Die Idee, Häuser aus großen vorgefertigten Bauteilen zusammenzusetzen, gab es schon lange, bevor die Industrialisierung die technischen Möglichkeiten dazu schuf. Die Massenproduktion von Wohnungen war eine Vision, die das Ende aller Wohnungsnöte versprach.
Der Historiker Robert Liebscher zeichnet mit seinem Buch „Wohnen für alle“ die Kulturgeschichte des Plattenbaus nach: von ersten Experimenten mit Stahlelementen über Versuchsbauten in den 20er Jahren bis zum Durchbruch des Plattenbaus in den 60er Jahren. In West und Ost wurde die Großtafelbauweise vor allem beim Aufbau von Großsiedlungen angewandt. Nach der Wende gerieten die extrem genormten DDR-Plattenbausiedlungen in eine Kritik, die oft über das Ziel hinausschoss. Eine ostalgische Verklärung der „Platte“ war die Gegenreaktion. In Deutschland spielt der Plattenbau nur noch in der Diskussion um Abriss und Rückbau eine Rolle. Dass dies in Osteuropa und Ostasien ganz anders ist, zeigt eine kleine Bildergalerie am Ende des Buches. Alles in allem gibt das Buch einen knappen Überblick über das Thema. Wer mehr erfahren will, muss jedoch weiterhin auf die bauhistorische und soziologische Fachliteratur zurückgreifen.
Jens Sethmann
MieterMagazin 1+2/10
Robert Liebscher: Wohnen für alle.
Eine Kulturgeschichte des Plattenbaus,
Vergangenheitsverlag, Berlin 2009,
175 Seiten, 12,90 Euro
03.06.2013