„Bei uns wohnt sich’s gut“ ist das Motto der Berliner Baugenossenschaft (BBG). Allerdings haben einige Genossenschaftsmitglieder Probleme – mit dem guten Wohnen und mit ihrer Genossenschaft. Der Grund: Durch die bei der Modernisierung aufgebrachte Wärmedämmung treten vermehrt gefährliche Schimmelpilze auf.
Nach einer Hochrechnung der Universität Würzburg sterben jedes Jahr in Deutschland rund 2500 Menschen an den Folgen von Schimmelpilzinfektionen. Schimmelpilze können Asthma, Lungenemphyseme und Aspergillose hervorrufen, sie gelten mittlerweile sogar als mögliche Ursache von Krebserkrankungen. „Die hermetische Abdichtung des Wohnbereichs im Rahmen der Wärmedämmung hat zu einer deutlichen Zunahme des Schimmelpilzbefalls geführt“, bestätigt das Deutsche Ärzteblatt. Beim Berliner Mieterverein mehren sich die Beschwerden, viele Wohnungsbauunternehmen und -genossenschaften sind ratlos. Mehrere Mitglieder der Berliner Baugenossenschaft drängen seit zwei Jahren ihre Genossenschaft, etwas gegen den starken Schimmelpilzbefall zu tun.
Bei der Sanierung der BBG-Häuser in der Goerzallee im Jahre 2008 wurden die Decken der Keller an der Unterseite mit 4 bis 5 Zentimeter dicken Dämmplatten und feuchteundurchlässigen Sichtblenden versehen. Da keine vertikale Außenabdichtung der Kellerwände vorhanden ist und die horizontale nur noch eingeschränkt funktioniert, dringt Feuchtigkeit in die Keller ein und staut sich dort. Die Folge: starker Schimmelpilzbefall. Ein durch ein Genossenschaftsmitglied privat in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte, dass die Beseitigung der Ursache am Bauwerk selbst Grundvoraussetzung für jegliche Sanierungsmaßnahmen ist. Die Genossenschaft ging dagegen von einem rein nutzungsbedingten Schaden aus und wollte die Mitglieder verpflichten, die Schimmelpilze selbst zu beseitigen.
Das Amtsgericht Schöneberg hat auf Antrag der betroffenen Mitglieder ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es bestätigt, dass die Nässeschäden allein auf bauliche Ursachen zurückzuführen sind. „Die Mitglieder haben ein Recht auf die Beseitigung der Mängel – eine Mietminderung hilft ihnen längerfristig nicht“, so Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Thomas Frohne vom Vorstand sieht die Anbringung einer Abdichtung quasi als Modernisierungsmaßnahme, die aber nicht umlagefähig sei: „Man kauft einen fahrbereiten Oldtimer ja auch nicht mit der Technik von heute, sondern mit der des Baujahres.“ Was er allerdings übersieht: Wenn der Käufer seinen Oldtimer zur Nutzung vermietet, ist er für die Betriebssicherheit verantwortlich.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 1+2/12
Schimmelpilzsporen können sich vom Keller aus im ganzen Haus ausbreiten
Foto: privat
11.06.2018