Laut Trinkwasserverordnung dürfen sich seit dem 1. Dezember 2013 nur noch maximal 0,01 Milligramm Blei in 1 Liter Trinkwasser befinden. Dieser Grenzwert wird aber nur eingehalten, wenn im Wasserversorgungssystem keine Bleirohre mehr vorhanden sind. Vermieter müssen Mieter über noch vorhandene Bleileitungen informieren – per Schreiben oder durch Aushang – und die Rohre umgehend ersetzen lassen.
Bleileitungen wurden noch bis Anfang der 1970er-Jahre verbaut, seit 1973 sind sie verboten. Der Grund: Blei ist ein Nerven- und Blutgift. Bereits sehr geringe Mengen beeinträchtigen die Blutbildung und Intelligenzentwicklung, insbesondere bei Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern. Bei Erwachsenen kann sich Blei in den Knochen einlagern.
Seit 30 Jahren Überzeugungsarbeit
Fachleute schätzen, dass heute nur noch rund 3900 Gebäude in Berlin Hausanschlüsse beziehungsweise Leitungen in den Häusern aus Blei haben – vor zehn Jahren waren es noch rund 29.000. „Kein Vermieter oder Hausbesitzer kann behaupten, die von Blei ausgehende Gefahr nicht gekannt zu haben, von nichts zu wissen oder überrascht worden zu sein“, erklärt Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe (BWB).
Rund 285.000 Hausanschlussleitungen gibt es heute in der Stadt – sie liegen in der Regel in der Verantwortung der Wasserbetriebe und dürfen nur von ihnen ausgetauscht werden. Die Kosten, die dafür anfallen, tragen aber zum allergrößten Teil die Hauseigentümer. Stephan Natz: „Wir haben mindestens 30 Jahre lang argumentiert und mit Aktionspreisen gelockt, damit Hauseigentümer bleihaltige Hausanschlussleitungen austauschen lassen.“ Als dennoch viele nicht reagierten, sei man Wohngebiet für Wohngebiet, Straße für Straße durchgegangen, und habe schließlich sogar die Amtsärzte alarmiert. Heute sind nahezu alle Anschlussleitungen in vermieteten Häusern bleifrei. „Über die Hausinstallationen allerdings, die bis zu den Wasserhähnen führen, gibt es keine verlässlichen Daten.“
Wie erkennt man nun Bleileitungen? Sichtbare Leitungen aus Blei, zum Beispiel vor oder hinter dem Wasserzähler, lassen sich leicht mit einem Messer einritzen oder abschaben. Sie erscheinen silbergrau.
Mieter sollten aber immer zuerst ihren Vermieter befragen, ob noch Bleileitungen im Haus in Betrieb sind. Gibt der Vermieter keine zufriedenstellende Auskunft, kann eine Analyse des Trinkwassers in Auftrag gegeben werden. Schwangere und Eltern mit Kindern im ersten Lebensjahr können bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB) bei Vorlage des Mutterpasses oder der Geburtsurkunde kostenlos ihr Trinkwasser auf einen eventuellen Bleigehalt testen lassen. Sonst kostet die Überprüfung 18,47 Euro. Zertifizierte Untersuchungsstellen, die das Sanitär- und Heizungshandwerk vermittelt, bestimmen ebenfalls den Bleigehalt des Wassers. Die Kosten sind allerdings höher.
Ergibt die Analyse, dass der Grenzwert überschritten wird, liegt ein gesundheitsgefährdender Mangel der Mietsache vor, der zu einer Mietminderung von 5 bis 10 Prozent oder zur Einbehaltung eines Teils der Miete bis zur Beseitigung des Mangels berechtigt. Im Fall der Grenzwert-Überschreitung kann der Mieter auch die Kosten für die Wasseruntersuchung vom Vermieter zurückverlangen.
Betroffene Mieter sollten das Gesundheitsamt informieren und den Vermieter auffordern, die Bleirohre in einer bestimmten Frist auszutauschen. Das Gesundheitsamt kann den Vermieter verpflichten, innerhalb bestimmter Fristen die Ursache der Überschreitung zu beseitigen. Andernfalls werden Mahnbescheide verschickt und Bußgelder erhoben. Der Austausch der Bleirohre ist eine Instandsetzungsmaßnahme, die Kosten dürfen nicht auf die Mieter umgelegt werden.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 1+2/14
Bleirohre sind dadurch erkennbar, dass sich ihre Oberfläche leicht einritzen oder abschaben lässt
Foto: Nils Richter
Wasserproben, abgefüllt in eine saubere 0,5-Liter-Mineralwasserflasche, können im Labor der BWB in der Motardstraße 35 in 13629 Berlin nach vorheriger Anmeldung unter der kostenfreien Rufnummer 0800-2927587 zur Analyse abgegeben werden.
Weitere Informationen bei den BWB unter
www.bwb.de/content/
language1/html/blei.php
und der kostenlosen
Service-Nummer 0800-292 75 87
Rat und Tat
Andere Verursacher
Blei im Trinkwasser – das muss nicht unbedingt von den alten Rohren kommen. Auch andere Werkstoffe können das giftige Schwermetall abgeben: verzinkter Stahl oder Kupfer- und Messinglegierungen beispielsweise. Solche Stoffe können auch in Armaturen wie etwa Wasserhähnen enthalten sein. Grundsätzlich sollte Trinkwasser nicht mehr als vier Stunden in den Leitungen stehen. Wenn der Wasserhahn länger nicht benutzt wurde: das Wasser laufen lassen, bis es gleichbleibend kühl aus der Leitung kommt. Das abgelassene Wasser kann man zum Putzen oder Blumengießen verwenden.
rm
26.12.2018