In einem aufwendigen Dialogverfahren zur Zukunft des Tempelhofer Feldes hat sich eine überwältigende Mehrheit des Bürgerbeteiligungsgremiums für die vollständige Freihaltung des ehemaligen Flughafenareals ausgesprochen. Dennoch will der Senat am Bebauungswettbewerb festhalten.
Eigentlich hatte sich der Senat von diesem Bürgerbeteiligungsverfahren Rückenwind für seine Teilbebauungspläne versprochen. Die aus zufällig angeschriebenen Berliner:innen repräsentativ ausgewählten 275 Menschen sollten Empfehlungen für einen planerischen Ideenwettbewerb entwickeln, dessen Start schon fest für November eingeplant war. An zwei vollen Wochenenden beschäftigten sie sich intensiv mit dem Feld und seiner Rolle für die Stadtgesellschaft. Doch das Ergebnis entsprach nicht dem, was die Regierenden sich erhofften. Keine der am Ende abgegebenen Empfehlungen sprach sich für eine Bebauung aus. Die beiden Empfehlungen mit der höchsten Zustimmung: „Bewahrung der weltweit einzigartigen Perle im Herzen Berlins: Keine Bebauung“ und „Schützt Berlins Oase!“
„Sie haben sich sehr intensiv und konstruktiv mit dem Thema auseinandergesetzt“, lobte Bausenator Christian Gaebler (SPD) die Teilnehmenden. „Es wird alles in den weiteren Prozess eingespeist.“ Wenn allerdings im bevorstehenden Wettbewerb die Stadtplaner:innen und Architekt:innen das Bürgervotum ernst nehmen, dann dürfen sie Pläne für die Bebauung jedenfalls nicht machen.
Die Grünen und Linken im Abgeordnetenhaus verlangen deshalb, den Wettbewerb abzusagen. Die Workshops hätten klar gemacht: „Finger weg vom Tempelhofer Feld – der Senat muss das jetzt respektieren“, sagt Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Katalin Gennburg von den Linken unterstreicht: „Die Teilnehmer:innen haben klar erklärt, dass sie die Senatspläne ablehnen.“
Der Umweltverband BUND hat den Rechnungshof eingeschaltet, weil die Berliner Regierung an dem Wettbewerb weiterhin festhalten will, der die Landeskasse zwei Millionen Euro kosten wird. „Der Senat muss seine von Ideologie getriebenen Bebauungspläne endgültig einstampfen“, so BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser. „Bei intensiver Beschäftigung mit den Fakten kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass ein freigehaltenes Tempelhofer Feld den größten Beitrag zur Zukunft Berlins leistet.“
Aus den Senatsparteien kommen jedoch andere Töne. CDU-Stadtentwicklungspolitiker Christian Gräff behauptete gegenüber der taz: „Es ging nicht um die Frage, ob gebaut wird, sondern darum, was.“ Den Dialogteilnehmenden wurde aber ausdrücklich gesagt, dass auch eine Nicht-Bebauung zur Debatte steht. Gaeblers Baustaatssekretär Alexander Slotty (SPD) verteilt derweil schon den Kuchen. Er sprach sich auf einer Veranstaltung der „Immobilien Zeitung“ dafür aus, dass auch private Unternehmen auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen bauen dürfen.
Jens Sethmann
Dokumentation des Dialogverfahrens:
thf-dialog.berlin.de
Initiative 100% Tempelhofer Feld:
thfbleibt.de
29.10.2024