Das Berliner „Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ organisiert eine weitere große Demonstration. Am 1. Juni 2024, kurz vor den Wahlen für ein neues EU-Parlament und vor dem großen Branchentreffen des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), will die Mietenbewegung ihre Forderungen auf die Straße tragen.
Als ich Anfang April um 19 Uhr das Plenumstreffen des Berliner Bündnisses gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn erreiche, treffe ich auf eine müde, aber doch ausgelassene Gruppe von rund 25 Menschen. Sie ist zusammengekommen, um für eine gemeinsame Sache tätig zu werden: bezahlbaren Wohnraum für alle. „Die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist alarmierend“, erklärt eine langjährige Aktivistin aus Kreuzberg. „Die Mieten steigen unaufhörlich, während die Löhne stagnieren. Immer mehr Menschen werden aus ihren Wohnungen verdrängt, sei es durch fragwürdige Kündigungen oder die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum. Es ist eine Krise, die niemand mehr ignorieren kann.“
„Zusammenhalten und laut werden“
Die Gruppe trifft sich daher inzwischen jeden zweiten Dienstag hier im Kreuzberger Kiezanker 36, um die bevorstehende Demonstration am 1. Juni 2024 zu planen. Sie trägt die simple Überschrift: „Die Miete ist zu hoch!“ Die Beteiligten kommen aus unterschiedlichen Initiativen, unter ihnen sind langjährige Aktivist:innen aus den Bündnissen Zwangsräumung verhindern, Deutsche Wohnen & Co. enteignen, der Heimstaden-Vernetzung sowie der Vernetzung Berliner Mieter:innen gegen Vonovia, aber auch Menschen aus lokalen aktiven Hausgemeinschaften oder einzelne aktive Mieter:innen – neue Unterstützung ist stets willkommen! Auch wir und andere Vertreter:innen aus Mieterorganisationen sind bei den Vorbereitungen dabei. „Wir müssen zusammenhalten und laut werden“, betont ein Aktivist aus Neukölln.
Im heutigen Plenum treffen wir Absprachen, entwickeln Strategien und planen die nächsten Schritte. Doch die eigentliche Arbeit findet zwischen den Treffen in den verschiedenen Arbeitsgruppen statt, die sich mit unterschiedlichen Planungsebenen der Demovorbereitung befassen: Die Mitglieder der AG Mobilisierung arbeiten zum Beispiel daran, möglichst viele Menschen zu erreichen und zur Teilnahme zu bewegen. Die AG Presse kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit, schreibt passende Pressemitteilungen und hält Kontakt zu Journalist:innen. Die AG Finanzen stellt sicher, dass die notwendigen Geldmittel zur Verfügung stehen.
Bei jedem Treffen geben die AGs ein Update zum Stand der Dinge, kommen in den Kleingruppen ihrer AGs zusammen, besprechen sich und bringen anschließend anstehende Entscheidungen zur Abstimmung in das Plenum. Dort entscheiden die Beteiligten dann gemeinsam über die Anzahl von Plakaten, die in Druck zu geben sind oder die genaue Demoroute.
Ein kraftvolles Zeichen setzen
Die Erfahrungsschätze der Mitglieder in den verschiedenen Gruppen sind dabei beeindruckend. Während einige Grafik-Profis sind und sich um Flyer kümmern, haben andere schon mehrfach eine Demonstration angemeldet und wissen, was zu beachten ist, um Redebeiträge sinnvoll einzuplanen. „Es ist inspirierend zu sehen, wie produktiv das Zusammenkommen der unterschiedlichen Menschen mit ihren Fähigkeiten und Perspektiven ist“, fasst eine Aktivistin treffend zusammen. Doch auch, wer nur gelegentlich Zeit hat, kann sich einbringen: „Im Rahmen der Housing Action Days wurden zum Beispiel gemeinsam Plakate und Transparente bemalt“, sagt eine Mitstreiterin aus Prenzlauer Berg. Mit den dabei entstandenen Plakaten und Transparenten steht auf jeden Fall fest: Es wird bunt!
Die bevorstehende Demonstration soll ein kraftvolles Zeichen setzen. Unter dem Motto „Die Miete ist zu hoch“ werden Mieter:innen aus allen Teilen der Stadt zusammenkommen, um gegen Verdrängung, Wohnungsnot und das Versagen der Politik zu protestieren. Es ist ein Aufschrei gegen eine Situation, die immer unerträglicher wird – und ein dringender Appell an die Verantwortlichen, endlich zu handeln.
Seien Sie dabei!
Los geht es am 1. Juni 2024 um 14 Uhr am Potsdamer Platz. Wenn Sie bei der Vorbereitung unterstützen möchten, kommen Sie zu einem der nächsten #Mietenwahnsinn-Plenum (zweiwöchiger Turnus) oder verteilen Sie Flyer in Ihrer Nachbarschaft.
Mehr Informationen dazu hier.
Unser Aufruf
AUF DIE STRASSE AM 1. JUNI: DIE MIETE IST ZU HOCH!
GEMEINSAM FÜR BEZAHLBAREN WOHNRAUM UND SOZIALE GERECHTIGKEIT!
Die Mieten steigen unaufhörlich, während die Einkommen mit der inflationären Entwicklung nicht mithalten können. Menschen werden aus ihren Wohnungen verdrängt, sei es durch Abriss, Eigenbedarfskündigungen und immer weiter steigende Mieten und Nebenkosten. Wohnungslosigkeit und Energiearmut nehmen zu, und die Politik hat dem offenkundig nichts entgegenzusetzen – weder im Land noch auf Bundesebene. Die meisten der im Koalitionsvertrag vereinbarten mietrechtlichen Reformen und Neuerungen will die Ampel in dieser Legislaturperiode nicht mehr umsetzen. Einzig die Mietpreisbremse soll über 2025 hinaus verlängert werden – ein schwacher Trost, ein schwaches Instrument. Zu viele Ausnahmeregelungen, zu viele Umgehungsstrategien von Vermietenden verhindern eine breite Entfaltung der Mietpreisbremse als Regulierungsinstrument in den angespannten Wohnungsmärkten. Tagtäglich wird bezahlbarer Wohnraum vernichtet. Wohnungsunternehmen vernachlässigen ihre Wohnungsbestände und werden ihrer Verantwortung gegenüber den Mietenden nicht gerecht. Der Berliner Senat ist für die Anliegen der Mieterinitiativen kaum noch ansprechbar, wichtige Netzwerkstrukturen werden abgewickelt, die angekündigte Mietpreisüberprüfungsstelle für die Ahndung von Wuchermieten und Verstößen gegen die Mietpreisbremse lässt auf sich warten.
Doch wir sagen: Berlin ist unsere Stadt, und sie soll für alle bezahlbar und lebenswert bleiben!
Es ist wieder an der Zeit, mit gemeinsamer Stimme für die Mietenden und Wohnungslosen zu sprechen und unsere Forderungen deutlich zu machen.
Am 1. Juni wollen wir gemeinsam unseren Protest auf die Straße tragen. Vor der Europawahl am 9. Juni möchten wir zeigen, dass soziale Wohnungspolitik und ein starkes Mietrecht die einzigen Wege aus der Wohnungskrise sind sowie ein wichtiger Baustein gegen den unsäglichen Rechtsruck in Deutschland. Und vor dem „Tag der Immobilienwirtschaft“ – größtes Lobbyisten-Treffen der Immobilienbranche am 11. Juni setzen wir ein starkes Zeichen.
Unsere Forderungen sind:
- Eine radikale Wende in der Wohnungspolitik, die die Mieter:innen ins Zentrum stellt und nicht die Interessen von Eigentümer:innen und Spekulanten.
- Bezahlbarer Wohnraum für alle und ein bundesweiter Mietendeckel.
- Die Vergesellschaftung von Wohnraum und die Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
- Ein Ende von Indexmietverträgen, Eigenbedarfskündigungen und der Zweckentfremdung von Wohnraum.
- Der Kampf gegen Spekulation mit Boden und rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt.
Lasst uns zeigen, dass wir stark und vielfältig sind! Lasst uns am 1. Juni gemeinsam aus allen Kiezen, Bezirken und Betrieben auf die Straße gehen.
Wohnraum ist keine Ware – sondern ein Menschenrecht!
27.05.2024