Zur Abfederung der Belastungen durch die steigenden Energiepreise hat die Bundesregierung im Frühjahr zwei Entlastungspakete geschnürt. Darin enthalten sind unter anderem der Heizkostenzuschuss sowie die Energiekostenpauschale. Wer hat Anspruch auf welche Hilfen und wie werden diese ausgezahlt? Wir haben die Leistungen für unterschiedliche Anspruchsgruppen zusammengefasst.
Arbeitnehmer:innen und Selbstständige
Alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen erhalten eine einmalige Energiekostenpauschale in Höhe von 300 Euro brutto, die mit dem September-Gehalt ausgezahlt wird. Selbständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung. Wichtig: Die Pauschale unterliegt der Einkommenssteuer.
Studierende, Auszubildende & BaföG-Bezieher:innen
Studierende im Bafög-Bezug und Auszubildende mit Ausbildungsbeihilfe erhalten einen Heizkostenzuschuss in Höhe von 230 Euro (statt bisher 115 Euro), wenn sie im Zeitraum von Oktober 2021 bis März 2022 mindestens einen Monat lang die oben genannten Leistungen bezogen und nicht mehr in der elterlichen Wohnung gelebt haben. Beantragen müssen sie den Zuschuss nicht, er wird automatisch ausgezahlt. Menschen mit Behinderungen, die Ausbildungsgeld beziehen, erhalten den einmaligen Zuschuss ebenfalls. Gleiches gilt für Teilnehmende einer Aufstiegsfortbildung, denen ein Unterhaltsbeitrag bewilligt wurde.
Bezieher:innen von Transfer- oder Entgeltersatzleistungen
Arbeitslosengeld I (ALG I): ALG-I-Bezieher:innen, die im Juli 2022 mindestens einen Tag Anspruch auf die Entgeltersatzleistung haben, erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro. Von der Zahlung ausgenommen sind Personen, die als „Aufstocker“ im selben Zeitraum Anspruch auf eine Einmalzahlung als Leistungsberechtigte nach dem SGB II haben.
Arbeitslosengeld II (ALG II) oder Sozialgeld: Wer im Juli 2022 mindestens einen Tag Anspruch auf ALG II oder Sozialgeld hat, der erhält als pauschalen Ausgleich für die finanziellen Mehrbelastungen durch die Corona-Pandemie und die Energiepreissteigerungen eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Diese wird mit den regulären Leistungen im Juli ausgezahlt.
Wohngeld: Wohngeld-Bezieher:innen erhalten einen Heizkostenzuschuss in Höhe von 270 Euro bei einem Einpersonenhaushalt und 350 Euro bei einem Zweipersonenhaushalt. Für jedes weitere Familienmitglied gibt es zusätzlich 70 Euro. Voraussetzung: Sie müssen dafür in der Heizphase zwischen Oktober 2021 und März 2022 mindestens einen Monat lang Wohngeld bezogen haben oder beziehen. Dies trifft auf etwa 710.000 Haushalte bundesweit zu. Der Zuschuss soll bis Ende des Jahres automatisch an Wohngeldbezieher:innen ausgezahlt werden. Da die Bundesländer für die Auszahlung zuständig sind, gibt es keinen bundesweit einheitlichen Auszahlungstermin. In Berlin ist die Auszahlung im August geplant.
Wer den Zuschuss als Wohngeld-Empfänger erhält, der kann ihn nicht noch einmal als BAföG- oder AFBG-Berechtigter erhalten.
Familien
Kindergeldberechtigte Familien erhalten von der Familienkasse einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 100 Euro pro Kind, der mit dem Kindergeld im Juli ausgezahlt wird. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre, die mit ihren Eltern in einem Haushalt wohnen und auf Sozialleistungen angewiesen sind (ALG II, Sozialgeld oder Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem SGB II), erhalten ab Juli 2022 einen monatlichen Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro. Dieser soll als Überbrückung gelten, bis die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung in Kraft tritt. Die Auszahlung erfolgt separat von den anderen Transfergeldleistungen. Beziehen Familien bereits einen Kinderzuschlag, wird dieser entsprechend erhöht.
Rentner:innen
Eine eigene Regelung für Rentner:innen fehlt bislang. Erhalten sie jedoch staatliche Transferleistungen, gelten die oben genannten Regelungen: Rentner:innen, die Grundsicherung im Alter erhalten, bekommen einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 200 Euro. Rentner:innen im Wohngeldbezug erhalten die für Wohngeldbezieher:innen vorgesehenen Beträge.
Von der Energiekostenpauschale, die alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen erhalten, sind Rentner:innen jedoch ausgeschlossen. Als Grund dafür führt die Bundesregierung die zum 1. Juli 2022 angehobenen Renten und Pensionen an. Mit einem kleinen Trick, den die CDU-Finanzexpertin Antje Tillmann verriet, können sich allerdings auch Rentner:innen die 300 Euro sichern: Dafür müssen sie im Jahr 2022 an mindestens einem Tag als Minijobber oder selbstständig erwerbstätig sein und diese Einkünfte in ihrer Steuererklärung angeben. Dann sollten sie 2023 die Energiekostenpauschale ausgezahlt bekommen.
Weitere Entlastungen
Die beiden beschlossenen Entlastungspakete enthalten eine Reihe weiterer Entlastungen:
Vorzeitiger Wegfall der EEG-Umlage: Zum 1. Juli 2022 ist die EEG-Umlage weggefallen, die Verbraucher:innen bis dahin gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) pro Kilowattstunde Strom als Zuschlag gezahlt haben. Inwieweit sich das tatsächlich wegen parallel ansteigender Strompreise auswirkt, kann aktuell nicht beziffert werden.
Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags und des Grundfreibetrags: Rückwirkend zum Januar 2022 gilt die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags um 200 Euro auf 1.200 Euro und des Grundfreibetrags um 363 Euro auf 10.347 Euro. Diese können mit der Steuererklärung 2022 geltend gemacht werden.
Erhöhung der Entfernungspauschale: Ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022 gilt die Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie von 30 auf 38 Cent.
9-Euro-Ticket und Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe: In den Monaten Juni, Juli und August gilt bundesweit im Nahverkehr das 9-Euro-Ticket. Für denselben Zeitraum wurde die Energiesteuer auf Kraftstoffe gesenkt – um 29,55 Cent/Liter für Benzin und um 14,04 Cent/Liter für Diesel.
Weitere Entlastungen in der Zukunft: Derzeit diskutiert die Bundesregierung – insbesondere SPD und Grüne – über weitere Entlastungen. So schlägt Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) ein Klimageld für alle mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 4.000 Euro brutto vor. Im Koalitionsvertrag der Ampel war noch auf Vorschlag der Grünen ein Energiegeld für alle geplant. Doch Finanzminister Christian Lindner (FDP) bremst: Vor 2024 soll nach seinen Vorstellungen nichts ausgezahlt werden.
14.07.2022