Berlin ist bei der Vergabe von Sozial- und anderen belegungsgebundenen Wohnungen weiterhin großzügig. Für einen Wohnberechtigungsschein (WBS) ist ein deutlich höheres Einkommen zulässig als anderswo. Geringverdiener haben dadurch bei der Wohnungssuche mehr Konkurrenz.
Für den Bezug einer belegungsgebundenen Wohnung können Berliner ein um 40 Prozent höheres Einkommen haben als in der bundeseinheitlichen Regelung vorgesehen. Der Senat verlängerte diese seit 2006 geltende und zunächst bis zum 31. März 2011 befristete Abweichung nun bis Ende 2013.
Nach dem Wohnraumförderungsgesetz des Bundes darf zum Beispiel ein Zweipersonenhaushalt bis zu 18.000 Euro im Jahr verdienen, um noch einen WBS zu erhalten. In Berlin kann er auch mit einem Einkommen von 25.200 Euro in den Genuss einer gebundenen Wohnung kommen.
Mit dieser Überschreitung der bundesgesetzlichen Einkommensgrenze will der Berliner Senat „Normalverdienern“ ermöglichen, eine belegungsgebundene Wohnung anzumieten. Ihnen soll der gesamte gebundene Wohnungsbestand weiterhin offen stehen, damit in den Gebieten des Sozialen Wohnungsbaus – vor allem in den Großsiedlungen – ein ausgewogenes Sozialgefüge und eine stabile Bewohnerstruktur entstehe, so die Begründung des Senats.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass dadurch weitaus mehr Menschen zum Bezug der belegungsgebundenen Wohnungen berechtigt sind und somit ein größerer Kreis um die Wohnungen konkurriert. In den gefragten Stadtteilen können Vermieter sich die Mieter aussuchen, und dabei bevorzugen sie meist Mietinteressenten mit einem besseren Einkommen. Die „echten“ Geringverdiener, für die der gebundene Wohnungsbestand eigentlich gedacht ist, ziehen dabei meist den Kürzeren.
Jens Sethmann
MieterMagazin 1+2/11
Sozialer Wohnungsbau: Mehr Berechtigte – mehr Konkurrenz
Foto: Christian Muhrbeck
27.02.2016