Die Rosa-Luxemburg-Stiftung legte am 18. Februar 2025 eine Studie des Sozialwissenschaftlers Andrej Holm vor. Anhand eines Samples von 25 Städten in Deutschland wird die Wirkung eines bundesweiten Mietendeckels skizziert. Das mitgelieferte Städteprofil für Berlin verdeutlicht die Notlage auf dem Berliner Wohnungsmarkt.
Die Studie zeigt deutlich, wie die Wohnungsmärkte aus den Fugen geraten sind. Die Situation belastet vielerorts nicht nur die Mietenden und Wohnungssuchenden enorm, auch die Städte selbst werden durch den hohen Druck steigender Mieten und steigender aus öffentlichen Kassen zu finanziertender Wohnkosten belastet. Die hohen Mieten schwächen die Kaufkraft und verhindern langfristige Planungssicherheit für Mietende und Wohnungswirtschaft.
Die Datenanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung liefert eine fundierte Grundlage für die sozial gerechte Ausgestaltung eines bundesweiten Mietendeckels. Laut der Studie kann dieses Instrument drastische Mietsteigerungen stoppen und den Wohnungsmarkt langfristig stabilisieren. Insbesondere der Berliner Wohnungsmarkt, für den die Autoren die Kategorie „Wohnungsnotlage“ festlegen, würde davon erheblich profitieren.
Indikatoren einer Wohnungsnotlage in Berlin
Wann eine Stadt oder ein Gebiet als Wohnungsnotlage gilt, definiert die RLS-Studie anhand drei zentraler Indikatoren:
- eine extreme Spreizung zwischen Bestands- und Angebotsmieten
- Niedrige Leerstandsquote als Zeichen hoher Nachfrage
- Starkes Bevölkerungswachstum
Traurige Spitzenreiter sind nach diesen Kriterien Berlin, Augsburg und Leipzig mit den größten Abständen zwischen den Bestands- und Wiedervermietungsmieten. Aber auch im Durchschnitt aller 25 untersuchten Städte lagen die Neuvertragsmieten 67 Prozent über den Bestandsmieten – in Berlin sind es 152 Prozent.
Für Mieter:innenhaushalte bedeutet das: Ein Umzug in Berlin ist kaum mehr bezahlbar, da neue Mietverträge drastisch teurer sind als bestehende, das bestätigte auch der aktuelle IBB Wohnungsmarktbericht 2024, der am 7. März 2025 veröffentlicht wurde. Folgerichtig stuft die Studie Berlin als Gebiet mit akuter Wohnungsnotlage ein.

Haupttreiber der Mietexplosion: Private versus gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen
Interessant ist der Blick darauf, welche Vermietergruppen den Mietendruck in Berlin vorantreiben. Die Studie zeigt deutlich, dass nicht die gemeinwohlorientierten Anbieter das Problem sind. Wohnungsgenossenschaften und landeseigene Wohnungsunternehmen bewirtschaften zusammen etwa ein Drittel des Berliner Wohnungsmarktes (ca. 34,7 %) und halten die Mieten vergleichsweise moderat. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise liegen meist im Bereich von 6 und 7 Euro und damit deutlich unter dem Stadtschnitt.
Der Mietpreisdruck geht vielmehr von privaten Eigentümer:innen und privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen aus, die knapp zwei Drittel des Marktes dominieren. Ihre Mieten liegen im Schnitt fast 2 Euro pro Quadratmeter höher als bei den gemeinwohlorientierten Vermietern. Mit anderen Worten: Große private Vermieter treiben die Mietpreise, während öffentliche und genossenschaftliche Anbieter noch dämpfend wirken. Dieses Ungleichgewicht erklärt, warum Maßnahmen vor allem bei den privaten Mietwohnungen ansetzen müssen, um Wirkung zu zeigen.
RLS-Studie empfiehlt bundesweiten Mietendeckel
Ein bundesweiter Mietendeckel, der sich künftig an den real gezahlten Bestandsmieten orientieren soll, hätte erhebliche Entlastungseffekte und würde je nach Gebietskategorie unterschiedlich wirken:
- In nicht-angespannten Wohnungsmärkten sollen Mieterhöhungen auf maximal 10 Prozent in drei Jahren begrenzt werden. Wiedervermietungsmieten dürften höchstens 10 Prozent über der Vergleichsmiete liegen. Dies allein würde die Angebotsmieten im Durchschnitt um bis zu 15 Prozent senken.
- In angespannten Wohnungsmärkten sollen Mieterhöhungen auf maximal 6 Prozent in drei Jahren begrenzt werden. Wiedervermietungsmieten dürften maximal 6 Prozent über der Vergleichsmiete liegen. Die Neuvertragsmieten könnten um durchschnittlich 26 Prozent sinken.
- In Gebieten mit Wohnungsnotlage sollen Mieterhöhungen ausgeschlossen werden. Wiedervermietungen müssen zur Referenzmiete erfolgen. Die Angebotsmieten könnten hier im Schnitt um bis zu 56 Prozent zurückgehen.
Konkrete Entlastung für Berlin durch einen Mietendeckel
Welche Auswirkungen hätte ein Mietendeckel konkret in Berlin? Die Studie liefert hierzu eindrucksvolle Zahlen. Neue Mietverträge dürften maximal die Referenzmiete verlangen, die in Berlin bei rund 7,67 Euro pro Quadratmeter liegt (entspricht dem aktuellen Durchschnitt der Bestandsmieten). Derzeit werden aber im Mittel 17,38 Euro pro Quadratmeter für Wiedervermietungen aufgerufen. Das bedeutet: Durchschnittliche Angebotsmieten könnten von circa 17 Euro auf 8 Euro halbiert werden. Für Wohnungssuchende wäre dies eine drastische Entlastung. Die derzeit exorbitanten Mieten würden auf ein bezahlbares Maß schrumpfen.
Auch Bestandsmieter:innen würden profitieren: Mit dem Mietendeckel würden weitere Mieterhöhungen ausgesetzt, bis die Wohnung die festgelegte Referenzmiete erreicht hat. In Berlin, wo viele Mieten schon über der künftigen Deckelgrenze liegen, wären also vorerst keine Mieterhöhungen mehr zulässig – ein wichtiger Puffer für Haushalte, die aktuell einen großen Teil ihres Einkommens für Miete aufwenden müssen.
Kampagne „Mietendeckel jetzt!“ unterstützen
Der Berliner Mieterverein hat sich bereits in der Vergangenheit für einen Mietendeckel stark gemacht. 2020 unterstützte der BMV den Berliner Landes-Mietendeckel und legte ein eigenes Konzept vor. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2021, das den Berliner Mietendeckel aus formalen Gründen (fehlende Länderzuständigkeit) aufhob, fordert der Mieterverein nun gemeinsam mit vielen weiteren Mieterorganisationen und Initiativen einen bundesweiten Mietendeckel. Die neue RLS-Studie untermauert diese Forderung eindrücklich. „Mit der Datenanalyse liegen nun nicht nur aktuelle Zahlen zu den drastischen Mietsteigerungen vor. Es wird auch deutlich, dass ein bundesweiter Mietendeckel sozial gerecht in allen Städten und Regionen wirken kann“, sagt Ulrike Hamann-Onnertz, Geschäftsführerin im BMV.
Während die Marktlogik die Mietpreise in absurde Höhen treibt, kann ein Mietendeckel, der sich an den real gezahlten Bestandsmieten orientiert, diese Preisspirale durchbrechen und dringend benötigte Entlastung schaffen.
Die Kampagne „Mietendeckel jetzt!“ fordert die politischen Parteien auf, die vorgelegten Ergebnisse ernst zu nehmen und einen bundesweiten Mietendeckel auf den Weg zu bringen. Dabei muss die Neuvermietungsdifferenz als zentrales Kriterium verankert und die Referenzmiete auf Basis der Bestandsmieten festgelegt werden. Nur so kann der Mietendeckel sozial gerecht wirken – auch in nicht-angespannten Märkten – und langfristig zur Stabilisierung des Wohnungsmarkts beitragen.
Mietendeckel als politische Kernforderung
Besonders während des Wahlkampfs hat sich die Kampagne „Mietendeckel jetzt!“ dafür eingesetzt, das Thema Mieten und Wohnen als zentrale gesellschaftliche Herausforderung im politischen Diskurs zu verankern. Über 70 Initiativen und Mietervereine aus dem gesamten Bundesgebiet unterstützen die Kampagne – darunter auch der BMV.
Es ist zu wünschen, dass ein langfristiges Mieten-Bündnis aus dieser Bewegung hervorgeht, um sich in den kommenden Jahren konsequent für die Rechte von Mieter:innen in ganz Deutschland einzusetzen. Denn es ist höchst fraglich, ob eine CDU-SPD-Koalition langfristige Mietpreisregulierungen tatsächlich vorantreiben wird. Das aktuell vorliegende Sondierungspapier sieht lediglich eine Verlängerung der lückenhaften Mietpreisbremse um zwei Jahre vor. Die gesellschaftliche Mobilisierung bleibt daher auch während der Koalitionsverhandlungen und darüber hinaus unerlässlich, um mehr politischen Druck aufzubauen und echte Veränderungen im Mietrecht zu erreichen.
fs
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13.03.2025