Mieter, die hohe Mietschulden aufweisen oder die einen Wohnungsschaden verursacht haben, befürchten häufig, dass der Vermieter sich an ihrem Eigentum schadlos halten kann. Schließlich gibt es das Vermieterpfandrecht. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Der Vermieter kann für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis nach Paragraph 562 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Pfandrecht geltend machen an der Einrichtung und an Gegenständen, die der Mieter in die Wohnung eingebracht hat. Dem können nicht nur Mietrückstände, sondern auch Schadensersatzansprüche zu Grunde liegen. Gelegentlich wird säumigen Mietern daher zusammen mit der fristlosen Kündigung vom Vermieter mitgeteilt, sie müssten ihr gesamtes Mobiliar in der Wohnung lassen. Andernfalls würden sie sich strafbar machen. Das gilt aber nur, wenn es sich tatsächlich um pfändbare Gegenstände handelt.
Was darf nicht gepfändet werden?
„Der Vermieter darf nicht einfach alles nehmen – vieles unterliegt dem Pfändungsschutz“, erklärt Frank Maciejewski, Rechtsexperte des Berliner Mietervereins. Insbesondere Gegenstände, die zu einer „bescheidenen Lebensführung“ oder zur Berufsausübung benötigt werden – etwa Waschmaschine, Computer oder die Stereoanlage, dürfen nicht vorenthalten werden. Ist ein hochwertiges Fernsehgerät vorhanden, muss als Ersatz ein einfacher Fernseher gestellt werden. Wertvoller Schmuck oder der Orientteppich können dagegen gepfändet werden – sofern sie alleiniges Eigentum des Mieters sind. „Bei den meisten zahlungsunfähigen Mietern ist kaum etwas zu holen, daher lohnt sich das für den Vermieter nicht“, so Maciejewski. Anders sei es bei Gewerbetreibenden, wo häufig teure Maschinen vorhanden sind.
Dass das Vermieterpfandrecht in der Praxis nur sehr selten angewandt wird, hat aber noch einen anderen Grund. Der Vermieter darf nicht einfach an der Tür klingeln und die Herausgabe von Hab und Gut verlangen, sondern muss sich zuerst bei Gericht einen sogenannten Titel holen, dann einen Gerichtsvollzieher beauftragen und schließlich die aus der Wohnung entnommenen Gegenstände versteigern lassen. All dies kostet Geld – der Gerichtsvollzieher verlangt einen Vorschuss – und dauert seine Zeit, was von Vermieterseite auch gern beklagt wird.
Räumungszwangsvollstreckung nach „Berliner Modell“
Lediglich bei der Räumungszwangsvollstreckung spielt das Vermieterpfandrecht eine immer größere Rolle. Hier gilt seit einigen Jahren ein vereinfachtes Verfahren: das „Berliner Modell“. Normalerweise bricht der Gerichtsvollzieher bei einer Zwangsräumung die Wohnung auf und nimmt den gesamten Hausrat in Verwahrung. Die Sachen dürfen aber nicht einfach entsorgt werden, sondern müssen eingelagert werden. Transport- und Lagerkosten summieren sich da leicht auf mehrere Tausend Euro. Deutlich günstiger wird es für den Vermieter beim Berliner Modell. Hier hat der Gerichtsvollzieher lediglich für die Herausgabe der Wohnung zu sorgen, der Vermieter kann sich wegen bestehender Forderungen auf sein Pfandrecht berufen und das Mobiliar verwerten.
Wie die Pfändung abwenden?
Wichtig: Der Mieter kann das Geltendmachen des Pfandrechts durch eine Sicherheitsleistung abwenden – durch die Hinterlegung eines Geldbetrags oder Wertstücks beim zuständigen Amtsgericht.
Am ehesten, so das Resümee des BMV-Rechtsexperten, spiele das Vermieterpfandrecht als „Bluff“ eine gewisse Rolle. Nicht selten benutzen Vermieter den Hinweis auf ihr Pfandrecht nämlich als Druckmittel, um dem Mieter Angst zu machen.
Ungeachtet dessen sollten Mieter natürlich ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen und nicht etwa warten, bis der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Auf jeden Fall sinnvoll ist der Weg in eine Schuldnerberatungsstelle.
Birgit Leiß
MieterMagazin 1+2/11
Aufgepasst: Manches Hab und Gut kann nicht gepfändet werden
Foto: Christian Muhrbeck
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Rat und Tat
Selbstjustiz ist untersagt
Selbst wenn seine Forderungen berechtigt sind, darf sich der Vermieter nicht einfach ohne richterlichen Beschluss Zugang zur Wohnung verschaffen und Teile der Einrichtung mitnehmen und zu Geld machen. Das hat der Bundesgerichtshof unlängst bestätigt (BGH vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09). Ohne Räumungstitel sei ein eigenmächtiges Vorgehen eine verbotene Selbsthilfe, mit der sich der Vermieter gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig macht. Selbsthilfe ist lediglich beim Vermieterpfandrecht (§ 562 b BGB) erlaubt, wenn der Mieter pfändbare Sachen aus der Wohnung wegschaffen will und ihn der Vermieter dabei auf frischer Tat ertappt. In diesem Fall darf der Vermieter ihn daran hindern.
bl
26.01.2020