen nicht nur irgendwie offenkundig i.S.v. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB machen, das Vertreterhandeln müsse sich vielmehr in der Urkunde wiederfinden. Eine verdeckte Stellvertretung sei unzulässig. Ob dem Mieter die Stellvertretung bekannt sei, sei unerheblich.
Dem Kündigungsschreiben sei der Berechtigte zur Kündigung nicht zu entnehmen.
Der Kündigung lasse sich die Tatsache, dass die Hausverwalterin als berechtigte Vertreterin handelt, an keiner Stelle entnehmen. Insbesondere genüge die Verwendung des Plurals „wir“ nicht. Der Kopf des Schreibens laute auf die Firma der Hausverwalterin, die das Schreiben auch eigenhändig unterschrieben hatte. Weder finde sich ein Vertretungszusatz, noch lasse sich die Tatsache der Stellvertretung ansonsten dem Schreiben entnehmen. Es finde sich kein auf den Vermieter lautendes Vertragsrubrum oder eine mit „Vermieter“ unterschriebene Unterschriftzeile.
Eine weitere, formell wirksame Kündigung sei nicht erklärt worden. Auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes komme es deswegen schon nicht mehr an.
Urteilstext
Zur Frage der Wirksamkeit einer Kündigung, die von der Verwaltung ohne Bezugnahme auf den Vermieter bzw. eine entsprechende Vertretung ausgesprochen wird.
AG Mitte vom 28.9.2023 – 25 C 32/23 –
Tatbestand
Der Beklagte ist mit Mietvertrag vom 3.11.2000 Mieter im 2. Obergeschoss des Vorderhauses links gelegene Wohnung auf dem …
Der Kläger ist Vermieter.
Vereinbart ist in § 4 des Mietvertrages ein monatlicher Mietzins i.H.v. 292,12 € zzgl. Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 98,00 € und Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlung i.H.v. 60,00 €. Gem. § 5 des Mietvertrages ist der Mietzins monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag an den Vermieter zu entrichten. …
Im Zeitraum 2017- 2021 leistete der Beklagte die geschuldete Miete nicht zum 3. Werktag des jeweiligen Monats, wes-wegen der Beklagte ihn u. a. am 10.10.2017, 13.05.2020, 17.10.2020 und 18.05.2021 zur Zahlung mahnte. In den Monaten September und Oktober 2021 nahm der Beklagte zunächst gar keine Zahlungen des Mietzinses vor.
Mit Schreiben vom 5.10.2021 kündigte die Hausverwalterin des Wohnobjekts das Mietverhältnis mit dem Beklagten frist-los zum 5.11.2021 und vorsorglich ordentlich zum 31.1.2022. Das Schreiben enthält im Briefkopf die Firma und die Anschrift der Hausverwalterin und ist von dieser persönlich unterschrieben. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
„Wegen dieses Zahlungsverzugs kündigen wir das Mietverhältnis über die Wohnung … außerordentlich und fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB.“
…
Am 7.10.2021 veranlasste der Beklagte die Zahlung des rückständigen Mietzinses i.H.v. insgesamt 900,24 EUR per Bank-Überweisung.
Der Kläger ist der Ansicht, das Mietverhältnis mit dem Beklagten sei durch die schriftliche Kündigung vom 5.10.2022 wirksam beendet worden und die Kündigung als ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs begründet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung bestehend aus vier Zimmern, eine Küche nebst Speisekammer, eine Diele, ein Bad mit WC, ein Balkon und Keller zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, die fristlose Kündigung sei durch Ausgleich des Mietzinsrückstands unwirksam geworden sei. Im Hinblick auf die ordentliche Kündigung lägen die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vor.
…
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zu, § 546 BGB, denn die Kündigung vom 5.10.2021 ist gemäß § 568 Abs. 1 BGB unwirksam und hat das Mietverhältnis deswegen nicht beendet.
Es gilt im Einzelnen:
Nach § 568 Abs. 1 BGB bedarf die Kündigung des Mietverhältnisses der schriftlichen Form. Wird die Form nicht eingehalten, ist die Kündigung nichtig, § 125 S. 1 BGB (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 568 Rn. 14).
Notwendiges Element der Schriftform ist es, dass der Kündigungsberechtigte sich aus der Urkunde ergibt. Deshalb muss ein Vertreter sein Handeln in fremdem Namen nicht nur irgendwie offenkundig i.S.v. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB machen, das Vertreterhandeln muss sich vielmehr in der Urkunde wiederfinden. Eine verdeckte Stellvertretung ist unzulässig. Ob dem Mieter die Stellvertretung bekannt ist, ist unerheblich (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 568 Rn. 19; Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, 7. Aufl. 2023, BGB § 568 Rn. 12).
Dem Kündigungsschreiben vom 5.10.2021 ist der Berechtigte zur Kündigung nicht zu entnehmen
Der Kündigung lässt sich die Tatsache, dass die Hausverwalterin als berechtigte Vertreterin handelt, an keiner Stelle entnehmen. Insbesondere genügt die Verwendung des Plurals „wir“ nicht (LG Düsseldorf v. 17. 11. 1992, Az. 24 S 299/92, FHZivR 39 Nr. 4585, beck-online). Der Kopf des Schreibens lautet auf die Firma der Hausverwalterin, die das Schreiben auch eigenhändig unterschreibt. Weder findet sich ein Vertretungszusatz, noch lässt sich die Tatsache der Stellvertretung ansonsten dem Schreiben entnehmen. Anders als in den vom Bundesgerichtshof zum Abschluss des Mietvertrages und zur Schriftform gemäß § 550 BGB entschiedenen Fällen (vgl. für viele: BGH, Urt. v. 4.11.2009, XII ZR 86/07, NJW 2010, 1453) findet sich eben kein auf den Vermieter lautendes Vertragsrubrum oder eine mit „Vermieter“ unterschriebene Unterschriftzeile.
Eine weitere, formell wirksame Kündigung, ist nicht erklärt worden. Auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes kommt es deswegen schon nicht mehr an.
Da der Schriftsatz der beklagten Partei vom 6.09.2023 keinen erheblichen neuen Sachvortrag enthielt, war der klagenden Partei – trotz ihres Antrages – keine weitere Frist zur Erklärung darauf zu gewähren.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
27.06.2024