Die Eigentümer der GSW wollen die ehemals landeseigene Wohnungsbaugesellschaft an die Börse bringen. Bereits seit Oktober laufen die Vorbereitungen für den Börsengang, voraussichtlich im Frühjahr kann die Erstemission beginnen. Mit dem Zuhause von 130.000 Berliner Mietern wird dann an der Börse spekuliert.
Die Heuschrecken suchen den Ausstieg. Das Konsortium der US-Finanzinvestoren Cerberus und Whitehall, das 2004 die GSW vom Land Berlin gekauft hatte, bläst zum Rückzug. Die hohen Renditeerwartungen, die der Hedgefonds Cerberus/Whitehall in die GSW gesetzt hatte, dürften sich nicht erfüllt haben – so sehr man sich auch mühte, das Heuschrecken-Prinzip „einfallen, abgrasen, weiterziehen“ in die Tat umzusetzen. Bei der GSW wurden „bessere“ Wohnungsbestände verkauft, einige wenige Wohnanlagen zur Wertsteigerung saniert, alle Mieterhöhungsmöglichkeiten voll ausgenutzt und bei der Unterhaltung der übrigen Wohnungen radikal Kosten gedrückt.
Statt 65.000 Wohnungen hat die GSW fünf Jahre nach dem Verkauf nur noch 52000 eigene Wohnungen. Die Kauffreude von Einzelerwerbern haben die US-Investoren hingegen offensichtlich zu hoch eingeschätzt. Und auch die Wertsteigerung der Wohnungsbestände haben sie sich leichter vorgestellt. Dank des deutschen Mietrechts stieß der Aufwertungsdrang auf Grenzen. Auch der Versuch, aus eher schlichten Siedlungen wie dem Grazer Damm hochwertige Wohnanlagen zu machen, ist gescheitert.
Dennoch springt für die Investoren beim Ausstieg ein satter Gewinn heraus. Sie hatten die GSW für 405 Millionen Euro vom Senat ziemlich preiswert gekauft. Der Börsenwert der GSW wird heute auf 800 bis 900 Millionen Euro geschätzt. Die mitübernommenen Schulden von rund 1,5 Milliarden Euro wurden in den letzten Jahren durch Umfinanzierungen, Verkäufe und Einsparungen teilweise abgebaut. Die GSW erwirtschaftete 2007 einen Nettogewinn von knapp 73 Millionen Euro.
Mietverträge bleiben unberührt
Auch Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, die Deutsche Annington, strebt an die Börse. Berichten aus Insiderkreisen zufolge könnte sie im Frühjahr dem Beispiel der GSW folgen. Der britische Annington-Eigner „Terra Firma“ hegt schon seit Jahren Pläne für einen Börsengang. Der Börsenwert soll 3,8 Milliarden Euro betragen. Die Deutsche Annington besitzt und verwaltet bundesweit 217.000 Wohnungen, davon 13500 in Berlin.
Als Vorbild für die Deutsche Annington gilt die Gagfah, Deutschlands größtes börsennotiertes Wohnungsunternehmen. Wie die Gagfah bemüht sich die Annington zurzeit, ihren Wohnungsbestand kurz vor dem Börsengang auszuweiten. Erst im Dezember hat die Deutsche Annington das Unternehmen Prima GmbH mit 4500 Plattenbauwohnungen in Berlin-Lichtenberg gekauft. Nach ihrem Börsengang hat die Gagfah nach und nach immer mehr Wohnungen abgestoßen – die Verkaufserlöse schlagen in der Bilanz positiv zu Buche.
Auf die Mietverhältnisse hat der Börsengang eines Wohnungsunternehmens keine Auswirkungen. Mietverträge bleiben bei einem Wechsel der Eigentümerstruktur selbstverständlich bestehen. Für die Bewirtschaftung der Wohnungen kann ein Börsengang sehr wohl Folgen haben, die für Mieter von Nachteil sind. „Das Risiko, dass ein Unternehmen versucht, durch Einsparungen bei der Bewirtschaftung und Erhöhungen der Mieteinnahmen Gewinne und Aktienwerte zu erhöhen, ist groß“, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, „Alternativen zum Börsengang der GSW sollten geprüft werden.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 1+2/10
Die Finanzinvestoren blasen zum Rückzug und verkaufen ihre Wohnungsbestände an Aktionäre
Foto: Christian Muhrbeck
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Spekulation liegt im Trend
Bislang ist die Gagfah mit 170.000 eigenen und 20.000 verwalteten Wohnungen das größte börsennotierte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Der Hedgefonds Fortress hat die ehemals bundeseigene Gesellschaft im Oktober 2006 an die Börse gebracht. Die Nummer zwei ist die Deutsche Wohnen AG mit 51.000 Wohnungen, zu der unter anderem die Bestände der ehemals landeseigenen Berliner Gehag und der Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Berlin gehören. Die Börsenkurse beruhen zum großen Teil auf Spekulation und waren in den letzten Jahren sehr unstet. Nach einem Höhenflug 2006 sind Wohnimmobilien-Aktien zwei Jahre lang stark abgestürzt, bis sie sich 2009 auf bescheidenem Niveau gefangen haben.
js
03.06.2013