Der aktuelle Sozialbericht zeigt, was viele bereits spüren: Die Mietbelastung steigt stetig und trifft nicht alle gleich. Besonders Frauen, Menschen mit Migrationsgeschichte und Einpersonenhaushalte sind überdurchschnittlich betroffen. Die Zahlen belegen auch: Deutschland bleibt ein Land der Mieter:innen – 58 Prozent der Bevölkerung wohnen zur Miete, in Städten sind es noch mehr.
Für viele Haushalte in Deutschland ist die Mietbelastung erdrückend. Durchschnittlich fließen 28 Prozent des Einkommens in die Bruttokaltmiete, in Berlin sind es 27 Prozent. Einpersonenhaushalte sind überdurchschnittlich belastet und zahlen etwa 33 Prozent ihres Einkommens, Frauen in solchen Haushalten sogar 34 Prozent. Haushalte mit Migrationsgeschichte geben im Schnitt 30 Prozent ihres Einkommens aus. Besonders besorgniserregend ist die Lage für 3,2 Millionen Haushalte, die mindestens 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen müssen.
Der Sozialbericht 2024, herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung / bpb in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, verdeutlicht, dass junge Menschen, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationsgeschichte überproportional betroffen sind. Haushalte mit kürzerer Wohndauer oder in urbanen Gebieten zahlen oft besonders hohe Mieten.
Hohe Kosten und ein Mangel an Sozialwohnungen
Die Wohnkosten in Deutschland stellen für viele Haushalte eine erhebliche Belastung dar. Besonders einkommensschwache Haushalte geben oft mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aus. Laut Sozialbericht gelten fast 20 Prozent der Bevölkerung als armutsgefährdet, insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Haushalte und Rentner:innen.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum verstärkt die Krise. Seit 2002 hat sich der Bestand an Sozialwohnungen dramatisch reduziert – von 2,1 Millionen auf etwa 1 Million im Jahr 2023, bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum. Der Bedarf liegt bei rund 100.000 neuen Sozialwohnungen jährlich, doch 2023 wurden nur knapp 25.000 Einheiten fertiggestellt. Dieser historische Tiefstand gefährdet die Wohnraumversorgung vieler vulnerabler Gruppen.
Wohnungslosigkeit – eine nationale Herausforderung
2023 waren schätzungsweise 372.000 Menschen wohnungslos. Diese Zahl umfasst obdachlose Menschen, Menschen in Notunterkünften sowie Personen, die bei Bekannten oder Freund:innen unterkommen. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Minderjährigen: 28 Prozent der Wohnungslosen sind Kinder und Jugendliche – ein weiteres Zeichen der sozialen Krise. Auch Alleinerziehende und ältere Menschen geraten zunehmend in prekäre Wohnverhältnisse.
Zu den Ursachen der Wohnungslosigkeit zählen steigende Mieten, Arbeitsplatzverlust, persönliche Schicksalsschläge und oft fehlende soziale Netze.
Ungleichheit: Einkommen und Vermögen
Die Einkommensverteilung in Deutschland zeigt deutliche Unterschiede. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen lag 2022 bei etwa 4.141 Euro (der Einfluss sehr hoher Einkommen verzerrt das Durchschnittseinkommen), während der Medianwert bei 2.987 Euro liegt, was die Schieflage verdeutlicht. Viele einkommensniedrige Haushalte kämpfen mit den steigenden Lebenshaltungskosten und haben kaum Rücklagen.
Noch drastischer ist die Vermögensungleichheit: Die reichsten 10 Prozent der Haushalte besitzen fast 60 Prozent des gesamten Vermögens, während die untere Hälfte der Bevölkerung nahezu keine Vermögenswerte hat. Diese Ungleichheiten verstärken soziale Spannungen und erschweren den Zugang zu sicherem Wohnraum.
Überschuldung als wachsendes Risiko
2023 waren rund 6,2 Millionen Menschen in Deutschland überschuldet. Überschuldung entsteht oft durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Trennung und wird durch hohe Wohnkosten verschärft. Besonders betroffen sind Haushalte mit Kindern und Alleinerziehende. Überschuldete Menschen stehen häufig vor der Gefahr, Fixkosten wie Miete nicht mehr zahlen zu können, was das Risiko von Wohnungslosigkeit erheblich erhöht.
Handlungsbedarf für die Politik
Der Sozialbericht zeigt klar: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Maßnahmen wie der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus, eine wirksamere Mietpreisbremse, der Schutz vor Zwangsräumungen und gezielte Unterstützungsprogramme für überschuldete Haushalte sind unerlässlich. Wohnen darf nicht als Ware gelten – es ist ein Grundrecht, das geschützt und gefördert werden muss.
lsw
Mehr Informationen gibt es im vollständigen Sozialbericht: Wohnen im Sozialbericht 2024.
17.12.2024