Am 30. September leitete Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner die 8. Sitzung des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen. Trotz einiger Fortschritte sehen die Beteiligten weiteren Handlungsbedarf. Mit einem angekündigten „Wohnbündnis 2.0“ sollen dringend notwendige Anpassungen erfolgen. Doch bleibt die Frage: Reichen die Schritte aus, um die wachsende Wohnraumkrise zu bewältigen?
Kai Wegner lobte die konstruktive Arbeit des Bündnisses, das trotz Baukrise zu stabileren Fertigstellungszahlen beigetragen habe. 2023 entstanden knapp 16.000 Wohnungen, darunter 3.500 Sozialwohnungen. Der neue Mietspiegel zeige eine Verlangsamung des Mietanstiegs. Und das Schneller-Bauen-Gesetz soll sowohl landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften als auch private Bauträger zum Bau neuer Wohnungen motivieren.
Dennoch bleibt die Sicherung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum für Berlin eine große Herausforderung. Steigende Baukosten und die andauernde Baukrise erfordern laut Wegner eine Intensivierung der Arbeit. „Berlin muss eine Stadt bleiben, in der sich die Menschen ihr Zuhause leisten können“, sagte er. Doch wie lässt sich dieses Ziel erreichen, wenn mit Vonovia nur noch ein privates Wohnungsunternehmen im Bündnis vertreten ist? Vonovia hatte zudem 2023 aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen den vollständigen Rückzug aus dem Neubau angekündigt. Darüber hinaus machte das Unternehmen erneut negative Schlagzeilen aufgrund von tausenden Mieterhöhungen, die die Vereinbarungen im Bündnispapier verletzen. Auch ein neuer Milliardendeal des Unternehmens – bei dem Berlin wieder Millionen Euro an Grunderwerbsteuer entgehen, während der Finanzsenat die Haushaltssperre erklärt – lässt viele Berliner:innen nicht mehr an das Wohnbündnis glauben.
Kooperation unter Druck
Das Bündnis, das auf Kooperation zwischen der Stadt und privaten Akteuren setzt, bleibt umstritten. Auch wir waren anfangs an den Verhandlungen beteiligt, entschieden uns jedoch im Juni 2022 aufgrund unzureichender Verhandlungsergebnisse, nicht beizutreten.
Die jüngsten Mieterhöhungen durch Vonovia zeigen deutlich, dass Absprachen nicht eingehalten werden. „Die Abkehr von stärkerer Regulierung hin zu ‚Kooperation statt Konfrontation‘ in einem freiwilligen Bündnis mit der Wohnungswirtschaft hat sich als sehr einseitig erwiesen“, erklärt Dr. Ulrike Hamann-Onnertz, Geschäftsführerin im BMV. „Die dort verabredete Mieterhöhungskappung von 11 Prozent in drei Jahren wurde ausnahmslos von allen privaten Immobilienkonzernen gebrochen. Trotzdem hält der Senat daran fest und Herr Wegner macht es sogar zur Chefsache.“ Angesichts des offensichtlichen Bruchs der Vereinbarungen im Bündnispapier stellt sich erneut die Frage, wie wirksam freiwillige Absprachen mit Wohnungsunternehmen wie Vonovia wirklich sind.
Fortschritte, aber genug?
Maren Kern, Vorständin des BBU (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.), lobte hingegen die bisherigen Erfolge, besonders die „günstigen Mieten“ im bundesweiten Vergleich. Sie sieht im Bündnis eine wichtige Kooperationsplattform und fordert, das Schneller-Bauen-Gesetz zügig und ohne Abstriche umzusetzen. Denn steigende Baukosten, hohe Kapitalkosten und langwierige Genehmigungsprozesse erschwerten den Wohnungsbau weiterhin massiv.
Es gibt jedoch auch Ideen zur Verbesserung der Situation: Bausenator Christian Gaebler (SPD) betonte die Rolle landeseigener Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und privater Bauträger. Er schlug vor, das sogenannte Leistbarkeitsversprechen, das bisher nur für landeseigene Unternehmen gilt, auszuweiten: Demnach darf die Nettokaltmiete maximal 27 Prozent des Nettohaushaltseinkommens betragen. Eine Ausweitung auf private Vermieter:innen wäre laut Gaebler denkbar, jedoch bleibt unklar, welche rechtliche Basis dafür geschaffen werden müsste.
Gleichzeitig sieht er durch das Bündnis bereits wichtige Maßnahmen angestoßen, darunter eine Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse und eine Ombudsstelle für Mieter:innen landeseigener Wohnungsunternehmen. Seit dem 1. Oktober 2024 können die Berliner:innen Wohnberechtigungsscheine zudem digital beantragen – eine längst überfällige Erleichterung für Mieter:innen mit Einkommen innerhalb der WBS-Stufen. Allerdings fehlen im Bündnispapier konkrete Hinweise auf diese drei Maßnahmen. Es handelt sich also um Maßnahmen, die nicht auf den Bündnisvereinbarungen fußen. Bei der Ombudsstelle handelt es sich zudem um einen Vorschlag der Grünen aus der vergangenen Legislaturperiode.
Unser Fazit: Das „Wohnbündnis 2.0“ muss liefern
Letztlich bleibt die Frage, ob das „Wohnbündnis 2.0“ tatsächlich neue Impulse setzen wird – und wie es diese verbindlich sichern will. Freiwillige Selbstverpflichtungen und Absprachen haben sich wiederholt als unzuverlässig erwiesen, und das Vertrauen in die Kooperation mit privaten Akteuren ist seit den letzten umfassenden Mieterhöhungen dahin. Ohne verbindliche Maßnahmen wird es dem Senat kaum gelingen, Neubauziele zu erreichen oder den Mietenanstieg nachhaltig zu bremsen. Daher fordern wir konkrete, verpflichtende und gesetzliche Regelungen – andernfalls ist das Bündnis eine weitere symbolische Geste, die den Berliner Mieter:innen wenig hilft.
vc
16.10.2024