Seit dem 30. Mai 2024 hat Berlin einen neuen Mietspiegel. Wahrscheinlich werden einige Vermieter:innen damit in nächster Zeit Mieterhöhungen begründen. Diese Mieterhöhungen müssen Sie nicht einfach akzeptieren, sondern sollten diese genau prüfen. Jede angenommene, unrechtmäßige Mieterhöhung kann in den nächsten Mietspiegel einfließen und zu steigenden Mieten für uns alle führen! In dieser Handreichung erhalten Sie Tipps, wie Sie sich gegen unzulässige Mieterhöhungen wehren können.
Wie viel Mieterhöhung ist erlaubt? Und wie kann ich das überprüfen?
Um wieviel die Miete steigen darf, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Grundsätzlich gilt:
- Zwischen zwei Mieterhöhungen muss die Miete für mindestens zwölf Monate unverändert gewesen sein (Achtung: Ausgenommen davon sind Mieterhöhungen wegen einer Modernisierung oder der Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen!). Die einjährige Sperrfrist beginnt mit dem Wirksamwerden der letzten Mietänderung. Beispiel: Die Miete wurde zuletzt mit einem Schreiben vom 5. September 2023 zum 1. Dezember 2023 erhöht. Eine neue Mieterhöhung darf der Mieterin frühestens am 1. Dezember 2024 zugehen. Ein vor Ablauf dieser Jahresfrist gestelltes Mieterhöhungsverlangen ist unwirksam!
- Bei einer Mieterhöhung müssen Vermieter:innen die sogenannte Kappungsgrenze beachten. Das heißt, die Miete darf innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nur um 15 Prozent steigen. Beispiel: Mieterhöhung mit Wirkung zum 1. April 2024 auf 600 Euro. Ausgangsmiete für die Berechnung ist die Miete vom 1. April 2021. Hat die Mieterin am 1. April 2021 zum Beispiel eine Miete von 500 Euro gezahlt, beträgt die Kappungsgrenze – plus 15 Prozent – 575 Euro. Das heißt, der Mieterhöhung müssen Mieter:innen nur bis zu dieser Höhe – also teilweise – zustimmen.
- Das bedeutet nicht, dass Vermieter:innen die Miete automatisch alle drei Jahre um 15 Prozent erhöhen dürfen! Obergrenze ist immer die ortsübliche Vergleichsmiete laut Berliner Mietspiegel. Beispiel: Die Miete, die zuvor drei Jahre lang unverändert war, wird von 500 Euro auf 575 Euro erhöht. Die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung liegt nach dem jeweils gültigen Mietspiegel jedoch bei 532 Euro. Dann müssen Mieter:innen der Mieterhöhung nur bis zu dieser Höhe, teilweise zustimmen.
- Wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete ist, hängt von der Art der Wohnlage, der Größe der Wohnung und dem Baujahr ab.
- Außerdem gibt es fünf Merkmalsgruppen (Bad, WC, Küche, Gebäude, Wohnumfeld), die die Miethöhe beeinflussen, wenn es wohnwertsteigernde oder -mindernde Merkmale gibt.
- Wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete für ihre Wohnung ist, können Mieter:innen hier überprüfen.
Das Berliner Bündnis für Neubau und bezahlbares Wohnen, in dem Vonovia und die Deutsche Wohnen Bündnispartner sind, hat sogar noch weitergehende Regeln vereinbart: maximal 11 Prozent in drei Jahren wurden als Kappungsrenze vereinbart. Die Miete sollte darüber hinaus nicht mehr als 27 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts ausmachen. Medienberichten zufolge halten sich Vonovia und Deutsche Wohnen nicht an diese Abmachungen, der Wohnungskonzern Adler war bereits im vergangenen Jahr aus dem Bündnis ausgestiegen. Die Bündnisvereinbarungen gelten als freiwillige Selbstverpflichtungen und sind für die Mieter:innen nicht einklagbar. Die Wohnungsunternehmen sollten von ihren Mietenden dennoch auf die Vereinbarungen im Wohnbündnis Berlin hingewiesen werden.
Achtung: Für Indexmietverträge und Staffelmietverträge gelten andere Regeln, ebenso wie für den sozialen Wohnungsbau!
Müssen Vermieter:innen die Mieterhöhung mit dem Mietspiegel begründen?
Leider nein. Sie können auch mindestens drei Wohnungen benennen, für die andere Mieter:innen bereits jetzt die verlangte Miete zahlen müssen. Diese sogenannten Vergleichswohnungen müssen in dem Mieterhöhungsverlangen aufgelistet werden. Andernfalls brauchen Mieter:innen in diesem Falle nicht zu reagieren – sollten aber vorsichtshalber eine Rechtsberatung aufsuchen. Falls eine oder mehrere der angegebenen Vergleichswohnungen nicht identifizierbar oder nicht vergleichbar sind und dadurch die Anzahl der Vergleichswohnungen unter drei sinkt, ist die Mieterhöhung nicht ausreichend begründet und unwirksam. Vermieter:innen müssen auch bei einer Begründung mit Vergleichswohnungen auf den Mietspiegel Bezug nehmen und das zutreffende Mietspiegelfeld angeben.
Wie reagiere ich auf eine Mieterhöhung?
- Zuerst einmal gilt es, Ruhe zu bewahren und nicht vorschnell einer Mieterhöhung zuzustimmen! Mieter:innen haben bis zum Ende des übernächsten Monats nach Erhalt des Mieterhöhungsverlangens Zeit, die Mieterhöhung zu prüfen.
- Es empfiehlt sich, möglichst zeitnah eine Mieterberatung aufzusuchen (siehe unten).
- Parallel dazu können Sie hier auch selbst den Mietcheck machen und die Mieterhöhung überprüfen.
- Es ist wichtig, auch auf die Details zu achten und beispielsweise zu prüfen, ob Vermieter:innen bei den Ausstattungsmerkmalen, wie etwa der Wohnlage, korrekte Angaben gemacht haben. Denn es zeigt sich, dass Wohnungsunternehmen hier manchmal tricksen. 2023 gab es etwa in Lichtenberg Fälle, in denen die Deutsche Wohnen fälschlicherweise eine „besonders ruhige Lage“ oder einen „großen, geräumigen Balkon“ als Merkmale angegeben hat, die den Wohnwert erhöhen sollten. Mieter:innen haben sich dagegen erfolgreich gewehrt.
- Ergibt die Rechtsberatung, dass die Mieterhöhung nicht berechtigt oder sogar unwirksam ist, sollten Sie der Mieterhöhung nicht zustimmen. Ist die Mieterhöhung nur teilweise begründet, sollte eine Teilzustimmung erklärt werden – auf diese Weise reduzieren sich die Prozesskosten im Fall einer gerichtlichen Klärung. Auf jeden Fall ist es ratsam, dass Sie nach der Prüfung dem Vermieter Ihre Auffassung mitteilen, auch um ihn gegebenenfalls von der gerichtlichen Durchsetzung der Klage abzuhalten. Im vergangenen Jahr haben Mieter:innen schlechte Erfahrungen damit gemacht, Mahnschreiben einfach auszusitzen – und wurden in einigen Fällen auf Zustimmung zur Mieterhöhung verklagt.
- Es kann sein, dass Vermieter:innen die Mieterhöhung fallenlassen, wenn Sie ihnen die Gründe für die Verweigerung der Zustimmung mitteilen. Es kann aber auch passieren, dass sie mit Mahnungen reagieren. Auch hier gilt es, sich nicht einschüchtern zu lassen: Vermieter:innen können das Wohnverhältnis nicht kündigen, nur weil Mieter:innen einer Mieterhöhung nicht zustimmen. Eine Kündigung ist nur dann rechtens, wenn Mieter:innen der Erhöhung zustimmen, aber anschließend die erhöhte Miete nicht bezahlen, oder wenn sie gerichtlich zur Zustimmung verpflichtet wurden und die erhöhte Miete ausbleibt. Dann geraten Mieter:innen in Zahlungsrückstand, was ab einem Rückstand von mehr als einer Monatsmiete zur Kündigung führen kann.
- Es kann passieren, dass Vermieter:innen die Zustimmung zur Mieterhöhung einklagen. Hier gelten allerdings Fristen: Vermieter:innen müssen innerhalb von drei Monaten (ab dem Tag der Fälligkeit der Mieterhöhung) die Zustimmung einklagen. Verpassen sie diese Frist, ist das Mieterhöhungsverlangen hinfällig und es bleibt bei der alten Miete. Schon deshalb empfiehlt es sich für Mieter:innen, Mitglied in einem Mieterverein zu sein – damit sie rechtsschutzversichert sind (siehe unten).
- Achtung: Zahlen Sie die höhere Miete kommentarlos, gilt das als Zustimmung zur Mieterhöhung. Falls Sie dem Vermieter eine Einwilligung zum Lastschriftverfahren erteilt haben, empfiehlt es sich daher, diese wieder rückgängig zu machen. Sonst können Vermieter:innen nämlich die höhere Miete abbuchen und es wird aufwendig, das Geld zurückzuerhalten.
- Wie immer gilt: Zusammen können wir mehr erreichen als alleine. Organisieren Sie sich in Ihren Häusern, veranstalten Sie Mieterversammlungen, tauschen Sie sich aus und geben Sie Ihre Erfahrungen an die Nachbar:innen weiter.
Wo kann ich mich beraten lassen?
- Die Mietpreisüberprüfung durch den Berliner Mieterverein (BMV) steht auch denjenigen offen, die nicht Mitglied im BMV sind. Hierfür können Sie den Fragebogen ausfüllen und per E-Mail oder Post an den BMV übermitteln. Weitere Infos hier
- Wir empfehlen trotzdem allen Mieter:innen in Berlin, Mitglied in einem Mieterverein wie dem BMV zu werden. Der BMV bietet seinen Mitgliedern vom Zeitpunkt des Eintritts an Rechtsberatung und führt bei Bedarf auch Schriftverkehr mit den Vermieter:innen oder der Hausverwaltung. Hinzu kommt: Sofern der Eintritt in den BMV mindestens drei Monate vor Zugang einer Mieterhöhung erfolgt, greift eine Rechtsschutzversicherung, die Mitglieder gegen mögliche Prozesskosten absichert. Mehr Infos hier
- Alle Berliner Bezirke haben offene Mieter:innenberatungen, die alle Mieter:innen des Bezirks kostenlos nutzen können. Diese umfassen jedoch weder den Schriftverkehr noch eine Rechtsschutzversicherung im Fall einer Klage. Weitere Infos hier
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22.07.2024