Der Energie-Volksentscheid ist knapp am notwendigen Quorum gescheitert. Doch das ist für die Initiatoren noch lange kein Grund aufzugeben. Sie engagieren sich weiter für eine Energieversorgung in Bürgerhand.
Knapp 600.000 Stimmen sind für Stefan Taschner ein klares Mandat. Der Sprecher des Berliner Energietischs gibt sich ungebrochen kämpferisch: „An unseren Aufgaben und Zielen hat sich durch das knappe Scheitern des Volksentscheids nichts geändert, und wir werden weiter Druck auf den Senat ausüben.“ Die Ziele, das sind die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes und ein ökologisch und sozialverträglich ausgerichtetes Stadtwerk. Gerade mal rund 21.000 Stimmen fehlten den Initiatoren des Energie-Volksentscheids am 3. November 2013 zum Erfolg.
Zwar hätte das Abstimmungsergebnis so oder so keinen unmittelbaren Einfluss auf das Bieterverfahren um das Berliner Stromnetz gehabt – die Senatsverwaltung für Finanzen muss die neue Konzession in einem transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahren vergeben. Doch, so Taschner, das Ja so vieler Berliner zu den Zielen des Energietischs sei ein klares politisches Statement, das auch der Senat nicht einfach ignorieren könne. „Damit in Sachen Netz die richtigen Weichen gestellt werden und es nicht beim Mini-Stadtwerk des Senats bleibt, werden wir sowohl parlamentarische als auch außerparlamentarische Hebel nutzen“, betont er.
Außerparlamentarisch plant der Energietisch verschiedene öffentlichkeitswirksame Aktionen. Einen parlamentarischen Weg, so Taschner, biete zum Beispiel die Enquete-Kommission, die die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus aus Grünen-, Linken- und Piratenfraktion einrichten will. „Wir gehen davon aus, dass der Berliner Energietisch als Interessenvertreter dazu eingeladen wird“, erklärt Taschner. Die Enquete-Kommission soll sich im Sinne der Energiewende unter anderem mit den Zielsetzungen, Aufgaben und Geschäftsfeldern eines Berliner Stadtwerks befassen sowie mit Fragen, die im Zusammenhang mit der möglichen vollständigen oder teilweisen Rekommunalisierung der Energienetze stehen. Auch Möglichkeiten, die Bürger bei Stadtwerk und Netzgesellschaft zu beteiligen, soll die Kommission thematisieren.
Still und heimlich?
Rückendeckung bekommt der Energietisch auch von der Genossenschaft BürgerEnergie Berlin eG (BEB), die sich um eine Netzbeteiligung bewirbt. Sie hat zusammen mit der Umweltschutzorganisation BUND Berlin sowie den oppositionellen Abgeordnetenhausfraktionen Mitte Dezember einen Appell gestartet, der noch bis zum 14. März online unterschrieben werden kann. Der Volksentscheid sei ein klares Signal gewesen für die Energiewende und für echte Bürgerbeteiligung, heißt es darin. Doch anstatt die Bürger wenigstens an der Diskussion um die Vergabekriterien zu beteiligen, wolle der Senat still und heimlich alleine darüber entscheiden. Anfang dieses Jahres wird festgelegt, wie die Kriterien „sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltverträglich“ gewichtet werden. Das wiederum hat Einfluss auf die jeweiligen Chancen der Bewerber. Der Senat solle die Berliner nicht nur bei den Vergabekriterien mitreden lassen, fordern die Initiatoren des Appells. Er soll auch das Stromnetz weder ganz noch teilweise Vattenfall überlassen, die Bürger dauerhaft über das Netz mitentscheiden lassen und die Vertragsentwürfe über das Stromnetz veröffentlichen.
Wer das Berliner Stromnetz in den nächsten 20 Jahren betreiben wird, entscheidet sich Ende dieses Jahres. Bis dahin bleibt es mit Sicherheit spannend.
Kristina Simons
MieterMagazin 1+2/14
Energiewende und Bürgerbeteiligung stehen weiter auf der Tagesordnung – auch wenn der Volksentscheid knapp gescheitert ist
Foto: Peter Homann/
Gegendruck
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Mehr Geld fürs Stadtwerk
Der Senat hat sich inzwischen dafür entschieden, dass sein Stadtwerk doch nicht an die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), sondern als Tochtergesellschaft an die Berliner Wasserbetriebe (BWB) angegliedert sein soll. Die BWB erarbeiten deshalb derzeit einen Business-Plan, der unter anderem Ausrichtung, Aufgaben und Ziele der neuen Gesellschaft umreißen soll. Die rot-schwarze Berliner Regierungskoalition hat sich derweil auf eine finanzielle Aufstockung des Stadtwerks geeinigt: Im Doppelhaushalt 2014/2015 sind dafür nun jeweils 5,5 statt 1,5 Millionen Euro vorgesehen. Der Opposition reicht das allerdings nach wie vor nicht. So lasse sich bestenfalls ein Pseudo-Stadtwerk auf die Beine stellen, kritisieren Ramona Pop und Jochen Esser von Bündnis 90/Die Grünen und fordern 60 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre.
ks
Ein Bewerber weniger
Der chinesische Staatskonzern State Grid Corporation of China (SGCC) hat sich aus dem Bieterverfahren um das Berliner Stromnetz zurückgezogen. Um eine vollständige Netzübernahme bewerben sich nun neben der landeseigenen Berlin Energie noch die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin und das holländische Unternehmen Alliander. Die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin und der Stadtwerkeverbund Thüga streben eine Netzbeteiligung an.
ks
27.02.2014