Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Grundlinien für die zweite Stufe der Mietrechtsreform vorgelegt. Sein Arbeitspapier behandelt Fragen zum Mietspiegel, zu Mieterhöhungen nach Modernisierung, zur Wohnfläche und zur Kündigung – Punkte, die der Berliner Mieterverein (BMV) und der Deutsche Mieterbund (DMB) seit langem als verbesserungswürdig ansehen. Soll das Gesetzespaket noch in dieser Legislatur verabschiedet werden, ist Eile geboten.
„Wir sehen in den Vorschlägen für eine weitere Mietrechtsreform viele gute Ansätze“, erklärt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. „Die Lösungsansätze gehen aber nicht weit genug“, ergänzt DMB-Direktor Lukas Siebenkotten.
Der BMV begrüßt den Vorschlag, die Anforderungen für einen qualifizierten Mietspiegel präziser zu fassen. Grundlage für einen neuen Mietspiegel sollen dem Papier zufolge nicht mehr nur die neuen Mieten bei Vermietung und die Mieterhöhungen aus den vorangegangenen vier, sondern der vergangenen zehn Jahre sein. Damit wird der Mietspiegel auf einer breiteren Basis stehen und nicht nur die teureren Mieten der jüngsten Zeit abbilden. Es fehlt jedoch die Verpflichtung für Kommunen ab einer bestimmten Größe, einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen.
Die Kappung greift zu spät
Die Modernisierungsumlage soll von elf auf acht Prozent der Modernisierungskosten abgesenkt werden. Von einer zeitlichen Begrenzung dieses Mietzuschlags, wie er bisher im Koalitionsvertrag vereinbart war, wird abgesehen. Stattdessen soll die Miete nach einer Modernisierung um nicht mehr als 50 Prozent in acht Jahren, maximal um 4 Euro pro Quadratmeter, steigen. „Die zumutbaren Mietsteigerungen nach Modernisierungen sind weiterhin zu hoch“, kritisiert Wild. Die Absenkung der Umlage erlaubt immer noch enorme Mietsteigerungen bei teuren Modernisierungen, und die Kappung greift zu spät: Beispielsweise träte bei der gegenwärtigen Berliner Durchschnittsmiete von 5,84 Euro pro Quadratmeter nettokalt die Deckelung erst bei einer Mieterhöhung von mehr als 2,92 Euro pro Quadratmeter ein. Dieses Limit kann nur die allerschlimmsten Modernisierungsexzesse verhindern. „Wir setzen uns für eine Abschaffung der Prozentumlage ein“, so Wild. Stattdessen sollte ein Zuschlag innerhalb der Vergleichsmiete möglich werden, der sich an der Energieeffizienzsteigerung orientiert.
Die Grundlinien des Ministeriums sehen vor, dass Mieter künftig auch dann eine finanzielle Härte gegen eine Modernisierung einwenden können, wenn lediglich der allgemein übliche Ausstattungszustand hergestellt wird. Der Vorschlag wird vom BMV begrüßt. Die vorgesehene Festlegung, dass ein Härtefall erst vorliegt, wenn mehr als 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttokaltmiete aufgewandt werden müssen, ist allerdings eine zu hohe Hürde.
Beim Thema Wohnfläche hat sich das Justizministerium zu einer längst überfälligen gesetzlichen Klarstellung durchgerungen: Für Mieterhöhungen und die Betriebskostenumlage soll die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich sein – und nicht etwa eine von der Realität weit abweichende Quadratmeterzahl, die im Mietvertrag steht. In den letzten Jahren hat sich in der Rechtsprechung durchgesetzt, dass Mieter Flächenabweichungen von bis zu zehn Prozent hinnehmen müssen. Der BGH rückte bei Mieterhöhungen erst kürzlich zu Gunsten der tatsächlichen Wohnfläche von seiner bisherigen Rechtsprechung ab.
Positiv bewertet der BMV auch die vorgesehene Neuregelung, dass Mieter mit einer Nachzahlung von Mietrückständen auch ordentliche Kündigungen abwenden können. Damit wird der Vermieterstrategie der Boden entzogen, bei Zahlungsverzug nicht nur eine fristlose, sondern auch eine ordentliche Kündigung auszusprechen, um die Schonfristzahlung zu verhindern und die Wohnung zu räumen.
Jens Sethmann
Bremser innerhalb der Koalition
Nachdem die Bundesregierung im Frühjahr 2015 die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip für Maklerleistungen verabschiedet hat, steht nun Teil zwei der Mietrechtsreform an. Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD soll das Gesetz noch in dieser Legislatur, also bis Herbst 2017 beschlossen werden. Die Erfahrungen aus der Debatte um die Mietpreisbremse und erste Äußerungen der Unionsfraktion zum Maas-Vorschlag lassen befürchten, dass die Union auch diesmal versuchen wird, das Gesetz zu verwässern und das Verfahren zu verzögern. Der Justizminister muss also schnell einen Gesetzentwurf formulieren und ihn auch gegen Widerstände durchsetzen.
js
29.01.2016