Zwei Volksinitiativen haben in Hamburg Erfolge errungen, die auch für andere Städte Signalwirkung haben können: die langfristige soziale Mietbindung von geförderten Wohnungen sowie ein Verkaufsverbot landeseigener Wohngrundstücke und Immobilien.
Am 2. November 2022 hallte ein Paukenschlag durch die progressive Mietenpolitik. In Hamburg ist künftig möglich, was seit Jahren als utopisch gilt: die langfristige Bindung sozialer Mieten. Damit ist das Problem, dass Sozialwohnungen mit viel Fördergeldern erbaut werden, aber nur temporär sozial gebunden sind, zumindest in der Hansestadt erst einmal vom Tisch. Dieser Durchbruch kann ein wichtiges Signal für weitere Städte sein.
Erfolgreiche Initiativen im Kampf gegen steigende Mieten
Der Paukenschlag geht zurück auf zwei Volksinitiativen, an denen die Hamburger Mietervereine „Mieter helfen Mietern“ und der Mieterverein zu Hamburg maßgeblich beteiligt waren. Anfang 2020 starteten die beiden Mietervereine gemeinsam mit weiteren Initiativen und Einzelpersonen unter dem Titel „Keine Profite mit Boden und Miete“ zwei zusammengehörige Volksinitiativen, die sich das Ziel gesetzt hatten, etwas gegen die skandalös ansteigenden Mieten zu unternehmen. Sie wollten die Vergabe von städtischem Boden sowie die Mieten für den sozialen Neubau neu regeln. Da in Hamburg – ebenso wie in Berlin – das sogenannte Kopplungsverbot gilt, konnten nicht zwei Anliegen in einer Volksinitiative gebündelt werden. Die Hamburger:innen entschieden sich für zwei parallele und aufeinander bezogene Volksinitiativen. Beide Initiativen haben am 19. Oktober 2020 – also mitten in der ersten Corona-Phase – jeweils mehr als die notwendigen 10.000 Unterschriften abgegeben. Nachdem diese Hürden genommen waren, begannen intensive Verhandlungen mit dem Hamburger Senat.
Kein Verkauf von landeseigenen Grundstücken
Die erste Volksinitiative, „Boden & Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten! Keine Profite mit Boden & Miete!“, wollte ein grundsätzliches Verkaufsverbot von Grundstücken und Wohnungen erwirken, die der Stadt Hamburg oder ihren Unternehmen gehören. In den Verhandlungen um einen Konsens konnten die Initiatoren mehrere Erfolge verbuchen:
- Verankerung des Verkaufsverbots in der Hamburger Verfassung.
- Vergabe von Grundstücken künftig nur noch in Erbbaupacht, auch an die landeseigene Wohnungsgesellschaft SAGA.
- Die „Schaffung, Erhaltung und Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen“ wird neues Staatsziel in der Hamburger Verfassung.
- Dass Wohnen ein „menschliches Grundbedürfnis“ ist, wird außerdem festgeschrieben.
Dauerhafte Bindung von geförderten Wohnungen
Die zweite Volksinitiative, „Neubaumieten auf städtischem Grund – für immer günstig! Keine Profite mit Boden & Miete“, forderte eine dauerhafte Mietbegrenzung für neu gebaute Wohnungen auf städtischen Grundstücken. Zum Hintergrund: Hamburg hat zwar seit 2011 viel gebaut, der Wohnungsmarkt hat sich aber keinesfalls entspannt – die Mieten sind nicht gesunken, sondern gestiegen. Die Erzählung der Immobilienwirtschaft, Neubau allein würde das Problem der hohen Mieten lösen, hat sich damit auch in Hamburg als falsch erwiesen. Die Zahl der geförderten Wohnungen sank während der „Neubauoffensive“ von 2011 bis 2022 sogar um fast 30.000 Wohnungen.
Gemeinsam mit der Landesregierung hat die Initiative einen Kompromiss erarbeitet, der sich sehen lassen kann:
Die Volksinitiative hatte gefordert, dass auf öffentlichem Grund nur noch Wohnungen mit dauerhaften Bindungen gebaut werden. Der Kompromiss sieht vor, dass in den kommenden 20 Jahren auf 33 Prozent der für den Wohnungsbau bestimmten städtischen Flächen jährlich mindestens 1.000 Wohnungen mit dauerhafter Bindung gebaut werden.
Gebaut werden soll ausschließlich im 1. Förderweg, also für Haushalte mit niedrigen Einkommen. Darüber hinaus soll es keinen Wegfall der Bindungen mehr geben. Es gilt: einmal gefördert, immer gebunden. Die Förderung soll über 50 Jahre laufen, für weitere 50 Jahre sollen die Wohnungen mietpreis- und belegungsgebunden sein. Mieterhöhungen sollen für Neubaumieten maximal zwei Prozent pro Jahr betragen. Generell dürfen Mieten jährlich höchstens in Höhe des gemittelten Wertes aus dem Verbraucher:innenpreisindex und dem Reallohnindex der amtlichen Statistik steigen, aber unterhalb des Mittelwerts im Hamburger Mietenspiegel. Das heißt, die Mieterhöhungen machen sich an dem fest, was sich die Menschen tatsächlich leisten können und nicht an Baupreisen oder Inflation, wie von der Immobilienwirtschaft auch in Berlin oft gefordert.
Die Hamburger:innen haben durch eine Basisinitiative endlich leistbaren Wohnraum geschaffen – praktisch für immer. Was sich in Berlin alles ändern müsste, wenn es dem Hamburger Paukenschlag einen ähnlichen aus der Hauptstadt folgen lassen möchte, analysieren wir im nächsten Newsletter.
Ein Beitrag von Ulrike Hamann
16.11.2022