In Hamburg haben zwei Volksinitiativen die langfristige Mietbindung von Sozialwohnungen und ein Verkaufsverbot landeseigener Grundstücke erreicht. Was müsste sich in Berlin ändern, um dauerhaft sozialen Wohnraum und städtischen Boden zu sichern?
In der November-Ausgabe unseres Newsletters haben wir von den Erfolgen zweier demokratischer Volksinitiativen berichtet. Ihnen ist es gelungen, den Erhalt von städtischem Boden und die sozialen Bindungen für geförderten Wohnraum dauerhaft zu sichern. Wie steht Berlin im Vergleich zu Hamburg da? Und was müsste passieren, um auch hier endlich langfristige Sozialbindungen und eine Unverkäuflichkeit des städtischen – und damit unseres gemeinsamen – Bodens zu schaffen? Ein Blick auf den Status quo in beiden Bereichen.
Sozialbindungen in Berlin: zu wenig und zu kurz
Das Land Berlin hält noch knapp 88.000 Sozialwohnungen aus den Förderprogrammen der 1970er und 1990er Jahre. Doch der Bestand schmilzt wie Butter in der Sonne: Bereits in den kommenden vier Jahren werden 20.000 Wohnungen weniger mietpreis- und belegungsgebunden sein. Im Neubau entstehen fast nur teure Wohnungen, auch weil das Land Berlin mit seiner Wohnbauförderung kaum strenge Vorgaben macht. Mit neuen Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen ist in Berlin daher nicht zu rechnen.
Selbst die landeseigenen Wohnungsunternehmen, die per Kooperationsvereinbarung (KoopV) dazu verpflichtet sind, die Hälfte ihres Neubaus gefördert zu errichten, werden diesen Verlust nicht ausgleichen. Sie bekommen bereits städtische Grundstücke als sogenannte Sachwerteinlage übertragen (KoopV von 2017, Punkt 3.1). Der Wert dieser Grundstücke wird gegengerechnet in dafür zu errichtende Wohnungen. Diese Wohnungen zählen in die Quote hinein, die die Landeseigenen als Sozialwohnung errichten müssen (50 Prozent des Neubaus). Da die Grundstückseinbringung als Förderung gilt, erhalten die Landeseigenen entsprechend weniger Förderung. Fatal ist jedoch, dass die Bindung auch auf diese Wohnungen nur 30 Jahre gilt – so lange wie auch für die mit Fördergeldern errichteten Wohnungen. Die übrigen Wohnungen auf den landeseigenen Grundstücken dürfen dann teurer sein.
Im vergangenen Jahr wurden auf 138 übertragenen landeseigenen Grundstücken zwar 4.520 Wohnungen gebaut, jedoch nur 623 Wohnungen im Gegenzug für das übertragene Grundstück sozial gebunden – das sind nur 13,7 Prozent aller errichteten Wohnungen. Das heißt, mit der aktuellen Regelung bekommen landeseigene Wohnungsunternehmen die Grundstücke im Tausch für ein paar wenige Wohnungen, die nur 30 Jahre gebunden sind.
Drei Unterschiede zu Hamburg: In der Hansestadt müssen in den kommenden 20 Jahren auf 33 Prozent der für den Wohnungsbau bestimmten städtischen Flächen jährlich mindestens 1.000 Wohnungen mit dauerhafter Bindung gebaut werden.
Wir müssten in Berlin also…
… die Bindungen für auf landeseigenen Flächen erbaute Wohnungen auf Dauer stellen statt auf 30 Jahre. Hamburg sichert durch Förderung 50 Jahre Bindung ab und durch Erbbaupacht weitere 50 Jahre.
.… den Anteil festlegen, wie viele Wohnungen auf unseren landeseigenen Grundstücken zu bezahlbaren Mieten errichtet werden sollen. Die Hamburger Initiativen wollten 100 Prozent und haben einen Kompromiss von 33 Prozent errungen.
… die Grundstücke nicht übertragen, sondern in Erbbaupacht vergeben. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie mitsamt der Wohnungen bei einem erneuten Sparanfall des Landes privatisiert werden, wie der GSW-Verkauf 2004 gezeigt hat.
Die Bodenfrage: Guter Wille, fehlende Umsetzung
In Berlin sind die Diskussionen um die Vergabe von landeseigenen Grundstücken schon lange im Gange (siehe MieterMagazin 7+8/22 Titel). Initiativen wie der „Runde Tisch Liegenschaften“, aber auch „Stadt von Unten“ oder die „Stadtbodenstiftung“ haben die Debatte erheblich qualifiziert und Vorschläge und Konzepte erarbeitet, wie die Berliner Grundstücke nicht mehr meistbietend verkauft, sondern per Konzeptverfahren oder/und Erbbaupacht vergeben werden sollen. Die Partei Die Linke hat in der vergangenen Legislatur einen Entwurf für ein „Bodensicherungsgesetz“ vorgelegt, das die Vergabe städtischer Grundstücke per Erbbaupacht regelt. Der damalige Senat hat es jedoch nicht mehr beschlossen. Auch die aktuelle Noch-Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag Ähnliches vorgenommen:
„Dafür führt die Koalition ein Bodensicherungsgesetz als die rechtliche Grundlage für ein grundsätzliches Veräußerungsverbot von Liegenschaften in Landesvermögen ein. Auf mittelbare Landesunternehmen werden die Zustimmungsvorbehalte des Parlaments erstreckt.
Wir halten daran fest, dass landeseigene Grundstücke grundsätzlich nur im Erbbaurecht vergeben werden. Über Ausnahmen entscheidet das Abgeordnetenhaus. Ferner legt der Senat ein Modell vor, wie eine weitere Flexibilisierung der Erbbaurechtsbedingungen, insbesondere der Erbbauzins-Berechnungen, die sich an den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand wie der potentiellen Nutzungen orientieren, erreicht werden kann.“
Der gute Wille ist also schon da, und da im Februar die nächsten Wahlen anstehen, können wir gleich einmal in die Wahlprogramme schauen, wer dieses Vorhaben in der nächsten Legislatur umsetzen will. In dieser kurzen Legislatur hat es nämlich noch niemand erkennbar angestoßen.
Was fehlt? Reformen und ein gutes Gesetz
Zusammengefasst muss Berlin zwei Dinge umsetzen, um im Bereich Sozialbindungen und Sicherung städtischen Bodens an Hamburg heranzureichen: Wir brauchen erstens eine erhebliche Reform der Förderbedingungen des Landes. Hier müssen dauerhafte Bindungen an die Vergabe von Baugrund geknüpft werden. Und für diesen Baugrund brauchen wir zweitens ein gutes Gesetz, das die Vergabe von städtischem Boden nur noch per Erbbaupacht regelt.
Ulrike Hamann
14.12.2022