Am 30. Juni 2024 endet das so genannte „Nebenkostenprivileg“, das es Vermieter:innen bisher ermöglichte, einen Sammel-Kabelvertrag für das ganze Haus über die Betriebskosten abzurechnen. Das bedeutet auch, dass es zur Nutzung von Kabel-TV nach diesem Zeitpunkt eines eigenständigen Einzelvertrags für alle Mieterinnen und Mieter des Hauses bedarf.
Anfang der 1980er Jahre wurde das Kabelfernsehen flächendeckend in Deutschland eingeführt – eine kleine Revolution, denn nun konnten alle Fernsehenden anstatt drei bis fünf bis zu 30 analoge TV-Programme empfangen. Um das Interesse der Bevölkerung an der neuen Technik anzukurbeln, wurde im gleichen Jahrzehnt das so genannte „Nebenkostenprivileg“ eingeführt: Vermieter:innen konnten ab diesem Zeitpunkt einen Sammelvertrag für ihr ganzes Haus mit einem Kabelnetzbetreiber abschließen und die Kosten über die Betriebskostenabrechnung umlegen. Die Besonderheit: Auch, wenn Mietende den Anschluss nicht nutzten, waren sie zur Zahlung verpflichtet.
Daran gab es immer wieder Kritik, besonders von Verbraucherschutzverbänden – denn die Wahlfreiheit, wie man Fernsehen empfangen möchte, wird dadurch erheblich eingeschränkt oder verteuert. Inzwischen hatte das Kabel nämlich Konkurrenz von Internet-Streaming und Co. bekommen (siehe unten). Doch wer Fernsehen auf anderem Wege als über Kabel beziehen wollte, zahlte bislang doppelt. Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TK) ändert sich dies nun. Die Neuregelung gilt schon seit 1. Dezember 2021, es gibt jedoch eine Übergangsfrist, die am 30. Juni 2024 endet.
Wer sich nicht sicher ist, ob er bislang für einen Kabelanschluss bezahlt, kann dies über die Nebenkosten- bzw. Betriebskostenabrechnung herausfinden. Wenn dort ein „Breitbandkabelanschluss“ oder „TV-Kabel-Anschluss“ genannt wird, existiert ein Sammelvertrag. Vermieter:innen sind in der Pflicht, die Sammelverträge zu kündigen – jedenfalls dürfen sie ab 1. Juli 2024 die Kosten nicht mehr umlegen.
Häufig keine Wahlmöglichkeit
Nicht wenige Vermieter:innen haben die Verträge aber bereits zum Jahresende 2023 auslaufen lassen. Ob nun zum Ende des vergangenen Jahres oder zum nächsten Sommer: Wer weiterhin einen Kabelanschluss nutzen möchte, muss sich um einen individuellen Vertrag kümmern. Wichtig zu wissen: Eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Kabelanbietern ist meist nicht gegeben, denn Anbieter beliefern in der Regel Gebiete exklusiv.
Da es im Interesse der Anbieter ist, all denjenigen, die bisher den Kabelanschluss im Rahmen des Vermieter-Sammelvertrags genutzt haben, nunmehr einen bequemen Übergang in den Einzelvertrag zu schaffen, bieten sie häufig eine sogenannte Versorgungsvereinbarung an, über die Mieter:innen ihren künftig eigenen Anschluss mit dem alten Kabelanbieter fortsetzen. Die Konditionen sind gelegentlich sogar etwas günstiger – vor allem aber muss auch keine neue Technik eines anderen Anbieters installiert werden.
Wer keinen Einzelvertrag möchte, dessen Kabelanschluss wird durch den bisherigen Anbieter gesperrt. Wie das genau erfolgt, hängt von der Kabelstruktur im Haus ab: Bei einem sogenannten „Sternnetz“ kann der einzelne Kabelanschluss zentral vom Keller aus gesperrt werden, bei der älteren „Baumstruktur“ wird in der Wohnung eine entsprechende Sperrdose gesetzt. Falls Internet und/oder Telefon auch weiterhin über den Kabelanschluss bezogen werden sollen, installiert der Anbieter eine so genannte Filterdose, die dies ermöglicht. Wichtig: Verplombte Anschlüsse dürfen nicht geöffnet und genutzt werden, sonst macht man sich gemäß § 265a StGB (Erschleichung von Leistungen) strafbar.
Bei Bürgergeld-Empfänger:innen werden die Kosten für den Kabelanschluss bisher immer dann übernommen, wenn sie im Rahmen des Sammelvertrags über die Nebenkosten für alle Bürgergeld-Bezieher:innen abgerechnet wurden. Gab es keinen Sammelvertrag, musste man selbst für die Kosten aufkommen. Mit dem Ende der Sammelverträge werden die Gebühren für Kabel-TV ab Juli 2024 von allen Empfänger:innen von Bürgergeld erhoben. Der Verbraucherschutz erachtet es als positiv, dass künftig Gleichbehandlung herrscht.
Vodafone, Telekom, PYUR und Co. sind nicht erfreut über die gesetzliche Änderung, denn mit dem Ende der Sammelverträge bricht ihnen eine jahrzehntelange, sichere Einnahmequelle weg. Um die Gesetzesnovelle zu verhindern, haben einige Anbieter seinerzeit Horrorszenarien bezüglich der künftigen Kosten von Einzelverträgen heraufbeschworen.
Expert:innen rechnen zwar damit, dass die Einzelverträge zunächst auch etwas teurer sein können als der bisherige Sammelanschluss. Die Verbraucherzentrale schreibt: „Erste Erfahrungen zeigen, dass bei gekündigten Mehrnutzerverträgen der Preis für den entsprechenden Einzelnutzervertrag bei circa 8 bis 10 Euro pro Monat liegt – also 2 bis 3 Euro mehr, als man zuvor bezahlt hat.“ Gleichzeitig wird aber auch der Wettbewerb angekurbelt: Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Anbieter günstige Preise aufrufen. In anderen Bereichen, etwa bei Strom, Gas oder Mobilfunk, haben Verbraucher:innen bereits freie Anbieterwahl und profitieren vom Wettbewerb. Als Beispiel führt die Verbraucherzentrale die Öffnung des Telefonmarktes vor 22 Jahren an, in deren Folge die Kosten für Telefonate stark gesunken sind.
Katharina Buri
Alternativen zum Kabelfernsehen
Fernsehen über Kabel gilt als unkompliziert. Doch es gibt gute Alternativen:
Mit einer einfachen Zimmerantenne lassen sich in vielen Teilen Deutschlands, darunter auch Berlin, über DVB-T2 HD etwa 40 öffentlich-rechtliche und private Sender empfangen.
Das TV-Streaming setzt einen Breitband-Internetanschluss voraus. Statt eines Fernsehgeräts kann auch ein Tablet oder Smartphone genutzt werden. Diese Lösung ist besonders flexibel, denn es kann auch zeitversetzt oder mobil ferngesehen werden.
Die größte Senderauswahl bietet das Satellitenfernsehen und ist nach der initialen Installation auch kostenfrei. Allerdings wird dafür eine Parabolantenne („Satellitenschüssel“) benötigt – eine solche anzubringen, ist in Mietshäusern aber nur mit der Genehmigung des Eigentümers erlaubt.
kb
Wenn der Medienberater zweimal klingelt
Die Verbraucherzentrale warnt vor der aggressiven Masche einiger Kabelanbieter: Auf Provisionsbasis tätige sogenannte Medienberater:innen drohen Mieter:innen an der Wohnungstür damit, den Kabelanschluss abzuschalten, wenn nicht unmittelbar ein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Als Druckmittel wird mitunter auch eine vermeintliche Schwarznutzung ins Feld geführt.
Wichtig in solch einer Situation: Niemanden in die Wohnung lassen – auch nicht zur „Überprüfung“ des Kabelanschlusses. Sich nicht überrumpeln lassen, den Dienstausweis zeigen lassen und Namen notieren. In hartnäckigen Fällen kann ein Hausverbot ausgesprochen, bei unerlaubtem Betreten der Wohnung auch Anzeige bei der Polizei erstattet werden.
Unerwünschter Werbung per Telefon und Post immer widersprechen. Bei Anrufen niemals „ja“ sagen und im Zweifel einfach auflegen. Wer trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine Auftragsbestätigung für einen unerwünschten Vertrag erhält, kann diesen widerrufen beziehungsweise zwecks Unterstützung die Verbraucherzentrale (siehe Randspalte) kontaktieren.
kb
www.verbraucherzentrale-berlin.de/beratungsstellen/berlin
31.01.2024