Silvester ist ja erwiesenermaßen eine der gesellschaftlich akzeptierten Gelegenheiten, um mal in ausgelassener Gesellschaft so richtig tief ins Glas zu schauen. Günstigerweise bietet der Neujahrstag ausreichend Gelegenheit zum Ausschlafen des Rausches. Neben höllischen Kopfschmerzen und hässlichen Hinterlassenschaften auf öffentlichen Straßen und Plätzen kann das Erwachen am Tag nach Silvester jedoch auch für andere böse Überraschungen sorgen – proportional abhängig vom Grad der Entgleisung unter Alkoholeinfluss am Vorabend.
Henrike Hüllental* hatte ihre Vermieterin Paula Pochnich* definitiv auf dem falschen Fuß erwischt. Im Überschwang der Silvesternacht polterte sie im Morgengrauen gegen deren Tür, beschimpfte sie als „Schlampe“ und „Miststück“ und schleuderte die sorgsam gehüteten Topfpflanzen der Vermieterin die Treppe hinunter, wo die Töpfe zerschellten. Frau Pochnich sah das Vertrauensverhältnis zu ihrer Mieterin aufgrund der Beleidigungen ebenso nachhaltig zerrüttet wie den Hausfrieden und ihre hausgärtnerischen Bemühungen. Sie kündigte ihr fristlos. Frau Hüllental gab sich jedoch zerknirscht und zog sich mit dem Hinweis auf ihre temporäre Unzurechnungsfähigkeit nach Alkoholgenuss aus der Affäre. Wie hätten Sie entschieden?
Das Amtsgericht Köln erkannte in diesem Fall Gnade vor Recht. Es sah die Ausfälligkeiten der Mieterin als einmaligen Ausrutscher und die Kündigung damit als nicht wirksam an. Sollte sich ein ähnlicher Vorfall wiederholen, dürfte Frau Hüllental sich jedoch nicht mehr darauf berufen, dass ihr die Wirkung von Alkohol auf ihr Verhalten nicht bekannt war.
AG Köln vom 3. November 1998 – 210 C 148/98 –
Elke Koepping
* Name von der Redaktion geändert
MieterMagazin 1+2/14
Illustration: Julia Gandras
26.02.2014