Angela Merkels Name wird vermutlich nicht auf dem Klingeltableau ihres Wohnhauses stehen. Frauen, die von ihrem (Ex-)Partner bedroht werden oder Opfer von Stalking sind, müssen ebenfalls darauf achten, ihre Identität geheim zu halten. Können Mieter:innen verlangen, dass ihr richtiger Name auf dem Klingelschild entfernt wird?
Beim Berliner Mieterverein erlebt man immer mal wieder, dass Mieter:innen Ärger bekommen, weil sie einen falschen Namen auf das Klingelschild geschrieben haben. Häufig wird dann eine nicht genehmigte Untervermietung vermutet. So war es auch bei einer Mieterin, die in ihrer Wohnung schon einmal überfallen worden war und aus Sicherheitsgründen einen zweiten, männlichen Namen auf das Klingelschild schrieb. Prompt kündigte ihr die Hausverwaltung fristlos wegen angeblicher Untervermietung. Dass solche Fälle mitunter sogar vor Gericht landen, sei ein Unding, findet BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels. „Am besten ist es natürlich, die Hausverwaltung vorher zu informieren“, lautet sein Rat. Wer einen triftigen Grund hat, kann darauf bestehen, dass auf dem Klingelschild nicht zu sehen ist, wer dort wohnt.
Dabei muss man erst einmal nicht ins Detail gehen. Der Hinweis auf Sicherheitsbedenken genügt. Wenn die Hausverwaltung das nicht akzeptiert, sollte das weitere Vorgehen in der Mietrechtsberatung besprochen werden.
Rechtsprechung zu diesem Thema gibt es kaum. Das Amtsgericht Schöneberg urteilte 1990, dass der Mieter die Beschriftung der Klingelanlage mit seinem Namen nicht zu dulden hat (AG Schöneberg vom 7. Mai 1990 – 8 C 114/90 ). In diesem Fall ging es um einen Mieter, der im gleichen Haus auch ein Gewerbe betrieb. Weil er in seinem Laden bereits mehrfach bedroht worden war, wollte er durchsetzen, dass der Vermieter sein Namensschild auf dem Klingeltableau des Hauses entfernt. Das wollte der Vermieter nicht hinnehmen. Er argumentierte, dass ein Miethaus einem gewissen Ordnungsprinzip unterliege und zu dem gehöre unter anderem, dass kenntlich gemacht wird, wer wo im Hause wohnt und erreichbar sei. Der Mieter berief sich dagegen auf seine Persönlichkeitsrechte. Der Bereich privater Lebensgestaltung schließe das Recht auf Wahrung der Namensanonymität ein. Das Gericht folgte der Argumentation des Mieters. Mittels Namensschildern den privaten Aufenthaltsbereich für Dritte gegen den Willen des Betroffenen kenntlich zu machen, sei eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts.
Es bestehe weder eine mietvertragliche noch eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die Beschriftung zu dulden.
Eigenmächtig vorzugehen ist jedoch nicht zu empfehlen. So entschied das Amtsgericht Köln: Versehen Mieter ihr Klingelschild mit einem falschen Namen, so müssen sie damit rechnen, dass sie zur Hälfte die Kosten dafür zahlen müssen, die dem Vermieter dadurch entstehen, wenn er ihnen eine Abmahnung wegen unerlaubter Untervermietung zukommen lässt (AG Köln, 219 C 325/00).
Missverständnisse vermeiden
In dem betreffenden Fall hatte die Mietpartei am Klingelschild den Mädchennamen der Mieterin angebracht. Der Vermieter schickte über seinen Anwalt eine Abmahnung wegen nicht genehmigter Untervermietung. Die Kosten in Höhe von 100 Euro wollte er von den Mieter:innen erstattet bekommen. Das Gericht befand zwar, dass die Abmahnung unberechtigt sei. Dennoch treffe die Mieter:innen ein Mitverschulden, weil sie vom Mietvertrag abweichende Namen angebracht hatten.
Es liegt dann im eigenen Interesse, sicherzustellen, dass man auch ohne Namen vom Paketzusteller oder dem Rettungsdienst gefunden wird, etwa durch eine Wohnungsnummer.
Birgit Leiß
Klingelgate
2018 kam es zu einer Posse, die als „Klingelgate“ durch die Presse ging. Eine Hausverwaltung in Wien ersetzte in ihren 220.000 Wohnungen die Namensschilder gegen Nummern. Der Grund: Ein Mieter hatte sich beschwert, weil er einen Verstoß gegen die gerade in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gewittert hatte. Der Fall schwappte, angeheizt durch den Immobilienverband Haus & Grund und die Boulevardpresse, nach Deutschland über. Verbandspräsident Kai Warnecke befürchtete Bußgelder in Millionenhöhe und empfahl seinen Mitgliedsunternehmen, die Klingelschilder zu entfernen. Schließlich stellten sowohl die Datenschutzbeauftragte des Bundes als auch die EU-Kommission klar: Klingelschilder mit Namen sind kein Verstoß gegen die DSGVO.
bl
07.10.2024