Es ist das soziale Auffangnetz für jene, die am Wohnungsmarkt chancenlos sind: die Wohnungen des „Geschützten Marktsegments“. Im Rahmen einer zwischen Wohnungsbaugesellschaften und Senat ausgehandelten Regelung stellen die Unternehmen alljährlich ein bestimmtes Kontingent an Wohnungen zu Verfügung. Die Landeseigenen kommen ihrer Verpflichtung im Großen und Ganzen nach. Das Kontingent beläuft sich derzeit auf fast 1400 Wohnungen.
Seit über 30 Jahren gibt es in Berlin das Geschützte Marktsegment (GM) für die am Wohnungsmarkt Chancenlosen: Menschen, die in Notunterkünften leben, die gerade ihre Haft abgesessen oder eine Zeit in betreuenden Einrichtungen verbracht haben. Ohne GM würde vielen von ihnen die dauerhafte Wohnungslosigkeit drohen.
Um das zu verhindern, hat der Senat Vereinbarungen mit Wohnungsunternehmen auf der Basis eines Muster-Kooperationsvertrages geschlossen. Der legt ein Kontingent fest, das in den letzten Jahren immer wieder leicht angehoben wurde. Derzeit beträgt es 1377 Wohnungen – die überwiegende Anzahl für Einpersonenhaushalte. Erfüllt wurde diese Quote laut Statistik des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) in den zurückliegenden fünf Jahren zu circa 87 Prozent. Dabei haben sich Berliner Regierungen schon länger höhere Ziele gesetzt: 2500 Wohnungen wollte bereits die letzte Koalition für Menschen in Not bereitgestellt sehen. „Um Wohnungslosigkeit zu verhindern, ist das Geschützte Marktsegment das einzige soziale Auffangnetz“, erklärt auch BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz.
Mit über 1.123 bereitgestellten Wohnungen tragen die sechs Landeseigenen Wohnungsbauunternehmen die Hauptlast des GM. In der Pflicht steht allerdings auch die Deutsche Wohnen (DW). Mit der Übernahme der GSW-Immobilien 2013 hatte sich die DW vertraglich verpflichtet, jährlich 230 Wohnungen bereitzustellen. Erfüllt hat sie diese Verpflichtung nie. Das bestätigte auch das Berliner Abgeordnetenhaus im Januar 2023 auf eine Anfrage des Linken-Politikers Niklas Schenker. 2022 bot die DW (jetzt Teil von Vonovia) gerade einmal 57 Wohnungen im Rahmen des Geschützten Marktsegments an.
Auf eine Anfrage der Redaktion nach den Gründen, antwortete Christoph Metzner, Pressesprecher der DW: Mehr könne das Unternehmen nicht zur Verfügung stellen: „Die Gründe hierfür sind die geringe Fluktuation auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt und die Tatsache, dass die uns zur Verfügung stehenden freien Wohnungen für das GM nicht geeignet sind.“ Konsequenzen muss das börsennotierte Unternehmen nicht fürchten, denn der Kooperationsvertrag enthält keine Regelungen zu Sanktionen bei Nichterfüllung der Quote.
BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz hält es für nicht hinnehmbar, dass ein privater Wohnungskonzern an seine Aktionäre hohe Gewinne ausschüttet, aber seine übernommenen sozialen Verpflichtungen nicht einhält.
„Aber selbst wenn der Senat jetzt den Neubau im GM fördert, wird es lange dauern und viel Geld kosten, bis die von der Deutschen Wohnen schuldig gebliebenen Wohnungen nachgebaut sind“, sagt die BMV-Geschäftsführerin. Bevor weitere Fördergelder an das private Wohnungsbauunternehmen ausgegeben werden, müsse der Senat erst einmal auf die Erfüllung der Verpflichtung bestehen.
Um Wohnraum für Menschen zu schaffen, die von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bedroht sind, können seit Ende letzten Jahres Zuschüsse von 300 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gewährt werden. Diese Förderung, die es zusätzlich zur bestehenden Wohnungsbauförderung gibt, muss nicht zurückgezahlt werden.
Rosemarie Mieder
31.01.2024