Wer mit seinem Vermieter im Dauerclinch liegt, vielleicht wegen Missständen die Presse eingeschaltet oder gar Strafanzeige gegen ihn gestellt hat, wird gelegentlich mit einer Zerrüttungskündigung konfrontiert. Das Argument: Es sei unzumutbar, ein solch belastetetes Mietverhältnis fortzusetzen. Ist da etwas dran?

Illustration: Julia Gandras
Den Kündigungsgrund Zerrüttung gibt es nicht. Kündigungen im Zusammenhang mit Beleidigungen und gegenseitigen Anschuldigungen fallen unter die „Verhaltensbedingte Kündigung“. Klar ist: Beschimpfungen oder gar tätliche Angriffe gegen den Vermieter oder seine Beauftragten können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dennoch kommt es immer mal wieder vor, dass Mieter:innen damit gedroht wird, ohne dass sie pflichtwidrige Verstöße begangen haben.
So war es auch bei einer Genossenschaftsmieterin, die wegen einer nicht funktionierenden Heizung die Miete gemindert und schließlich vor Gericht gezogen war. Die Gerichte stellten mehrfach klar, dass es keinen Kündigungsgrund darstellt, seine Rechte durchsetzen zu wollen, selbst wenn diese sich letztlich als unberechtigt erweisen (LG Berlin vom 3. Januar 2014 – 65 S 445/13). In diesem Fall ging es unter anderem um eine anonyme Anzeige des Mieters beim Ordnungsamt. Der Mieter, so das Gericht, ist grundsätzlich berechtigt, seine Interessen an der Mietsache so wahrzunehmen, wie er dies für richtig hält. Er darf sich auch mit anderen Mietern zusammenschließen. In der Strafanzeige wegen der nicht funktionierenden Heizung sah das Gericht ebenfalls keinen Kündigungsgrund. Schließlich seien keine „wissentlich unwahren“ oder „leichtfertig falschen Angaben“ gemacht worden.
„Zerrüttung“ allein genügt nicht
Trotzdem muss sich derzeit eine Mieterin einer großen Berliner Baugenossenschaft gegen eine Kündigung zur Wehr setzen. Ihr wird unter anderem ein Artikel im MieterMagazin vorgeworfen, in dem es um Ungereimtheiten in Zusammenhang mit Nebenkostenabrechnungen sowie Auffälligkeiten im Geschäftsbetrieb ging – Behauptungen, die sie belegen kann. Auch die Strafanzeigen gegen Vorstand und Aufsichtsrat werden im Kündigungsschreiben als Beleg für ein massiv gestörtes Vertrauens- und Treueverhältnis angeführt. Unstrittig ist: Eine auf erfundenen Tatsachen beruhende Strafanzeige kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellen (LG Karlsruhe vom 17. Juni 2014 – 9 S 483/13). Das sah auch der Bundesgerichtshof in einer unlängst ergangenen Grundsatzentscheidung so. Einen nachvollziehbaren Verdacht dürfe der Mieter aber ohne Konsequenzen für das Mietverhältnis äußern (BGH vom 8. August 2023 – VIII ZR 234/22). Das gelte auch dann, wenn das Ermittlungsverfahren später eingestellt wird.
Der BGH stellte in einem anderen Urteil zudem klar, dass eine Zerrüttung des Mietverhältnisses allein nicht ausreicht, um eine Kündigung zu begründen. Es müsse immer noch ein pflichtwidriges Verhalten dazukommen (BGH vom 29. November 2023 – VIII ZR 211/22). Ein Mietverhältnis, so ließe sich hinzufügen, ist zwar ein Treueverhältnis. Aber anders als eine Ehe kann es auch fortgeführt werden, wenn das Vertrauen weg ist – solange sich beide Vertragspartner an die Regeln halten.
Birgit Leiß
Rache ist nicht erlaubt
Heikel kann es werden, wenn man den Vermieter nur beschuldigt, um ihm „eins auszuwischen“. Behauptet eine Mieterin gegenüber anderen Mieter:innen wahrheitswidrig, der Vermieter habe sie sexuell belästigt und sei geldgierig, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen (AG München vom 19. März 2015 – 2 C 29251/14). Das gleiche gilt, wenn es nur darum geht, den Vermieter durch ein Schreiben an dessen Baufinanzierer in Misskredit zu bringen (LG Potsdam vom 17. August 2011 – 4 S 193/10).
bl
28.02.2025