Vor dem Institut für Bautechnik in Berlin-Schöneberg herrschte am 5. Dezember ein ohrenbetäubender Lärm. Während im Gebäude die abgespeckte Version des Wohngipfels der Bundesregierung stattfand, versammelten sich draußen Dutzende Menschen mit Töpfen, Kochlöffeln und Transparenten, um lautstark gegen überteuerte Mieten zu protestieren. Die Forderung: Ein bundesweiter Mietendeckel muss her!
„Wir schlagen Alarm für einen bundesweiten Mietendeckel, der die Menschen vor explodierenden Mieten schützt“, erklärt Lara Eckstein, Sprecherin des breit aufgestellten Aktionsbündnisses Offensiv für Wohnraum. Die Aktion ist kein isoliertes Ereignis, sondern Teil einer bundesweiten Protestwelle. Der ursprüngliche Anlass: ein großer Wohngipfel, der am 5. und 6. Dezember hätte in Hamburg stattfinden sollen. Nach dem Bruch der Ampelkoalition sagte Kanzler Olaf Scholz die Veranstaltung ab. Stattdessen trafen sich Minister:innen und Vertreter:innen des Bündnisses bezahlbares Wohnen, darunter Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), zu einer Spitzenrunde in Berlin.
Ob in Hamburg oder Berlin, ob mit oder ohne den Kanzler: Auf Seiten der Mieter:innen bleibt der Eindruck bestehen, dass die Politik keine konkreten Maßnahmen gegen steigende Mieten und Wohnungsnot ergreift. „Die aktuelle Politik hat kläglich versagt“, sagt Eckstein. Genau dieser Frust hat das Bündnis dazu bewegt, laut zu werden – als Zeichen gegen die anhaltende Handlungsblockade. Keine der im Koalitionsvertrag vereinbarten Mietrechtsreformen wurde umgesetzt. Neben der Mietpreisregulierung fordern die Initiativen unter anderem das Verbot von Zwangsräumungen, strikte Einschränkungen bei Eigenbedarfskündigungen sowie die Verlängerung des Umwandlungsverbots in angespannten Wohnungsmärkten.
Ein klares Signal setzen
Auch wir waren vor Ort und haben die Forderungen der Mieter:innen als Teil des Bündnisses Offensiv für Wohnraum unterstützt. BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels betonte auf der Pressekonferenz: „Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist dramatisch. Die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 ist ein notwendiger Schritt, reicht aber bei Weitem nicht aus. Wir brauchen einen rechtssicheren Mietendeckel und eine Wohnungspolitik, die sich an den Bedürfnissen der Mieter:innen orientiert.“
Im Mittelpunkt steht dabei eine bundesgesetzliche Öffnungsklausel für Preisregulierungen. Diese würde es den Bundesländern ermöglichen, in angespannten Wohnungsmärkten eigenständig Mietpreisobergrenzen einzuführen und bereits überhöhte Mieten abzusenken. Der Berliner Mietendeckel wurde im Jahr 2021 vom Bundesverfassungsgericht gekippt, jedoch allein aufgrund der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes.
Protest und Forderungen über die Hauptstadt hinaus
Die Proteste in Berlin sind Teil einer koordinierten Aktion in über 30 Städten – von München bis Hamburg. Über 50 Initiativen und Organisationen haben sich bundesweit zusammengeschlossen, um für bezahlbaren Wohnraum, sozialen Wohnungsbau und eine Begrenzung von Mietsteigerungen zu demonstrieren.
Ein Blick auf Berlin verdeutlicht die Dringlichkeit dieser Anliegen. „Der Mietendeckel hat hier bereits einmal funktioniert“, erinnert Jasmina Rühl vom Berliner Bündnis gegen Vonovia & Co. in ihrer Rede vor Ort. „Er hat Familien spürbar entlastet, bevor er 2021 an der Zuständigkeitsfrage scheiterte. Auf Bundesebene wäre er rechtlich möglich – und genau deshalb kämpfen wir dafür!“
Das Berliner Bündnis gegen Vonovia & Co. steht stellvertretend für zahlreiche Berliner Initiativen, die sich gegen die aktuelle Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt zusammengeschlossen haben. Dazu gehören auch die explodierenden Heizkosten – hier ist die Bundesregierung ebenfalls eine Reform zum Schutz von Verbraucher:innen bislang schuldig geblieben. „Die Mieten steigen ins Unermessliche, und viele Menschen fürchten, ihr Zuhause zu verlieren. Wir brauchen endlich wirksame Instrumente, die uns und unser Zuhause schützen“, erklärt Rühl.
Update zur Mietpreisbremse: Ein Tropfen auf den heißen Stein
Am 11. Dezember 2024 verabschiedete die Minderheitsregierung einen Kabinettsbeschluss zur Verlängerung und Verbesserung der Mietpreisbremse. Diese soll verhindern, dass die Miete bei Wiedervermietungen mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.
SPD und Grüne einigten sich im Kabinett darauf, die Ausnahme für den Neubau auf Wohngebäude anzupassen, die vor Oktober 2019 fertiggestellt waren. Verlängert werden soll das Rechtsinstrument ab 2025 für vier statt nur drei Jahre, wie es ursprünglich im Referentenentwurf aus dem Justizministerium von Marco Buschmann (FDP) vorgesehen war. Nun müssen sich allerdings in der bevorstehenden Bundestagsdebatte Mehrheiten finden: CDU und FDP haben bereits angekündigt, dass sie der Verlängerung in dieser Form nicht zustimmen wollen.
Sebastian Bartels macht auf der Kundgebung klar: „Die Mietpreisbremse ist ein Instrument mit Lücken. Sie funktioniert nur in Kombination mit weiteren Maßnahmen wie etwa der Konzentration beim Wohnungsneubau auf gemeinnützigen Wohnungsbau sowie großen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau.“
Fazit: Jetzt handeln, bevor die Krise eskaliert
Die Proteste vor dem abgespeckten Wohngipfel in der Schöneberger Kolonnenstraße sowie in Städten wie Hamburg, München und Köln haben eine eindeutige Botschaft gesendet: Die Geduld der Mieter:innen ist erschöpft. Nun braucht es dringend wirksame Maßnahmen, um Wohnungsverluste zu verhindern, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und die explodierenden Mieten zu stoppen.
Die Demonstrierenden fordern nicht weniger als einen Kurswechsel – eine Wohnungspolitik, die die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dazu zählen ein bundesweiter Mietendeckel und die finanzielle Förderung einer neuen Wohngemeinnützigkeit. Die Botschaft an die Bundesregierung ist klar: Jetzt handeln, bevor die Krise unkontrollierbar wird!
Sie wollen aktiv mithelfen, die Verlängerung der Mietpreisbremse zu unterstützen? Dann schreiben Sie Ihrem Abgeordneten. Mit unserem Online-Tool geht das einfach und schnell.
Mehr zur Kampagne bundesweiter Mietendeckel des Aktionbündnisses.
17.12.2024