Wenn es mietrechtlich brenzlig wird, findet man bei den Rechtsberatern des Berliner Mieterverein (BMV) kompetente Unterstützung. Denn zu den Hauptleistungen des BMV gehören die individuelle Beratung, die Übernahme des juristischen Schriftverkehrs und die Absicherung im Klagefall durch die Rechtsschutzversicherung.
In der Hauptgeschäftsstelle in der Spichernstraße 1 arbeiten 16 spezialisierte Juristen im Dienste des Mietrechts. Weitere rund 140 Rechtsanwälte stehen für mündliche Beratungen in sieben Beratungszentren und vielen weiteren Beratungsstellen in der Stadt zur Verfügung. Die Zentren liegen sehr verkehrsgünstig, das jüngste wurde gerade im Wedding eröffnet: in bester Lauflage an der Seestraße neben dem Kino „Alhambra“. „Mit einer Beratungsstelle in einem Ladengeschäft kann man verstärkt jene ansprechen, die schon immer mit dem Gedanken gespielt haben, dem Berliner Mieterverein beizutreten“, so der stellvertretende BMV-Hauptgeschäftsführer Reiner Wild.
Nachfrage enorm
Statistisch gesehen steigen Mietprobleme offenbar rapide an: Im Jahr 2003 wuchs die Zahl der Ratsuchenden gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent auf insgesamt 70.000 – und erreichte damit einen neuen Rekord. Davon kamen allein 40.000 in die Rechtsberatung und 23.000 holten sich telefonisch Hilfe. Somit nutzte jedes zweite der 150000 Mitglieder das Angebot. Außerdem führt der BMV für einzelne Bezirksämter eine persönliche Mietrechtsberatung ohne Schriftverkehr durch (2003: rund 7000).
In allen Beratungsstellen wird man zunächst von einem „Betreuer“ empfangen – oftmals ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins. Die Betreuer gleich mit dem Mietproblem zu überschütten wäre allerdings falsch: Sie sind keine Juristen, sondern organisieren den Beratungsverlauf. Eine telefonische Terminvereinbarung in der Hauptgeschäftsstelle ist zwar nicht erforderlich, kann aber für Mieter mit engem Terminplan oder mit Kindern hilfreich sein.
Lässt sich eine Frage mutmaßlich in kurzer Zeit beantworten, genügt möglicherweise eine telefonische Beratung. Richtwert: Ein Telefonat sollte nicht länger als fünf Minuten dauern und der Anwalt darf nicht darauf angewiesen sein, den Mietvertrag oder andere Unterlagen einsehen zu müssen. Der Anrufer sollte sich in jedem Fall vorbereiten, das Problem kurz schildern und seine Mitgliedsnummer zur Hand haben. Die meisten Mieter haben alle zur Beratung notwendigen Unterlagen dabei. Das ist wichtig, weil ein Problem sinnvoll nur anhand der Korrespondenz und anderer Dokumente geprüft werden kann. Für das Gespräch werden benötigt:
- Mitgliedsnummer (Adressaufkleber auf dem MieterMagazin),
- Mietvertrag,
- letzte Mieterhöhung,
- letztes Schreiben des Vermieters,
- die gesamte das Problem betreffende Korrespondenz,
- gegebenenfalls vorhandene Urteile in eigener Sache.
In der Beratung heißt es dann: zielstrebig zur Sache und schnell auf den Punkt kommen. Nur dann, wenn der Jurist alle Fakten kennt, kann er präzise Rat erteilen. Vor dem Gespräch sollte man
- Unterlagen chronologisch sortieren
- Hauptfrage(n) notieren, um das Problem einzukreisen
- Zusatzinformationen, die aus den schriftlichen Unterlagen nicht hervorgehen, aber sachdienlich sind, aufschreiben.
Hilfe zur Selbsthilfe
Grundsätzlich gilt das Prinzip: Die Berater geben Hilfe zur Selbsthilfe. Das kann so weit führen, dass dem Mitglied schon während der Beratung ein Brief diktiert wird. Oft ist mit der richtigen Wortwahl und den rechtlichen Argumenten die Sache dann schon aus der Welt. Rund 80 Prozent aller Probleme werden durch dieses erste Gespräch gelöst. Für den Ratsuchenden ist dies mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten, weitere Kosten entstehen nicht. Natürlich kommt es auch vor, dass den Wünschen eines Mieters nicht entsprochen werden kann, weil dies rechtlich nicht möglich ist. Aber auch wenn das Beratungsergebnis enttäuscht, schützt es den Mieter vor Risiken.
Zahlreiche Probleme ergeben sich allerdings gar nicht aus Konflikten mit dem Vermieter. Häufig sind es vielmehr die lieben Nachbarn, die einander auf die Nerven gehen. Der BMV übernimmt in solchen Fällen keine Vertretung des einen Mieters gegen den anderen – immerhin zählen beide, selbst wenn sie einander spinnefeind sind, zu seinem Klientel, das es vor unberechtigten Forderungen des Vermieters zu schützen gilt. Gleichwohl gibt es Hilfe: Wenn die Streithähne einwilligen, vermittelt der BMV eine Schlichtung durch Mediation.
Die Juristen in den Beratungsstellen – durchweg zugelassene Anwälte – beraten teilweise schon seit mehr als 20 Jahren die BMV-Mitglieder. Wenn es mit mündlichem Rat aber nicht getan ist, sondern juristisch fundierten Schriftverkehr erfordert, den der Mieter nicht selbst leisten kann, erfolgt eine Überweisung der Angelegenheit an die BMV-Zentrale.
Dort wird geprüft, ob es bereits andere Mieter desselben Hauses gibt, die schon gegenüber dem Vermieter vertreten werden. Dann landet die neue Akte auf dem Tisch des Beraters, der damit vertraut ist, um mehrgleisige Bearbeitungen zu vermeiden.
Dieser Berater ist durch Vermerke des überweisenden Anwalts bereits über die Sache im Bilde und setzt sich mit dem Mitglied in Verbindung, um das weitere Vorgehen telefonisch zu besprechen und fehlende Unterlagen anzufordern. Wichtig: Nie Originale, sondern nur Kopien übersenden. In jedem Falle wird die Kopie des vollständigen Mietvertrages samt Anlagen benötigt. Eine Telefonnummer, unter der der Mieter auch tagsüber erreichbar ist, sollte angegeben werden. Ein weiterer persönlicher Termin ist nur selten nötig.
Erforderlichenfalls wird dann das erste Schreiben des BMV an den Vermieter formuliert, um dessen Forderung zurückzuweisen oder berechtigte Ansprüche des Mieters anzumelden. Der Mieter bekommt sowohl davon als auch von der Antwort des Vermieters eine Kopie. Reagiert ein verärgerter Vermieter direkt gegenüber dem Mieter, sollte dieser eine Kopie des Schreibens sofort an den Bearbeiter der Hauptgeschäftsstelle leiten. Die Mehrzahl der Fälle kann auf diesem Weg vorgerichtlich beigelegt werden.
Unterstützung außergerichtlich und prozessual
Manchmal gibt es aber nicht die eindeutige Antwort, die der Mieter erwartet und die das Problem schnell lösen könnte. Dann kann es nur darum gehen, die rechtlichen Folgen und Risiken des jeweiligen Verhaltens anhand der Rechtsprechung deutlich zu machen. Ob dann ein Prozess geführt wird, entscheidet letztlich das Mitglied selbst. Sichere Prognosen über den Ausgang eines Rechtsstreits sind auch bei scheinbar eindeutigen Rechtslagen nicht immer möglich.
Alle vorprozessualen Aufgaben bei Mietstreitigkeiten erledigen die Juristen des BMV. Wird die Sache „klagereif“ – muss der Mieter mit seinen Ansprüchen also vor Gericht oder auf eine Klage des Vermieters reagieren – so stehen die Vertragsanwälte, die auch in den Beratungsstellen tätig sind, zur Verfügung. Es kann auch jeder andere zugelassene Anwalt beauftragt werden, nur ist dessen mietrechtliche Spezialisierung dann möglicherweise fraglich. Für die mit dem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten steht – nach vorheriger Rücksprache und bei Aussicht auf Erfolg – die Rechtsschutzversicherung des Deutschen Mieterbundes ein. Voraussetzung: Das mietrechtliche Problem darf frühestens drei Monate nach dem Beitritt zum Berliner Mieterverein eingetreten sein. Bereits schwelende Streitfälle nachträglich durch einen Beitritt abzusichern, ist also nicht möglich (siehe Seite 32, „Rechtsschutz: Sicherheit vor hohen Kosten“).
Eine weitere Voraussetzung: Die vorgerichtliche Beratung durch den Berliner Mieterverein ist zwingend notwendig. Gehen Sie also mit Ihrem Mietproblem nicht zu einem beliebigen Anwalt, der dann in der Annahme prozessiert, die Kosten seien durch den BMV gedeckt. Und Achtung: Die telefonische Beratung gilt nicht als vorprozessuale Beratung.
Hat der beauftragte Anwalt die Prozessvertretung übernommen, ist der BMV weitestgehend außen vor. Wenn die Mitglieder von Vertragsanwälten vertreten werden, reichen diese dann zum guten Schluss mitunter noch das Urteil an die Hauptgeschäftsstelle, um die interne Datenbank zu vervollständigen.
Wenn es Probleme gibt …
Nicht alles klappt immer zufriedenstellend. Wer in die Beratung kommt, steht wegen seines mietrechtlichen Problems oft unter Stress. Kommunikationsprobleme sind dann leicht die Folge. Auch Anwälte sind Menschen und haben mitunter selbst Stress. Und dann kommen leider auch Beratungsfehler vor – auch wenn man meint, dergleichen dürfe nicht passieren. Manchmal werden Rechtsberater auch für eine enttäuschende Auskunft gerügt, obwohl die Rechtslage nichts anderes hergibt.
In jedem Falle gilt: Wer mit den Leistungen des Mietervereins unzufrieden ist, sollte sich an die Geschäftsführung wenden. „Jeder Beschwerde wird nachgegangen“, verspricht Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter, denn nur so könne man eine befriedigende Beratung gewährleisten und das Angebot auf hohem Niveau ausbauen. Allerdings sollte niemand erwarten, in wenigen Beratungsminuten komplett das Mietrecht zu verstehen.
Andreas Lohse
MieterMagazin 1+2/05
02.06.2018